Titel: | Ueber die Zusammensetzung des Rauches. |
Autor: | Peter Lochtin |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 163 |
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Ueber die Zusammensetzung des
Rauches.
Von Peter Lochtin, techn. Chemiker.
Ueber die Zusammensetzung des Rauches.
Die Zusammensetzung des Rauches, ungeachtet der praktischen Wichtigkeit der Frage
über dessen Verhütung oder Verzehrung, ist bis jetzt sehr ungenügend untersucht. Wie
bekannt, wird der gasförmige Theil des Rauches zur Controle der Feuerung sehr oft
analysirt; es fehlen aber fast gänzlich die Analysen der festen (oder flüssigen)
Theile des Rauches, gerade jener Theile, die dem Rauche seine Benennung geben und
die ihn so lästig im öffentlichen Leben der grossen Städte erscheinen lassen.
Indessen ist die Untersuchung dieser Theile aus leicht begreiflichen Gründen sehr
wünschenswerth, und es scheint sogar nicht unwahrscheinlich, dass man deswegen bis
jetzt so wenig Erfolg im Bekämpfen des Rauches erzielt hat, weil man die Natur der
rauchbildenden Producte der Verbrennung nicht kannte.
Die jetzt herrschende Ansicht über die Zusammensetzung des Rauches lässt sich
folgendermassen wiedergeben:
„Bei Brennstoffen, welche, wie Steinkohle, Torf, Braunkohle, Holz u.s.w., durch
einen verhältnissmässig hohen Wasserstoffgehalt sich auszeichnen, sind es
hauptsächlich die durch die Hitze entstandenen und ausgetriebenen, Kohlenstoff
und Wasserstoff enthaltenden flüchtigen Zersetzungsproducte, welche der
Verbrennung entgehen, entweder theilweise, so dass kohlenstoff- und
wasserstoffarme feste Kohlenwasserstoffe unverbrannt ausgeschieden werden, oder
vollständig. Es mischen sich dann der Kohlensäure, dem Stickstoff und dem
unverbrannten Sauerstoff nicht bloss Kohlenoxyd, sondern auch eine Menge
brenzlicher, aus Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff, z. Th. auch Stickstoff
bestehenden Verbindungen als Gase, mehr noch als Dämpfe, nebst dem
ausgeschiedenen feinvertheilten Kohlenstoff oder Russ bei und bilden ein sichtbares hellgrau, graugelb bis tief
dunkelgrau gefärbtes Gemenge, den Rauch.“ (F. Kick und W. Gintl, Techn.
Wörterbuch, Bd. 7 S. 273.)
„Fehlt (bei der Verbrennung) Sauerstoff, so scheidet sich mehr oder weniger reiner
Kohlenstoff als Russ ab; ist die Hitze nicht hoch genug, so entweicht ein Theil
der Theerdämpfe unverändert oder nur theilweise verbrannt, gemischt mit mehr
oder weniger Russ. Rauch besteht demnach aus mehr oder weniger veränderten
Theernebeln, gemischt mit Russ, sehr selten aus Russ allein.“ (F. Fischer, Ueber Rauch, dessen Bildung, Verhütung und
Beseitigung, Zeitschr. f. ang. Ch., 1889 S. 215.)
Diese Ansicht über das Wesen des Rauches ist, so viel mir bekannt, nicht aus
genauen Untersuchungen der Rauchbestandtheile abgeleitet und entspricht der wahren
Zusammensetzung des Rauches schon deswegen nicht, weil sie die Flugasche, die wohl
in keinem Rauche fehlt, die Schwefelsäure (aus Steinkohle) und den Wasserdampf nicht
berücksichtigt. Doch gründet sich auf diese Ansicht die fast allgemeine
Ueberzeugung, dass man die Rauchbildung auf dem Wege der sogen. vollständigen
Verbrennung beseitigen kann. Da aber die Zusammensetzung des Rauches genau nicht
bekannt ist, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass man durch Verbrennung
Producte entfernen will, die gar nicht verbrennen können.
Aus diesen Gründen schien es mir lohnend, die festen Bestandtheile des Rauches näher
zu untersuchen. Dazu nahm ich den Russ, der sich bei dem Eingange in den Schornstein
absetzt. Die Dampfkesselfeuerungen, aus welchen die untersuchten Russproben genommen
waren, sind ziemlich gut geleitet und haben die sogen. (etwa 10 m langen)
Lufteconomiser; die Temperatur der Rauchgase auf den Stellen, wo die Russproben
genommen waren, ist jedenfalls so niedrig, dass hier keine Verbrennung mehr
stattfinden kann.
