Titel: | Ueber Kälteerzeugungsmaschinen. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 73 |
Download: | XML |
Ueber Kälteerzeugungsmaschinen.Nachdruck
verboten.
Von Fr. Freytag in
Chemnitz.
Mit Abbildungen.
Ueber Kälteerzeugungsmaschinen.
Verfolgt man die Entwicklung der Kälteindustrie seit ihren Anfängen im J. 1860, wo
der französische Physiker Carré (1861 160 23) das erste Patent auf eine Absorptionseismaschine
erhielt, so findet man, dass die Kälteerzeugungsmaschinen hinsichtlich des
ökonomischen Wirkungsgrades, d.h. des zu ihrer Inbetriebsetzung erforderlichen
Kostenaufwandes gegenüber der erzielten Nutzleistung immer grössere
Vervollkommnungen erfahren haben, die zur Bildung von Eis bezieh. Kälte dienenden
Mittel dagegen im Wesentlichen dieselben geblieben sind. Die Benutzung von Kälte in
gewerblichen Anlagen jeder Art hat sich im Laufe der Jahre immer mehr gehoben und
spielt augenblicklich eine ausserordentlich wichtige Rolle; während jedoch früher
die Kältemaschinen beinahe ausschliesslich zur Eiserzeugung benutzt wurden, dienen
dieselben jetzt namentlich in der Grossindustrie (Brauereien, Schlachthäusern
u.s.w.) dazu, reine und trockene Luft auf entsprechend niedrige Temperaturgrade zu
bringen. Es ist einleuchtend, dass dadurch die mit der Benutzung von Eis verknüpften
Uebelstände in Wegfall kommen und da, wo Kälte zur Conservirung und Erzeugung
menschlicher Genussmittel dient, den Anforderungen der Hygiene mehr als bisher
entsprochen wird.
In dem Nachstehenden soll über Vor- und Nachtheile der verschiedenen Arten von
Kältemaschinen, sowie über Neuerungen auf diesem Gebiete berichtet werden.
Kaltluftmaschinen.
Die Luft besitzt anderen Kälteerzeugungsmitteln gegenüber den Vorzug, überall und
ohne irgend welche Kosten beschaffbar zu sein; die Maschinen, in denen eine
Compression und Expansion derselben behufs Freiwerden von Wärme und Kälte vor sich
geht, sind von kräftiger Bauart und erfordern zur Kälteerzeugung keinerlei
Zwischenmittel, es sei denn, dass sie zur Fabrikation von Eis Verwendung finden
sollen. In diesem Falle ist ein sogen. Eisbildner, aus einem Schlangenrohre
bestehend, welches in einem mit einer Gefrierflüssigkeit angefüllten Behälter liegt,
anzuordnen; die expandirte und kalte Luft circulirt in den Rohren des Eisbildners
und bewirkt eine Temperaturerniedrigung der Gefrierlösung bis auf ungefähr 15° C.
unter Null. Die Kasten, in denen sich das zum Gefrieren bestimmte Wasser befindet,
werden in den Eisbildner hineingestellt.
Man sollte auf den ersten Blick meinen, dass derartige Kältemaschinen ganz besonders
vortheilhaft arbeiten müssten; in Wirklichkeit ist dies jedoch nicht der Fall,
sondern es stehen dieselben, wie bereits 1878 von Ledoux in seiner Abhandlung Sur la théorie des
machines à froid nachgewiesen wurde, bezüglich ihres Güteverhältnisses den
Verdampfungsmaschinen, bei denen Verdampfungsflüssigkeiten als Mittelglied dienen,
ganz erheblich nach; bevor wir jedoch die wesentlichsten Punkte anführen, welche der
allgemeineren Verwendung der Kaltluftmaschinen in der Industrie entgegen stehen,
soll durch einen kurzen Rückblick die Arbeitsweise derselben nochmals vor Augen
geführt werden.
Die Luft wird bei diesen Maschinen mit Hilfe einer einfach- oder doppeltwirkenden
Pumpe in einem Cylinder comprimirt und derselben die hierbei entwickelte Wärme durch
Kühlwasser entzogen, so dass etwa die ursprüngliche Temperatur wieder hergestellt
ist. Lässt man die comprimirte Luft nun in einem zweiten Cylinder expandiren, wobei
dieselbe durch ihre Spannung noch in irgend welcher Weise arbeitsverrichtend wirken
kann, so sinkt am Ende der Expansion die Temperatur derselben in demselben Maasse
unter die anfängliche Temperatur, als ihr durch das Kühlwasser Wärme entzogen
wurde.
