Titel: | Neuere Rost- und Schmelzöfen. |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 169 |
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Neuere Rost- und Schmelzöfen.
Mit Abbildungen.
Neuere Rost- und Schmelzöfen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika, wo alljährlich grosse Mengen pyrithaltiger
Eisenerze verarbeitet werden, benutzt man zum Rosten häufig den Davis-Colby'schen Schachtofen mit Gasfeuerung.
Der Ofen besteht im Wesentlichen aus zwei concentrisch gemauerten Schächten (Fig. 1 und 2), welche den
eigentlichen ringförmigen, oben engeren und unten weiteren Ofenraum E einschliessen. Der innere Schacht ist oben entweder
geschlossen oder offen. Im ersteren Falle wird der Verschluss durch einen Kegel
bewirkt, und die Röst- und Verbrennungsgase werden dann durch den Kanal F1 in eine besondere
Esse geleitet. Im zweiten Falle wird der Schacht F bis
zu einer geeigneten Höhe über die Gicht hinaus ausgemauert, so dass er selbst als
Abzugsesse für die Gase dient.
Textabbildung Bd. 280, S. 169Davis-Colby'scher Schachtofen. An der Peripherie des Ofens sind im äusseren Mauerwerk die Ziehöffnungen
C, die Verbrennungskammern B, die Gaskanäle X und die Schürlöcher Z vertheilt. Letztere dienen gleichzeitig zur Zuführung
der Luft. Die Oeffnungen D in der inneren Mauer des
Ofens leiten die Gase in den Schacht F. Diese
Oeffnungen sind den Verbrennungskammern gegenüber, jedoch entweder höher oder
tiefer, als es eben die Beschaffenheit der Erze erheischt, angebracht. Ein Ofen hat
in der Regel zwei Reihen von Verbrennungskammern; doch ist die Anzahl derselben
ebenfalls von der Beschaffenheit der Erze abhängig. Je dichter und härter die
zu röstenden Erze sind, desto höher muss der Ofen und desto grösser muss die
Entfernung der einzelnen Reihen der Verbrennungskammern gemacht werden.
Das als Brennmaterial dienende Gas wird jeder Reihe der Verbrennungskammern durch
besondere Gaszuleitungsröhren A zugeführt. In passender
Höhe des Ofens ist eine Gallerie angebracht, von welcher aus die Arbeit in den
Schürlöchern Z besorgt und die Luftzuführung geregelt
wird.
Der Betrieb des Ofens ist einfach. Die bei T gegichteten
Erze rutschen in dem nach unten sich erweiternden Raume E langsam herab, wobei in Folge der Erweiterung die Erzsäule beständig
aufgelockert wird. Die Heizgase werden von der Erzeugungsquelle aus durch die Röhren
A in die Kanäle X
geführt; von hier aus werden sie dann an die Verbrennungskammern vertheilt. Flamme
und Hitze ziehen der tiefer rutschenden Röstmasse entgegen, wobei die Wärme in
derselben zu jeder erwünschten Temperatur gesteigert werden kann.
Die Feuerungsgase durchdringen vollständig die Erzsäule und ziehen durch die
Oeffnungen D, mit den Röstgasen gemischt, in den
Schacht F ab. Beim Erhitzen der Erze ist atmosphärische
Luft im Ueberschusse vorhanden; dieselbe wird durch die Ziehöffnungen C, die Thüren der Verbrennungskammern B und die Schürlöcher zugeführt (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen,
1890 S. 370).
Prof. Hempel aus Dresden hat im Verein zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preussen über eine neue
Modification des Siemens-Ofens mit Regenerirung der Abhitze und Abgase einen sehr
lehrreichen Vortrag gehalten (vgl. Märzheft der Sitzungsberichte).
Bei den älteren Siemens-Oefen, wie sie zur Durchführung des Siemens-Martin-Processes
eine grosse Verbreitung gefunden haben, treten Gas und Luft, beide im vorgewärmten
Zustande, an zwei entgegengesetzten Stellen in den Schmelzraum ein; der
Verbrennungsraum wird vielfach mit sattelförmigem Gewölbe hergestellt; um die Flamme
möglichst auf die zu erhitzenden Massen zu drücken. Die neueren Oefen haben dagegen
hohe Schmelzräume, die entweder kreisrund oder hufeisenförmig sind, so dass die
Flamme beinahe einen vollen Kreis im Ofen durchläuft.