Es ist möglich, dass die oben aus dem Schornsteine
entweichenden Russtheile etwas anders zusammengesetzt sind als jene, die sich unten
absetzen; principieller Natur sind diese Unterschiede jedoch jedenfalls nicht.
Dieser Schluss wird durch die Bestimmung der absoluten Menge der festen Rauchtheile,
wovon ein Beispiel weiter unten mitgetheilt wird, vollkommen bestätigt.
Die Russproben waren nach zwei- bis dreimonatlicher Feuerungsdauer genommen und in
ziemlich bedeutender Quantität, so dass sie als wirkliche mittlere Proben der
Niederschläge beim Eingange in den Schornstein angesehen werden können. Alle Proben
erscheinen als vollkommen einheitliche Producte.
Im Folgenden werde ich die Russproben einzeln beschreiben.
1) Holzfeuerung. Der Russ stellt ein äusserst leichtes
und zartes Pulver von matter tiefschwarzer Farbe und stark alkalischer Reaction dar.
Seine Zusammensetzung in lufttrockenem Zustande ist die folgende:
Wasser
1,20
In Wasser (28,75) und HCl lösliche Substanzen
65,35
Verkohlte Substanzen
28,35
Unlösliche Asche
5,10
––––––
100,00
Zusammensetzung des löslichen Theiles (65,35):
SiO2
1,50
SO3
11,00
P2O5
2,88
CHN
0,50
CaO
20,90
MgO
3,15
Al2O3
1,59
FeO
0,54
K2O
15,80
Na2O
1,12
CO2, H2S, lösliche
organische Substanzen
6,37
Es ist beachtenswerth, dass dieser Russ, wie auch alle anderen, die untersucht
wurden, keine brennbaren Destillationsproducte beim Glühen abgibt. Auch ist derselbe
äusserst schwer verbrennlich. Ich habe 1 g davon drei Stunden lang unter Luftzutritt
im Platintiegel stark geglüht, ohne die vollständige Verbrennung zu erzielen. Der
zurückgebliebene Rest wog nur 0,61 g und war noch von schwarzer Farbe. Aus 0,6408 g
Asche haben sich also wieder etwa 0,04 g verflüchtigt.
2) Torffeuerung. Der Russ stellt ein zartes
dunkelbraunes Pulver dar mit stark alkalischer Reaction.
Wasser
2,82
In Wasser (13,51) und HCl lös- liche
Substanzen
26,39
Verkohlte Substanzen
44,38
Unlösliche Asche
26,41
––––––
100,00
Zusammensetzung des löslichen Theiles (26,39):
SiO2
2,10
SO3
4,46
P2O5
1,38
CaO
5,17
MgO
0,77
Al2O3 und FeO
4,66
K2O (Na2O Spur)
2,52
H2S, CO2, organ. Substanzen
5,33
0,5 g dieses Russes erforderten beim Glühen im Platintiegel zum vollständigen
Verbrennen 10 Minuten. Dabei hat sich wieder ein Theil der Asche verflüchtigt. Statt
47,47 Proc. Asche sind nur 43,2 Proc. zurückgeblieben.
3) Die Feuerung mit Ricinus-Pressungen. Der Russ ist ein
tiefschwarzes zartes Pulver von stark alkalischer Reaction.
Wasser
1,73
In Wasser (51,11) und HCl lös- liche
Substanzen
65,87
Verkohlte Substanzen
11,90
Unlösliche Asche
20,50
––––––
100,00
Zusammensetzung des löslichen Theiles (65,87):
SiO2
7,32
P2O3
1,94
SO3
16,80
HCN
2,09
HCl
0,71
CaO und MgO
3,03
Al2O3 und FeO
4,05
K2O
27,05
H2S, CO2, organ. Substanzen
2,88
Dieser Russ ist äusserst schwer verbrennlich. Die Kuchen selbst enthalten 6,5 Proc.
Asche, darunter 0,95 Proc. P2O5 und 0,67 Proc. K2O. Die Asche (oder besser gesagt, die Schlacke, da sie leicht schmilzt) aus
dem Aschenfalle enthält 21,4 Proc. P2O5 und 13,14 Proc. K2O. Der Russ enthält auf 27 Proc. K2O nur 1,94
Proc. P2O5. Die
Flüchtigkeit des Kalis und die entgegengesetzte Eigenschaft der P2O5 demonstriren
sich in diesen Zahlen sehr deutlich.
