Titel: | Ein neuer Apparat zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen. |
Autor: | Johs. A. F. Engel |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 208 |
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Ein neuer Apparat zur Bestimmung der
Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen.
(D. R. P. Nr. 81572).
Von Johs. A. F. Engel
in Hamburg.
Mit Abbildungen.
Ein neuer Apparat zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von
Drehbewegungen.
Bekanntlich ist man seit langer Zeit bemüht gewesen, einen brauchbaren Apparat zur
Bestimmung der Unregelmässigkeiten, welche in der Bewegung unserer heutigen Motoren
vorkommen, zu construiren.
Diese Unregelmässigkeiten haben ihre Ursache einestheils in der nicht vollkommenen
Einwirkung des Regulators, welcher überhaupt erst dann eingreift, wenn die
Umdrehungsgeschwindigkeit der Maschine sich schon thatsächlich geändert hat,
anderentheils in den innerhalb einer und derselben Umdrehung auftretenden
Geschwindigkeitsschwankungen, welche nicht vom Regulator beeinflusst werden, sondern durch die
Ungleichmässigkeit des Druckes am Kolben und der Beschleunigungsdrucke
entstehen.
Erstgenannte Ungleichförmigkeiten könnte man auch als Aenderung der mittleren
Geschwindigkeit bezieh. als Aenderung der Tourenzahl bezeichnen, letztere
Ungleichförmigkeiten werden dagegen auch bei constanter Tourenzahl vorkommen
können.
Eine Turbine z.B. kann bei vollkommen gleichmässigem, stossfreiem Gange doch eine
erhebliche Abnahme oder Zunahme der Tourenzahl aufweisen; dahingegen kann eine
Dampfmaschine bei völlig constanter Tourenzahl bedeutende Schwankungen der
Geschwindigkeit innerhalb einer Umdrehung erleiden. Gerade die Erforschung der
feineren Geschwindigkeitsänderungen innerhalb einer Umdrehung hat bisher erhebliche
Schwierigkeiten geboten, und diese Schwierigkeiten sind durch den neuen Apparat
endgültig überwunden.
Die Vorrichtung besteht aus einer den Registrirapparat enthaltenden Trommel A auf der Welle C und
einem Schwungkörper B, der von der gleichen Welle
getragen wird, in deren Längsachse er in einem Spitzenlager liegt. Die Welle C ist gekröpft und geht durch eine Durchbrechung im
Schwungkörper, so dass letzterer etwas mehr als ⅓ Drehung relativ zur Trommel A machen kann.
Die Trommel A wird durch eine Mitnehmerkurbel mit der zu
prüfenden Maschine verbunden, indem man auf die Welle der letzteren entweder einen
Ring mit einer genau zur Kurbel passenden Bohrung aufkittet (Fig. 1) oder auch eine
Scheibe (Fig. 1a),
welche mit einem durch die Bohrung in der Mitte gesteckten Stift centrirt wird und
welche für alle Wellen passend ist. Der Ring (Fig. 1) braucht nicht
centrirt zu werden, dahingegen ist eine passende Spitze für den Mitnehmer
erforderlich, während für die Scheibe (Fig. 1b) immer die
gleiche Spitze benutzt werden kann. Ist es thunlich, die zu prüfende Welle selbst
anzubohren, so kann die Scheibe fortgelassen werden.
Die Trommel A macht, indem sie also fest mit der zu
prüfenden Welle verbunden ist, alle Veränderungen in deren Geschwindigkeit mit und
zunächst auch der Schwungkörper B, welcher anfangs
durch einen Bolzen h1
fest mit A gekuppelt ist.
Die Wirksamkeit des Apparates besteht darin, dass der Schwungkörper B, wenn losgekuppelt, mit gleichförmiger
Geschwindigkeit umläuft, während A fortfährt,
unregelmässig umzulaufen. Die Verschiedenheiten in den Winkelgeschwindigkeiten von
A und B werden dann
unmittelbar auf einen Schreibstift übertragen, welcher dieselben als Curve auf
Papier aufzeichnet.