Von den älteren Constructionen unterscheidet sich der neue Ofen (Fig. 3 bis 7) im Wesentlichen dadurch, dass er nicht vier,
sondern nur zwei Wechselstrom-Luftgeneratoren hat. Eine Vorwärmung des Heizgases
findet nicht statt; dasselbe tritt vielmehr auf kürzestem Wege aus dem Generator B in den Schmelzraum E.
Dem Generator B wird nicht Luft, sondern ein Theil der
Verbrennungsgase in möglichst hoch erhitztem Zustande zugeführt. Während bei den
gewöhnlichen Gaserzeugern der Kohlenstoff mit Luft zu Kohlenoxyd verbrennt,
entsprechend der Gleichung
C + O = CO,
setzt sich in dem neuen Ofen der Kohlenstoff mit der
Kohlensäure in Kohlenoxydgas um, gemäss der Gleichung
C + CO2 = 2CO.
Es entsteht auf diese Weise aus der Gewichtseinheit Kohlenstoff genau das doppelte
Volumen Kohlenoxydgas.
In den Zeichnungen sind A, A1 die Wechselstrom-Luftgeneratoren, über welche der Generator B angeordnet ist; F, F1 sind die Füllkasten für die Steinkohlen und N, N1 die Roste. Der
Ofenraum E liegt ganz nahe dem Generator auf dem
Fundamente; es kann aber in einzelnen Fällen eine Grube unter dem eigentlichen
Arbeitsofen vorgesehen werden.
Textabbildung Bd. 280, S. 170Hempel, Anordnung des Siemens-Ofens.Textabbildung Bd. 280, S. 170Fig. 7.Hempel, Anordnung des Siemens-Ofens.C, C1 sind die Kanäle,
welche dem Ofenraume Brenngase zuführen; letztere können durch die darin
befindlichen Ventile D, D1 geregelt werden, die in der Weise auf einem Hebel befestigt sind, dass
das eine beim Oeffnen des anderen geschlossen und das Gas so durch eine der
Eintrittsöffnungen G, G1 dem Ofenraume E zugeführt wird. H, H1 sind die
Eintrittsöffnungen für die Verbrennungsluft, die durch die Kanäle K, K1 mit den
Regeneratoren A, A1 in
Verbindung stehen. J, J1 sind in die Oeffnungen L, L1 eingebaute Dampfstrahlgebläse, welche einen Theil
der Abgase aus dem Ofen unter die Roste bringen; I ist
ein Wechselventil zur Umsteuerung der Luft durch einen der Regeneratoren zum
Ofenraum, wie auch der Abgase durch den anderen Regenerator zum Schornstein. O, O1 sind Drehklappen,
welche abwechselnd den Durchgang der Verbrennungsproducte vom Ofenraume zum
Generator verhindern und vermitteln; dieselben wirken selbsthätig durch Verbindung
mit dem vorher erwähnten Hebel so, dass durch dieselbe Bewegung, durch welche
D geschlossen wird, O
sich öffnet; der gleiche Vorgang findet statt mit D1 und O1. Q, Q1 sind Oeffnungen zum Reinigen der Roste.
Der Betrieb des Ofens ist folgender: Gas vom Generator B
geht durch den Kanal C1, das Ventil D1 und die Oeffnung G1 in den
Verbrennungsraum h1g1; die
Verbrennungsluft geht durch den Regenerator A1, den Kanal K1 und die Oeffnung H1 in den eben
erwähnten Verbrennungsraum, wo sie das vom Generator kommende Gas trifft, und die
Verbrennung erfolgt. Die Hufeisenflamme durchzieht den Ofenraum E und die Abgase entweichen zum Theil durch den anderen
Verbrennungsraum hg und gehen weiter, nachdem sie H und K passirt, durch den
Regenerator A und das Ventil I zum Schornstein, zum Theil abwärts durch die Oeffnung G, wohin sie das Dampfstrahlgebläse J absaugt, und weiter durch L unter die Roste des Generators B, wo sie
wieder in brennbare Gase rückverwandelt werden. In gewissen Zwischenräumen wird die
Flammenrichtung im Ofenraum durch Umstellung der Ventile D,
D1 und durch das Wechselventil I in der bei regenerativen Gasöfen gewöhnlichen Weise
umgekehrt. Ein Hilfsdampfstrahlgebläse ist ausserdem unter den Rosten angeordnet, um
bei Aufnahme des Ofenbetriebes dem Generator die nöthige Luft zuzuführen.