4) Naphtarückständefeuerung. Der Russ stellt ein
leichtes, zartes, tiefschwarzes Pulver mit stark sauerer Reaction dar.
Wasser
1,55
In Wasser (19,45) und HCl lös- liche
Substanzen
26,05
Unlösliche Asche
11,15
Verkohlte Substanzen
61,25
––––––
100,00
Zusammensetzung des löslichen Theiles (26,05):
SiO2
1,05
SO3
10,33
P2O5
Spur
Al2O3 und FeO
4,15
CaO
5,10
MgO
1,08
K2O
4,18
Na2O
Spur
Dieser Russ ist ebenfalls schwer verbrennlich. 0,5 g davon erforderten zum
vollständigen Verbrennen ein 20 Minuten langes Glühen. Dabei ist der Aschengehalt
von 37,20 Proc. auf 31,20 Proc. gesunken. Es ist wahrscheinlich (ebenso wie bei
jedem anderen untersuchten Russe), dass der sich verflüchtigende Theil der Asche
wieder zusammen mit verkohlten Substanzen entwichen ist.
Von der Naphtarückständefeuerung war aus dem Rauchkanale noch eine Probe Flugasche
genommen. Sie stellt ein zartes Pulver von heller graubrauner Farbe und von stark
sauerer Reaction dar.
Wasser
5,45
In Wasser (74,05) und HCl lös- liche
Substanzen
83,35
Verkohlte Substanzen
2,30
Unlösliche Asche
8,90
––––––
100,00
Zusammensetzung des löslichen Theiles (83,35):
SiO2
0,85
SO3
38,05
P2O5
2,16
CaO
9,75
MgO
1,98
Al2O3
4,48
FeO
1,62
K2O
18,08
Na2O
5,87
Lösliche organ. Substanzen
0,51
Diese Flugasche, ebenso wie der Russ von der Naphtafeuerung, enthält kein Chlor.
Dieser Umstand und besonders der hohe Kaligehalt sprechen gegen die Annahme, dass
die angeführten Aschenbestandtheile aus Salzwasser (welches in Naphtarückständen
fast immer vorhanden ist) oder aus dem KesselspeisewasserDie
Naphtarückstände werden in der Feuerung bekanntlich durch Dampf
zerstäubt. herrühren können.
Demgemäss enthält die Naphta Kali, Phosphorsäure und überhaupt alle
Aschenbestandtheile der Pflanzen. Bis jetzt wurden in der Erdölasche nur Schwefel,
Eisenoxyd, Kalk und unlöslicher Rückstand gefunden (Hans
Höfer, Das Erdöl, 1888 S. 42). Dies ist leicht erklärlich, da bei der
Aschenbestimmung durch Verbrennung, wie sie gewöhnlich ausgeführt wird, ein Theil
der Asche mit den Verbrennungsproducten sich verflüchtigt.
Bestätigt sich auch bei der directen Bestimmung die Anwesenheit der oben angeführten
Aschenbestandtheile im Erdöl, so würde dies nicht für eine Entstehung der Naphta aus
thierischen Fetten sprechen.
Die angeführten Untersuchungen zeigen die Anwesenheit eines Russes, welcher mit sehr
viel (35 bis 85 Proc.) mehr oder weniger leichtflüssigen Aschenbestandtheilen innig
verbunden (verschmolzen) ist, in den Verbrennungsproducten der vier verschiedenen
zur Verwendung gelangten Brennstoffe. Ein solcher Russ ist sehr schwer verbrennlich,
womit seine Anwesenheit in dem Rauche besser erklärt wird als durch die
Unvollständigkeit der Verbrennung in dem Feuerungsraume. Bei allen anderen günstigen
Bedingungen – Sauerstoffanwesenheit, hohe Temperatur – kann dieser Russ deswegen
nicht verbrennen, weil die Zeit des Durchganges durch den Verbrennungsraum für die
Verbrennung zu kurz ist. Wäre er aber auch verbrannt, so hätte dies nur eine
Aenderung der Farbe des Rauches zur Folge, da anstatt des Russes die Flugasche in
dem Rauche erscheinen würde.