Die im J. 1873 patentirte Maschine von Giffard (D. R. P.
Nr. 10422), sowie diejenigen von Windhausen (1870 195 * 115, 1873 207 * 509,
1875 218 * 235 u.s.w.) können als Normen für alle seit
dieser Zeit construirten, zur Kälteerzeugung dienenden Luftexpansionsmaschinen
angesehen werden, besonders auch für die in England erbauten Maschinen von Bell-Coleman und Hall-Lightfoot.
Als hauptsächlichste Ursachen des geringen Güteverhältnisses der
Luftexpansionsmaschinen lassen sich anführen:
1) Der Nutzeffect ist nicht proportional dem Wachsen der mittleren Spannung in der
Maschine, sondern von den hohen Temperaturen bei der Compression, wodurch die
Widerstandsarbeit vermehrt wird, abhängig.
2) Zufolge der geringen specifischen Wärme der Luft (0,273) erhalten die
Luftexpansionsmaschinen derartige Abmessungen, dass behufs Ueberwindung ihrer
unvermeidlichen passiven Widerstände bedeutende Arbeitsverluste entstehen.
Diese grösseren Abmessungen der Compressoren haben auch entsprechend grössere
schädliche Räume im Gefolge.
3) Das Sinken der Temperatur bei Beginn der Expansion bewirkt ein Gefrieren der in
der comprimirten Luft, dem Temperaturgrade entsprechend, in Dunstform enthaltenen
Feuchtigkeit.
Die hierbei auftretenden Schneeflocken geben nicht nur zu mancherlei Betriebstörungen
Veranlassung, sondern vermindern auch das thermodynamische Güteverhältniss der
Maschine nicht unerheblich, indem die Endtemperatur der Luft dadurch erhöht
wird.
Im Durchschnitt besitzen die Kaltluftmaschinen ein Güteverhältniss, welches nach
Angaben von M. H. Faucher in dem Bulletin de la Société des Ingénieurs Civils vom April 1892 viermal
geringer ist, als dasjenige der mit Verdampfungsflüssigkeiten arbeitenden
Kälteerzeugungsmaschinen, und es würde hiernach thöricht sein, Kaltluftmaschinen für
die Eisbereitung zu verwenden. Ganz anders verhält es
sich indess in den Fällen, wo eine Kühlung von Räumen
bewirkt werden soll; für derartige Zwecke ist kalte Luft der Eiskühlung entschieden
vorzuziehen und es haben denn auch hier die Kaltluftmaschinen in neuerer Zeit eine
immer grössere Anwendung gefunden, und werden z.B. zum Kühlen der Fleisch- und
Vorrathskammern grosser Schlächtereien, der Vorrathskammern und Wohnräume der
Schiffe, namentlich der in tropischen Gegenden fahrenden, ferner der
Transportschiffe und sonstigen Transportmittel für frisches Fleisch, Früchte,
Gemüse, Bier und andere dem Verderben ausgesetzte Nahrungsmittel beinahe
ausschliesslich verwandt.
Ueber derartige Kaltluftmaschinen bringt Iron vom 22.
und 29. April 1892 beachtenswerte Mittheilungen.
Im J. 1876 erhielt Coleman von der Bell-Coleman Mechanical Refrigerating Company in
Glasgow ein Patent auf ein Verfahren zur Herstellung comprimirter Luft behufs
Verwerthung derselben bei der Einfuhr von Schlachtvieh aus überseeischen Ländern und
es wurde unter anderen im März 1879 das Dampfschiff Circassia der Anchor Line mit einer nach diesem Patent erbauten Maschine
ausgerüstet. Dieselbe war in allen ihren Theilen doppelt gehalten, so dass im Falle
eines Defectes eine Seite derselben allein und unabhängig von der anderen arbeiten
konnte. Die vier senkrecht aufgestellten Dampfcylinder von je 254 mm Durchmesser für
406 mm Kolbenhub lagen behufs möglichster Raumersparniss direct über der gekröpften
Kurbelwelle und arbeiteten mit rückkehrenden Pleuelstangen; die beiden Compressoren
hatten 406 mm, die beiden Expansionscylinder 305 mm Durchmesser (beide ebenfalls für
406 mm Kolbenhub) und waren wagerecht, je ein Compressor hinter dem zugehörigen
Expansionscylinder, aufgestellt. Mittlerweile wurde auch das einer Londoner Firma
gehörige, zu einer Versuchsreise nach Australien bestimmte Dampfschiff Strathleven mit einer Kaltluftmaschine, System Coleman, versehen; der zu kühlende Raum hatte ungefähr
4000 Cubikfuss engl. Inhalt und war durch eine 255 mm dicke Holzkohlenschicht
isolirt. Das Schiff kehrte am 1. Februar 1880 mit einer im vorzüglichen Zustande
verbliebenen Ladung von geschlachteten Hammeln und Rindern im Gewichte von ungefähr
34 t nach London zurück und begründete damit den Ruf der Bell-Coleman-Maschine.