Da der Schwungkörper B und die Welle C sich mit fast gleicher Geschwindigkeit umdrehen, so
kann die Reibung im Spitzenlager mit Null angenommen werden. Der einzige
Widerstand, den B zu überwinden hat, ist der
Luftwiderstand. Dieser kommt aber für wenige Umdrehungen, innerhalb deren die
Aufzeichnung der Curve geschieht, noch nicht in Betracht.
Zum Fest- und Loskuppeln des Schwungkörpers B sind zwei
Riegel vorhanden. Um den Schwungkörper vor Beginn des Versuches mit der Trommel A zu verbinden, dient, wie erwähnt, der Riegel h1 (vgl. auch Fig. 4). Man drückt auf
den Druckknopf n1, so dass die Sperrstange k1 (Fig. 2) aus der
Einkerbung von h1
heraustritt, schiebt den Riegel h1 in eine der Bohrungen i des in mittlerer Lage einzustellenden Schwungkörpers B hinein und lässt den Druckknopf n1 wieder los, so dass
k1 in die andere
Einkerbung des Riegels einfällt und denselben festhält. Hierbei wird die Feder o1 gespannt und der
Ansatz p1 drückt den
Hebel g1 entgegen dem
Drucke der Feder g3
zurück. Der Hebel g1
sitzt nebst dem Hebel g2 an der Achse g (Fig. 1, 2, 4 und 5) und diese Achse ist
mit den Traversen f1
und f2 starr mit der
Leiste f (Fig. 1, 2, 4 und 5) verbunden, welche in
der Fig. 4 gezeichneten
Lage den Schreibstift d am Schieber a in jeder Stellung des letzteren von der Rolle r zurückhält.
Textabbildung Bd. 303, S. 208
Vorrichtung zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen.
Der Schieber a gleitet auf der geradlinigen Bahn a1 (Fig. 3) und trägt eine
Hülse d1, über welche eine zweite Hülse mit dem Schreibstift
d gesteckt ist, die durch die Feder d2 gegen die Rolle r gedrückt wird, falls die Leiste f dieses nicht verhindert.
Der Riegel h2 wird,
indem man mit einem beigegebenen Instrument durch die Oeffnung in der Wand der
Trommel greift, gegen die Spannung der Feder o2 zurückgezogen in die Stellung Fig. 5, und die
Sperrstange k2 (vgl.
auch Fig. 2) legt sich
alsdann in eine Einkerbung dieses Riegels.
Die beiden Rollen r, welche das endlose Papierband e tragen, sind so in je einem Gestell gelagert, dass
man, nachdem die eine Rolle mit der am Gestell befindlichen Schraube der anderen
genähert wurde, das Papierband evon der Seite her durch die
Oeffnung der Trommel A frei über die Rollen r schieben kann. Das Papierband wird dann durch
Auseinanderschrauben der Rollen stramm gezogen.
Die Bewegung der Papierebene geschieht proportional der Winkelgeschwindigkeit der zu
prüfenden Maschinenwelle durch einen an der Trommel A
befindlichen Schnurtrieb s, mittels eines die Welle C umgebenden feststehenden Ringes. Auf den Schieber a dahingegen wird nach Loskuppelung des Schwungkörpers
die gleichförmige Bewegung des letzteren übertragen, und zwar geschieht dieses durch
den Schnurtrieb c (Fig. 3). Die Schnur c ist mit je einer Schleife über die Knöpfe z1 und z2 (Fig. 1 und 3) des Schiebers a gehängt, liegt in einer Rinne am Schwungkörper B und geht durch zwei Bohrungen des letzteren und durch
die Oese am Bolzen VI (Fig. 1). Durch
Herausziehen des letzteren ertheilt man der Schnur die richtige Spannung und stellt
den Bolzen VI mit der Schraube VII fest. Man richte ferner den in Schlitzen (vgl. Fig. 1b) drehbaren
Mitnehmer D so, dass für eine bestimmte Stellung der zu
prüfenden Maschine, etwa für einen Hubwechsel, die Druckknöpfe n1 und n2 gerade nach unten
gerichtet sind. Die Schraubbolzen y dienen zum
Feststellen des Mitnehmers.