Friedrich Siemens selbst, welcher bereits vor acht
Jahren den Gedanken der Benutzung der Flammengase zum Betrieb des Generators fasste,
glaubte, dass die weissglühenden Verbrennungsgase eiserne Roste bei Gaserzeugern
schnell zerstören würden und versuchte daher ohne Erfolg rostlose Generatoren mit
Schlackenabfluss nach der nebenliegenden Ofenkammer zu verwenden, wohingegen die
Ingenieure seines Londoner Bureaus, Biedermann, Harvey,
Head und Pouff, mit Erfolg einen gewöhnlichen
Rostgenerator neben den Schmelzraum stellten und gleichzeitig die Gaszufuhr durch in die
Verbindungskanäle gestellte Dampfstrahlgebläse regelten. Mit Hilfe der letzteren
kann erforderlichenfalls auch dem Gaserzeuger Luft zugeführt werden.
Es hat sich gezeigt, dass schmiedeeiserne Roste wegen der durch den Wasserdampf auf
denselben hervorgerufenen Eisenoxydoxydulschicht, welche einer weiteren Oxydation
ein Ziel setzt, sehr wohl verwendet werden können. Bei Wishaw (Schottland) wurde der
neue Ofen auf dem Werke der Pather Iron and Steel
Company als Schweissofen ausgeführt und in London bei der United Horse Shoe Company zum Anwärmen von Packeten in
Betrieb gesetzt. In beiden Fällen waren die Resultate sehr befriedigend.
Textabbildung Bd. 280, S. 171
(Fig. 8 und 9.) Siemens-Ofen nach Schönwälder.
Als Siemens-Martin-Stahlschmelzofen ist der neue Ofen seit
October 1890 bei Turin im Betriebe. Derselbe verbraucht für 1000 k Stahl 425 bis 450
k englische Steinkohle, während bei den älteren Siemens-Oefen für die gleiche
Leistung 750 bis 800 k erforderlich waren.
Wegen der von dem schwedischen Metallurgen Akermann
angestellten Berechnungen über die Wärmeausnutzung in dem neuen Ofen wird auf die
Quelle, sowie auf die Berg- und Hüttenmännische
Zeitung, 1800 S. 256, und auf Jern-Kont.-Annaler, 1890 S. 29, verwiesen.
Nach dem D. R. P. Nr. 55707 vom 21. August 1890 (H.
Schönwälder in Friedenshütte bei Morgenroth, Oberschlesien) soll bei
Siemens-Martin-Oefen jeder der Siemens'schen Wärmespeicher durch eine Zwischenwand
getheilt werden, so dass aus vier nunmehr acht Wärmespeicher entstanden sind, von welchen je ein
Kanal A nach dem Ofen B
(Fig. 8 und 9) führt.
Der Ofen hat demnach auf jeder Seite statt wie bisher einen grossen zwei kleine Luft-
und ebenso zwei kleine Gaswärmespeicher. Durch die ersteren zieht Luft, durch die
letzteren Gas in den Ofen, die Mischung findet nach wie vor erst im Ofen statt.
Der abgehende Zug streicht durch die früheren zwei, jetzt getheilten vier
Wärmespeicher und geht wie früher durch die beiden Reversirventile D und F in den Essenkanal
C. Sowie die Reversirglocken umgeschaltet werden,
geht das einströmende Gas und die einströmende Luft umgekehrt durch die
gegenüberliegenden Wärmespeicher zum Ofen und entweicht durch die diesseitigen. Es
werden demgemäss die Ventile D und F im regelmässigen Betriebe abwechselnd, so gestellt,
dass durch die erhitzten Wärmespeicher das Gas zugeleitet und durch die abgekühlten
Wärmespeicher die Verbrennungsproducte zum Wiedererhitzen abgeleitet werden.
An jedem der unter den Wärmespeichern angeordneten Kanäle G und H sind Schieber angebracht, welche man
heben und senken kann, um den in dem Kanal herrschenden Zug nach Belieben regeln zu
können.
Durch diese Einrichtung soll der Ofen überall denselben Hitzegrad halten und nicht an
einzelnen Stellen stärker abgenutzt werden als an anderen.