Die Kühlung der beim Comprimiren sich stark erhitzenden Luft geschieht bei der
Bell-Coleman-Maschine mittels Wassereinspritzung.
Im April 1880 construirten J. und E. Hall in Dartford
eine Kaltluftmaschine mit Oberflächenkühlung; die Luft ging hierbei nach erfolgter
Compression durch mit Wasser umgebene Behälter und, nachdem sie genügend abgekühlt
war, in Gefässe mit durchlochten Blechen, an denen die Feuchtigkeit mechanisch
haften blieb, so dass trockene Luft nach dem Expansionscylinder strömen konnte.
Derartige Maschinen kamen zuerst auf Schiffen der Peninsular
and Oriental Steam Navigation Company und zwei derselben in Australien für
Kühlhausanlagen zur Benutzung. Robinson Brothers in
Melbourne stellten nach demselben Princip eine Maschine fertig, mit der das
Dampfschiff Protos ausgerüstet wurde, welches die
zweite Ladung Fleisch von Melbourne nach London brachte.
In demselben Jahre baute auch A. S. Haslam in Derby eine
Maschine nach dem Principe der Oberflächenkühlung, welche eine grosse Aehnlichkeit
mit der Bell-Coleman-Maschine zeigte, nur arbeitete der Expansionscylinder behufs
Regulirung der Ein- und Ausströmung der Luft mit Schiebern, welche nicht in einem
gemeinschaftlichen Gehäuse, sondern getrennt von einander ihre Bewegungen
ausführten; die oberen zur Regelung der Zuführung trockener comprimirter Luft in den
Cylinder dienenden Steuerungsorgane waren Meyer-Schieber mit Expansionsplatten,
jedoch ohne Ausströmöffnung in dem Grundschieber, während die an der Seite des
Cylinders liegenden Ausströmschieber gewöhnlicher Construction durch ein
Zwischenglied mit der Kurbelstange verbunden und durch viereckige, mittels
Stellschrauben befestigte Stahlbügel in ihrer Stellung gegen die Cylindergleitfläche
gehalten wurden. Die letztgenannten Schieber erfordern eine sehr sorgfältige
Montage, doch liegt ihr Vortheil in den sehr kurzen, nach dem Cylinderinneren
führenden Kanälen, der bedeutenden Durchgangsfläche für die ausströmende Luft und in
dem Umstände, dass die sich bildenden Schneeflocken hinweggeschafft werden können,
ohne dass die Maschine anzuhalten gezwungen wäre.
Bereits im J. 1881 brachte die Haslam Foundry and Engineering
Company eine derartige Maschine mit einer Leistung von 40000 Cubikfuss
engl. Luft in der Stunde an Bord des Dampfschiffes Orient, welches am 4. October des folgenden Jahres mit seiner ersten
Ladung Hammel- und Rindfleisch im Gewichte von ungefähr 150 t von Australien nach
London zurückkehrte.
Zu derselben Zeit befassten sich auch Hick, Hargreaves and
Company in Bolton mit der Construction von Kaltluftmaschinen nach dem
System Giffard (D. R. P. Nr. 10422) mit
Wassereinspritzung und lieferten eine solche Maschine für das Dampfschiff Sorrento, doch wurden mit derselben zufriedenstellende
Resultate nicht erzielt.
Die Bell-Coleman-Maschine wurde indessen immer weiter verbessert und die alte
Maschine mit senkrechten Cylindern, wie sie auf der Circassia Verwendung gefunden, sehr bald in eine wagerechte Tandemmaschine
umgeändert.
Eine nach dieser Construction erbaute Maschine wurde im J. 1882 für Sydney geliefert,
und es ergaben die im August und September desselben Jahres angestellten officiellen
Versuche recht bemerkenswerthe Resultate. Die Maschine bestand aus einem
Dampfcylinder von 686 mm Durchmesser, welcher zum Betreiben zweier Luftcompressoren
von je 610 mm Durchmesser in Verbindung mit einem Expansionscylinder von 648 mm
Durchmesser diente; der Kolbenhub betrag in sämmtlichen Cylindern 915 mm.