Demgemäss ist die Ursache der Rauchbildung bei gut
geleiteten Feuerungen in der Flüchtigkeit insbesondere der leicht schmelzbaren
Aschenbestandtheile, die mit den Destillationsproducten des Brennstoffes entweichen,
zu suchen. Die letzteren verbrennen unterwegs nur unvollständig, weil die
Aschenbestandtheile wahrscheinlich eine geschmolzene Hülle um die verkohlte Substanz
bilden. – Es ist übrigens auch wahrscheinlich, dass die Aschenbestandtheile nicht
nur durch die Hitze verflüchtigt, sondern, und vielleicht noch in vermehrtem Masse,
dass sie durch die Destillationsproducte und den Wasserdampf mitgerissen werden.
Natürlich kann die angeführte Thatsache nicht das Erscheinen jedes Rauches erklären. Bei schlecht geleiteten Feuerungen wird der Russ
mehr brennbare Stoffe enthalten, als in den mitgetheilten Analysen gefunden worden
ist. Aber auch in diesem Falle wird sich der Russ wahrscheinlich um die
Aschenbestandtheile lagern.
Es ist bekannt, dass der Rauch besonders stark in der ersten Zeit nach dem Aufwerfen
neuer Schichten Brennstoffes in die Feuerung sich entwickelt. Man erklärt diese
Erscheinung dadurch, dass das aufgeworfene Brennmaterial den Luftzutritt in die
Feuerung verhindert und dass der Feuerungsraum durch das Aufwerfen abgekühlt wird.
Es ist mir unbekannt, ob diese Erklärung durch genaue Messungen bezieh. Analysen
bestätigt wird; jedenfalls passt sie aber nicht für jede Feuerung. Es scheint, dass
der Zug durch das Aufwerfen neuen Brennmaterials nicht verzögert wird – die Luft
strömt in diesem Falle durch eine kleinere Zahl Oeffnungen, aber mit desto grösserer
Geschwindigkeit. Was die Abkühlung des Feuerungsraumes betrifft, so ist deren
Einfluss auf die Verbrennung auch problematischer Natur: im Anfange der Heizung,
wenn der Dampfkessel und der Ofen noch kalt sind, raucht die Feuerung nicht mehr wie
gewöhnlich, wenn nur keine allzugrossen Mengen Brennstoff zwecks Beschleunigung der
Dampfbildung aufgeworfen werden. Besser ist die Entstehung des Rauches zu der
erwähnten Zeit durch die gleichzeitige Verdampfung der Feuchtigkeit aus dem
Brennstoffe und der Asche mit leicht flüchtigen Destillationsproducten zu erklären.
Der Wasserdampf erschwert die Verbrennung der letzteren, indem er die Luft
verdrängt, und die Aschenbestandtheile vermehren diese Erscheinung noch. Haben wir
einen trockenen Brennstoff, so machen sich die Aschenbestandtheile besonders geltend
(Schwefel in der Steinkohle, Schwefel und Kali in den Ricinuskuchen).
In einem Falle – für die Ricinuskuchen – habe ich die absolute Russmenge in dem
Rauche bestimmt; es versteht sich, dass diese Bestimmung keinen Anspruch auf grosse
Genauigkeit machen kann. Es waren während 12 Stunden 2250 k Presslinge verbrannt.
Sie enthielten 6,5 Proc. oder 146 k Asche. Davon wurden im Aschenfalle nur 115 k
Asche wieder gefunden. In den Rauchkanälen und in dem Lufteconomiser bleibt so wenig
Flugasche oder Russ, dass der Kessel davon nur einmal jährlich gereinigt wird; diese
Russ- oder Flugaschenmenge während 12 Stunden kann höchstens zu 1 k gerechnet
werden. Somit sind 30 k Asche in den Schornstein gelangt. Sie waren ungefähr mit
demselben Gewichte verkohlter Substanzen verbunden. Somit betrug die Russmenge im
Rauche während 12 Stunden etwa 60 k. Diese Zahl zeigt, dass schon ohne
Unvollständigkeit der Verbrennung eine beträchtliche Menge Rauch erzeugt werden
kann. Es muss hier auch daran erinnert werden, dass der Russ und die Flugasche
äusserst fein vertheilt sind.
Als Resultat der mitgetheilten Untersuchungen können folgende Schlüsse gezogen
werden:
Die Rauchbildung ist bei den best geleiteten Feuerungen unumgänglich, wenn nur das
Brennmaterial Asche enthält.
Es ist unmöglich auf dem Wege der sogen. vollständigen Verbrennung die Rauchbildung
zu verhüten.
In Verbindung mit den Aschenbestandtheilen muss im Rauche ein kleiner Theil des
Brennmaterials immer verloren gehen.
Alexandrow, Gouv. Wladimir, Februar 1891.