Textabbildung Bd. 303, S. 209
Vorrichtung zur Bestimmung der Unregelmässigkeiten von Drehbewegungen.
Ist der Apparat nun nach dieser Vorbereitung, mit der Maschinenwelle gekuppelt, so
läuft das Papierband e um, ohne dass der durch die
Leiste f zurückgehaltene Schreibstift d dasselbe berührt.
Will man- die Aufzeichnung der Curve vornehmen, so schiebt man die Stange l1 am Fussgestell und
mit derselben die Rolle m1 zurück, zählt ein sechsmaliges Anschlagen des Druckknopfes n1 an der Rolle m1 ab und schiebt dann
mit der Stange l2 die
Rolle m2 zurück, worauf
der Versuch beendet ist.
Sobald bei diesem Vorgange die Rolle m1 den Druckknopf n1 zurückschlägt, löst letzterer die Sperrstange k1 (Fig. 1 und 4) aus. Der Riegel h1 schnellt zurück und
kuppelt den Schwungkörper B los. Zugleich verlässt der
Ansatz p1 den
Hebel g1, so dass die Leiste f
zurückweicht und der Schreibstift d sich gegen die
Papierfläche legt, wie in Fig.
1 dargestellt ist. Bei jedem ferneren Anschlagen der Rolle m1 an den Druckknopf
n1 wird letzterer
die Sperrstange k1 für
kurze Zeit zurückdrängen; diese trifft auf den Hebel g1 und f
zieht den Schreibstift d zurück, so dass an einer
vorbestimmten Stelle der Curve, z.B. einem Hubwechsel der Maschine, eine Lücke
entsteht. Damit diese Lücke überhaupt sichtbar wird, ist es nöthig gewesen, den
Druckknopf n1 mit einer
Plattenfeder V zu versehen. Anderenfalls würde die
Unterbrechung nur etwa ¼ mm betragen haben, also wegen der etwa ½ mm breiten
Schreibstiftspitze unsichtbar geblieben sein.
Berührt bei Beendigung des Versuches die Rolle m2 den Druckknopf n2, so wird die Sperrstange k2 (Fig. 2 und 5) aus dem Riegel h2
herausgezogen. Letzterer tritt in eine der Bohrungen i
des Schwungkörpers B ein und kuppelt denselben wieder
mit der Trommel A. Zugleich drückt der Ansatz p2 den Hebel g2 zurück, so
dass die Leiste f den Schreibstift d von der Papierfläche zurückzieht und eine
Aufzeichnung auf der weiter umlaufenden Papierbahn nicht mehr stattfindet.
Der Schieber a kann behufs Erneuerung des Schreibstiftes
herausgenommen werden. Man löst die Schraube VII (Fig. 1), drückt den
Bolzen VI zurück, so dass die Schnur c gelockert wird, nimmt die Schleife vom Knopf z1 (Fig. 3) des Schiebers a ab, drückt auf den Knopf II im Innern der Trommel, wodurch die Sperrfeder III zurückgedrängt wird, und zieht das eingesetzte Stück I mit der darauf befestigten Rolle c2 der Schnur
c und dem Schieber a
heraus. Der Stahlbügel IV stellt eine starre Verbindung
zwischen den beiden Gleitbahnen a1 her, welche wegen der Möglichkeit, den Schieber
hier frei durchzuführen, andernfalls nicht vorhanden sein würde.