Die Versuche ergaben mit einem Dampfdruck von 5,3 at, 0,25 Füllung im Dampfcylinder,
60 minutlichen Umdrehungen, einer Kühlwassertemperatur von 16° C, einer Füllung von
0,63 im Expansionscylinder, einer Spannung der Luft von 2,6 at, wobei dieselbe aus
den Trockenröhren mit 5° C. in den Expansionscylinder eintrat, beim Ausströmen aus
der Maschine eine Lufttemperatur von – 39° C, womit ein Raum von 84000 Cubikfuss
engl. Inhalt auf einer durchschnittlichen Temperatur von – 17° C. erhalten werden
konnte.
Im J. 1885 löste sich die Bell-Coleman Mechanical
Refrigerating Company in die Haslam Foundry and
Engineering Company auf und in den Besitz dieser Firma gelangte nunmehr das
Ausführungsrecht für die von Bell-Coleman und Haslam erworbenen Patente. Während der nur wenigen
Jahre des Bestehens der Bell-Coleman Company hat
dieselbe im Ganzen 106 Kältemaschinen für Leistungen von 3000 bis 130000 Cubikfuss
engl. Luft in der Stunde nach ihrem Patent erbaut und unter anderem auch für das
Dampfschiff City of Rome, einem der grössten und
schnellsten aller Oceandampfer, eine Kälteerzeugungsmaschine geliefert.
Textabbildung Bd. 287, S. 75Fig. 1.Hall's Maschine mit Oberflächenkühlung. Wir kommen nun in den Zeitabschnitt der combinirten Haslam und
Bell-Coleman-Maschine, deren Construction im Wesentlichen derjenigen der
Bell-Coleman-Maschine ähnlich ist, wenigstens soweit es sich um die Aufstellung der
Cylinder und die Gestalt der Grundplatte handelt.
Der Compressor ist der von der Haslam-Maschine bekannte; Cylinder, sowie die in den
hohlen Deckeln desselben liegenden Steuerungsventile sind von Wasser umgeben. Die
Innenwandungen der Deckel sind aus Phosphorbronze gefertigt und mit den gusseisernen
Aussendeckeln dauerhaft verbunden. Das in den Zwischenräumen der Deckel
circulirende Wasser vernichtet zum Theil die bei der Compression entstehende
Wärme.
Das Einlassventil besteht sammt Sitz und Führung aus Phosphorbronze. Die mit dem
Ventil verschraubte und vernietete Stahlspindel tritt durch eine ausgebüchste
Bohrung des Cylinderdeckels und trifft bei jedem Ventilhube gegen einen
Kautschukbuffer; das schnelle Rückfallen des Ventiles auf seinen Sitz sichert eine
Stahlfeder.
Das Auslassventil liegt vollständig im Inneren des Deckels und ist ebenfalls aus
Phosphorbronze angefertigt, doch bestehen Sitz und Führung aus zwei besonderen
Theilen; letztere wird durch eine Hülse gebildet, in deren Inneren eine kleine
Spiralfeder untergebracht ist.
Der Compressor ist gewöhnlich unmittelbar über dem Wasserkühler aufgestellt, der in
Form und Construction grosse Aehnlichkeit mit einem gewöhnlichen
Oberflächencondensator besitzt; die comprimirte Luft geht hierbei durch vom
Kühlwasser umspülte Rohre. Das kalte Wasser wird von der Pumpe in den Kühler
gedrückt und strömt von hier in einem Rohre in den Mantel bezieh. die Deckel des
Compressors, wo es schliesslich überfliesst. Die aus dem Kühlraume angesaugte Luft
wird comprimirt und strömt, nachdem ihre Temperatur in den Rohren des Kühlers heruntergedrückt
ist, in einer Leitung nach den Trockenrohren; letztere sind gewöhnlich da
aufgestellt, wo eine Temperatur von nicht unter 1,7° C. (35° F.) verlangt wird.
Eine von J. und E. Hall erbaute Maschine mit
Oberflächenkühlung, welche an Bord des zu Handelsfahrten nach New Zealand bestimmten
Schiffes Hawkes Bay aufgestellt ist, veranschaulicht
die Abbildung Fig. 1.
Die Maschine ist eine Doppelmaschine mit Verbundwirkung, bei welcher die beiden
Cylinder jeder unabhängig von einander arbeitenden Maschinenseite nach dem
Tandemsystem hinter einander liegen. Die Niederdruckcylinder beider Maschinen stehen
mit einem gemeinschaftlichen Oberflächencondensator in Verbindung und zu jeder
Maschine gehört ein besonderer Satz Pumpen, die, auf Mitte Sohlplatte montirt, durch
Hebel und Stangen, welche letztere an dem zugehörigen Kreuzkopfzapfen angeschlossen
sind, betrieben werden. Die Schwungräder liegen an den Enden der Kurbelwelle jeder
bezieh. in der Mittelebene der ganzen Maschine und können erforderlichen Falls durch
einen Kuppelbolzen mit einander verbunden werden, wenn die Maschine als
Zwillingsmaschine arbeiten soll. Von der Kurbelwelle aus liegen die in einer Linie
hinter einander angeordneten Cylinder jeder Maschine wie folgt: Niederdruck- und
Hochdruckdampfcylinder, Luftcompressor und Expansionscylinder. Die Compressoren
werden durch gewöhnliche Flachschieber gesteuert, da diese bei grosser Einfachheit
wenig Wartung bedürfen.
Textabbildung Bd. 287, S. 76Fig. 2.Hall's Kuhlmaschine. Die comprimirte Luft tritt wie gewöhnlich in die Kühler, aber an Stelle
von Trockenrohren ist eine sehr einfache und viel wohlfeilere Einrichtung behufs
Trocknen der Luft getroffen worden, aus einem am hinteren Ende der Sohlplatte
unmittelbar mit dem Kühler verbundenen und unter den Expansionscylindern liegenden
gusseisernen Behälter von cylindrischer Gestalt, „moisture abstractor“
(Feuchtigkeitsentzieher) genannt, bestehend; durch ein tangentiales Rohr steht
derselbe mit dem Kühler in Verbindung und die in diesem Rohre sich bewegende
kalte Luft setzt bei der Berührung mit dem inneren Umfange des Behälters in Folge
mechanischen Anhaftens die mitgeführte Feuchtigkeit ab, welche dann durch ein im
Boden sitzendes selbsthätiges Ventil abgeführt wird, während die trockene Luft von
der Mitte des Behälters aus in den Expansionscylinder tritt und von hier nach
erfolgter Dehnung in der oben beschriebenen Weise entweicht.
Bei den kleineren von J. und E. Hall erbauten Maschinen
sind, wie in Fig. 2 ersichtlich, die drei Cylinder
nicht hinter, sondern neben einander liegend angeordnet. Mit einer derartigen unter
Nr. 9 bekannten Maschine war ein Segelschiff mit einem Laderaum von 45000 Cubikfuss
engl. Inhalt, welches zu Fahrten nach dem River Plate bestimmt war, ausgerüstet; die
Maschine lieferte bei 100 Umdrehungen in der Minute 50000 Cubikfuss engl. Luft und
es waren auf der Rückreise im Juli 1891 bei durchschnittlich 78 Umdrehungen und
einer entwickelten Leistung von 95 indicirten die nachstehenden
Temperaturen beobachtet:
Arbeitszeitpro Tag zu24
Stunden
Temperaturen in Grad Celsius
Seewasser
Schneebuchse
Schiffsräume
8 Stunden
4,4
– 42,0
– 16,0
8 „
10,0
– 38,0
– 15,0
12 „
20,0
– 31,0
– 15,0
16 „
24,0
– 28,0
– 15,0
18 „
28,0
– 25,5
– 15,5
16 „
25,0
– 25,0
– 15,0
12 „
20,0
– 29,4
– 14,0
12 „
16,6
– 33,3
– 14,0
8½ „
16,6
– 35,0
– 14,0
Zu den Kaltluftmaschinen neuerer Construction gehören auch diejenigen nach T. B. Lightfoot's Patent, welche von der Linde British Refrigerating Company erbaut werden.
Diese Maschinen arbeiten ebenfalls mit Oberflächenkühlung und es wird die Ein- und
Ausströmung der Luft für den Compressor durch kreisförmige Schieber geregelt,
welche, wie dies die
Abbildungen Fig. 3 und 4 erkennen lassen, direct von Excentern auf der Schwungradwelle bethätigt
werden. Die comprimirte Luft wird in einer metallischen Kammer der Sohlplatte, in
welcher eine Anzahl Rohre liegen, gekühlt, und zwar geht das Kühlwasser durch die Rohre, während die äusseren Oberflächen
derselben mit der comprimirten Luft in Berührung kommen; die gekühlte und trockene
Luft tritt in einen einfach- oder doppeltwirkenden Expansionscylinder, der ebenfalls
mit kreisförmigen Schiebern arbeitet, und entströmt demselben nach erfolgter
Expansion.
Textabbildung Bd. 287, S. 77Fig. 3.Lightfoot's Kaltluftmaschine.Textabbildung Bd. 287, S. 77Fig. 4.Lightfoot's Kaltluftmaschine. Eine Maschine dieser Type mit Verbundwirkung (Fig. 4), aus zwei Dampfcylindern, zwei Compressoren, sowie zwei
doppeltwirkenden Expansionscylindern bestehend, lieferte 180000 Cubikfuss engl. Luft
in der Stunde und diente zur Kälteerzeugung auf dem Dampfer Elginshire, welcher vor Kurzem 60000 Stück geschlachtete Hammel von
New Zealand nach London brachte.
Bei der Kaltluftmaschine von B. Goodfellow in Hyde bei
Manchester findet die Ein- bezieh. Ausströmung der Luft in dem von einem
Wassermantel umgebenen Compressor wie bei einer gewöhnlichen, zu einem
Dampfcondensator gehörigen Luftpumpe durch eine Anzahl von Oeffnungen in den inneren
Deckeln statt, auf welche sich runde Ventilklappen legen. Der Expansionscylinder
wird durch eine Corliss-Steuerung regulirt; die expandirte Luft geht durch die
unteren Schieber direct in die Schneebüchse.
Es dürften noch einige Angaben über ausgeführte Kühlanlagen hier am Platze sein.
Die erste derartige Anlage für Handelszwecke wurde in England im J. 1882 von der East and West India Dock Company in London auf einem
alten Schiffe, Seawitch genannt, errichtet, welches mit
einer Haslam-Maschine ausgerüstet wurde, die ungefähr 40000 Cubikfuss engl. Luft in
der Stunde liefern konnte. Wenige Monate später bauten die Mersey Docks and Harbour Board die erste Kühlhausanlage in England zu
Birkenhead, die ebenfalls durch eine Haslam-Maschine mit 40000 Cubikfuss engl. Luft
stündlich betrieben wurde. Die Anlage bestand aus vier Kühlräumen mit einem Inhalt
von 60000 Cubikfuss engl. für 2000 Stück Rindvieh; letzteres gelangte vom
Schlachthaus mittels einer Schienenbahn nach den einzelnen Kammern des
Kühlhauses.
Im J. 1884 wurde die Anlage bedeutend erweitert und mit einer Kaltluftmaschine von
Goodfellow in Hyde ausgerüstet, welche 50000
Cubikfuss engl. Luft lieferte, und diese nach abermaliger Vergrösserung der
Kühlräume im J. 1887 durch eine mittels Ammoniak betriebene Kältemaschine von der
Linde British Refrigerating Company ersetzt.
Anfang August 1887 öffnete auch die New Zealand Refrigerating
Company ihre Werke zu Burnside bei Dunedin in Otago, New Zealand, welche
aus einem Schlachthause, Kühl- und Gefrierräumen, sowie einem Raum bestanden, in
welchen das geschlachtete Vieh gebracht wurde, wenn es zum Verladen auf die Schiffe
geeignet erschien. Die Kältemaschine von Haslam mit
einer Leistung von 60000 Cubikfuss engl. Luft in der Stunde setzte sich aus einem Dampfcylinder,
zwei Compressoren, sowie einem Expansionscylinder zusammen, und erzeugte bei einem
officiellen Versuch mit ungefähr 70 indicirten eine Lufttemperatur von –
24° bis – 27° C.
Gleichzeitig mit den Werken zu Burnside eröffnete die River
Plate Fresh Meat Company eine ähnliche, noch ausgedehntere Anlage zu
Campana bei Buenos Ayres, Südamerika, mit einer Kaltluftmaschine System Haslam, zu welcher später noch zwei andere derartige
Maschinen hinzukamen, nachdem die Räume zur Unterbringung bis zu 50000 Stück Schafen
angewachsen waren; im J. 1890 wurde nach abermaliger Vergrösserung der Anlage auch
hier eine Ammoniak-Kältemaschine der Kilbourn Company
zu Liverpool eingestellt, welche vier Räume, in denen gesammt 94100 Stück Schafe
untergebracht werden können, mit der nöthigen kalten Luft versorgte.
Der Betrieb einer derartigen Anlage ist der folgende: Die am Montag getödteten Schafe
kommen des Nachmittags in den Gefrierraum, und nachdem sie hier 22 Stunden gehangen
haben, gelangen sie in den Vorrathsraum, während in den Gefrierraum die am zweiten
Tage geschlachteten Schafe gebracht werden, und so geschieht es sechs Tage lang
weiter; die am Sonnabend geschlachteten Schafe werden am Sonntag aus dem
Gefrierraume genommen, und die Kältemaschine steht dann bis Montag Mittag, dem
Wiederbeginn der Wochenarbeit, still.
Am Ende von 24 Arbeitstunden schwankte die Temperatur in dem Gefrierraume zwischen –
11° und – 13° C.; die in den Kälterohren circulirende Salzlösung trat mit einer
Temperatur von – 20° in dieselben ein und mit einer solchen von ungefähr – 19° C.
wieder aus.
Der Kohlenverbrauch dieser Anlage soll inclusive Dynamomaschine für elektrische
Beleuchtung der Kühlräume und zwei blasende Ventilatoren 3,5 t für 24 Stunden
betragen und die Temperatur des Kühlwassers stellte sich während der heissen
Jahreszeit auf 24° bis 32° C.
Namentlich in London sind in neuerer Zeit eine grosse Anzahl Kühlhäuser zur Aufnahme
von gefrorenem überseeischem Fleisch entstanden, über welche Iron vom 29. April 1892 S. 378, wie auch über derartige Anlagen in anderen
Städten Englands, weitere Einzelheiten bringt.
Maschinen mit Chlormethyl.
Eine Maschine zur Kälteerzeugung mittels Chlormethyl ist von Prof. Vincent vorgeschlagen und von der Maschinenfabrik Douane und Jobin in Paris construirt und ausgeführt
worden. Es verdient die einfach wirkende Compressionspumpe dieser Maschine insofern
Beachtung; als hier zur Vermeidung gefährlicher Undichtheiten Ansaugen und
Comprimiren des Kältemittels nur hinter der der Stopfbüchse entgegengesetzt
liegenden Kolbenfläche vor sich geht.
Die Pumpe ist von einem gusseisernen Kasten vollständig dicht umschlossen und durch
diesen auch die zu ihrem Betreiben dienende, nach aussen mittels gewöhnlicher
Stopfbüchse abgedichtete Kurbelwelle geführt; alle bezüglichen Theile tauchen in
Glycerin ein, welches hier nicht nur als ausgezeichnetes Dichtungsmittel dient,
sondern auch die Schmierung der beweglichen Theile besorgt. Bei Maschinen mit
bedeutenderen Leistungen ist die Einrichtung allerdings etwas anders, das Princip
ist jedoch dasselbe geblieben; dieselben arbeiten mit zwei einfachwirkenden
Compressionspumpen.
Die sonstigen Zubehörstücke unterscheiden sich von denjenigen anderer
Kälteerzeugungsmaschinen mit mechanischer Compression nur wenig.
Der Condensator besteht, wie in der Regel, aus kupfernen Schlangenrohren, in denen
das Chlormethyl in Gasform von oben nach unten circulirt; von hier wird der zu
Flüssigkeit comprimirte Verdampfungskörper in den Verdampfer zurückgeführt, wobei je
nach dem verlangten Kältegrade die Zufuhr mittels eines Hahnes geregelt werden
kann.
Der Verdampfer wird durch zwei kupferne Schlangenrohre und einem inmitten derselben
liegenden Behälter gebildet.
Es wird dem hier zur Verwendung kommenden Kälteerzeugungsmittel eine leichte
Entzündbarkeit vorgeworfen und als weiterer Nachtheil angeführt, dass Undichtheiten
bei dem schwachen Geruch des Chlormethyls unter Umständen erst dann bemerkbar
werden, wenn bereits ziemliche Mengen desselben verloren gegangen sind.
Der letztere Uebelstand haftet den nachfolgenden Kälteerzeugungsmaschinen mittels
Kohlensäure allerdings in noch erheblicherem Maasse an, ist jedoch hier insofern von
Vortheil, als es dadurch möglich wird, die Kohlensäure ohne Zuhilfenahme einer
Zwischenkühlflüssigkeit, wie es bei den mit Ammoniak betriebenen
Kälteerzeugungsmaschinen nothwendig ist, direct durch die zu kühlenden Getränke zu
führen, ohne auf den Geschmack derselben schädlich einzuwirken.
Maschinen mit Kohlensäure.
Obwohl sich die Kohlensäure zufolge ihres tief liegenden Condensationspunktes ganz
vorzüglich zur Gewinnung niederer Temperaturen eignet, stehen doch ihre bedeutenden
Spannungen einer allgemeineren Verwendung derselben für Kälteerzeugungszwecke im
Wege; dieselben betragen bei einer Temperatur der Kohlensäure von
+ 30°
75 at
0°
38 „
– 15°
25 „
– 30°
10 „
Die Einzeltheile einer Kälteerzeugungsmaschine mittels Kohlensäure sind hiernach ganz
erheblichen Drücken ausgesetzt und müssen aus diesem Grunde stärker gebaut werden
als die mit irgend welcher anderen Verdampfungsflüssigkeit betriebenen
Kältemaschinen, auch wird ein Dichthalten der Kolben und Stopfbüchsen grösseren
Schwierigkeiten begegnen als bei den übrigen Kältemaschinen.
Eine in Paris 1889 ausgestellt gewesene, nach den Angaben von Franz Windhausen in Berlin (1890 275 * 155) von
der Firma J. Hallot et Cie. in Brüssel erbaute
Kälteerzeugungsmaschine mittels Kohlensäure erzeugte stündlich 50 k Eis. Der
einfachwirkende Compressor war stehend angeordnet und wurde von einer 20pferdigen
Dampfmaschine, System Corliss, betrieben; die Spannung
variirte in demselben zwischen 75 und 80 at, je nach der Temperatur des
Condensationswassers, und die Kohlensäure gelangte mit einer Temperatur von – 15° C.
in den Verdampfer. In Anbetracht der hohen Spannungen war der Compressionscylinder
aus Gusstahl hergestellt und mit einem Mantel umgeben, in welchem kaltes Wasser
circulirte; im Uebrigen zeigte derselbe dieselbe Construction wie 1890 275 * 155 beschrieben. Condensator und Verdampfer bestanden aus eisernen
Schlangenrohren, welche auf entsprechend hohe Drücke geprüft waren.
Auch zur Kälteerzeugung auf Schiffen hat man in neuerer Zeit mittels Kohlensäure oder
einer anderen Verdampfungsflüssigkeit betriebene Maschinen in den Handel gebracht
und es haben dieselben ebenso wie die vorgenannten Kaltluftmaschinen
zufriedenstellende Resultate ergeben, was insofern beachtenswerth, als man vor nicht
gar zu langer Zeit derartige Maschinen auf Schiffsfahrzeugen, welche den Aequator
passiren, nicht vortheilhaft benutzen zu können glaubte.
Textabbildung Bd. 287, S. 79Fig. 5.Hall's Kuhlmaschine nach Windhausen. Eine solche Kältemaschine, ebenfalls nach Windhausen's Patent, zeigt die Abbildung Fig.
5; dieselbe ist nach Mittheilungen in Iron
vom 29. April 1892 S. 377 äusserst kräftig gebaut und erfordert in Anbetracht ihrer
Leistung nur einen geringen Aufstellungsraum. Zur Seite des inmitten der Grundplatte
gelagerten, zur Dampfmaschine gehörigen Oberflächencondensators liegt der Hoch-
bezieh. Niederdruckcylinder des Motors; die durchgehenden Kolbenstangen beider
Dampfcylinder dienen zum directen Betreiben der hinter ihnen gelegenen Compressoren
aus Gusstahl. Zur Condensation der Kohlensäure erforderliche Kühler, aus kupfernen
Rohren ohne Naht gebildet, sind in der Grundplatte der Maschine untergebracht. Jeder
Compressor lässt sich von der zugehörigen Kolbenstange loskuppeln, so dass, da zwei
von einander getrennte Kühler und Verdampfer vorhanden sind, die eine Maschinenseite
allein und unabhängig von der anderen Kälte erzeugen kann. Die Rohre des Verdampfers
sind aus Eisen, ebenfalls ohne Naht gefertigt und von einem schmiedeeisernen
Behälter umgeben, in welchem die Salzlösung circulirt.
Die Maschine war im Stande, bei einer Leistung von 65 indicirten einen
Raum für 50000 Stück geschlachteter Hammel mit der nöthigen Kälte zu versorgen.
(Schluss folgt.)