Will man die Vorgänge innerhalb eines Motors mit diesem Apparat untersuchen, so ist
es nöthig, dass die Maschine entweder leer läuft oder gegen einen gleichmassigen
Widerstand arbeitet.
Es wird nun sofort eine Eigenthümlichkeit der erhaltenen Diagramme auffallen. Da
es nicht möglich ist, den Schwungkörper gerade dann loszukuppeln, wenn die Maschine
die mittlere Geschwindigkeit hat, so wird die Tourenzahl des Schwungkörpers sich von
der Tourenzahl der Maschine um ein Geringes unterscheiden. Der Schwungkörper wird
bei constanter Tourenzahl der Maschine also langsam vor- oder nacheilen, und das
Diagramm wird sich gleichmässig der Abscissenachse nähern oder sich von derselben
entfernen.
Bei nicht constanter Tourenzahl dagegen wird die Trommel A gleichfalls die Schwankungen der Geschwindigkeit innerhalb jeder
Umdrehung nach wie vor mitmachen; aber sie wird auch bei gleichmässiger Zunahme oder
Abnahme der Tourenzahl relativ gleichmässig vor- oder nacheilen. Diese Bewegung wird
sich zu dem oben erwähnten Vor- oder Nacheilen des Schwungkörpers entweder summiren,
oder sich gegen dasselbe theilweise ausgleichen, so dass sich eine Verschiebung der
ganzen Curve nach einer Seite als eine Resultirende aus der Veränderung der
Tourenzahl und der Differenz zwischen der mittleren Geschwindigkeit der Maschine und
der Geschwindigkeit des Schwungkörpers darstellt.
Findet eine solche gleichmässige Verschiebung der Curve statt, so ist entweder die
Tourenzahl constant oder sie ist gleichmässig veränderlich gewesen, weil ja die
Geschwindigkeit des losgekuppelten Schwungkörpers immer eine gleichmässige sein
muss. In der Regel liegt eine gleichmässige Verschiebung der Curve vor, und es ist
alsdann leicht, aus der erhaltenen Originalaufzeichnung die wahre
Ungleichförmigkeitscurve zu construiren.
Textabbildung Bd. 303, S. 210
Fig. 6. Versuche in den Hamburgischen Elektricitätswerken am 27. Juli 1896
Nachmittags 2 Uhr (Maschine 1439).Fig. 7. Desgl. am 24. Juli Nachmittags 2
Uhr (Maschine 1439).
Fig. 6 und 7 stellen in den Curven
a und b zwei Diagramme
dar, welche in den Hamburgischen Elektricitätswerken in der Poststrasse genommen
wurden, und zwar von einer 600pferdigen Maschine (Nr. 1439) von F. Schichau in Elbing, welche zum Lichtbetriebe bezieh.
zum Laden der Accumulatoren dient. Es ist eine direct mit der Dynamo gekuppelte
dreicylindrige stehende Condensationsverbundmaschine mit Regulator von Steinlé. Die Maschine macht 120 Umdrehungen in der
Minute. In Fig. 6 stellt
a die von dieser Maschine am 27. Juli 1896
genommene Curve dar, als die Leistung 1280 Ampère bei 220 Volt betrug. Die Curve
beginnt beim unteren Hubwechsel des Niederdruckkolbens, und die Lücke bezeichnet
jedesmal den gleichen Hubwechsel. Wie zu erkennen ist, zeigt die erste gemessene
Umdrehung eine geringe Unregelmässigkeit, während die nachfolgenden fünf Umdrehungen
eine gleichförmige Annäherung an die Abscissenachse erkennen lassen. Als
Maasstab dieser Annäherung dient die Differenz zwischen den Ordinaten y und y1 am Ende der ersten bezieh. sechsten Umdrehung.
Denkt man sich nun ein rechtwinkeliges Dreieck construirt, dessen eine Kathete
gleich der Abscisse y1y, dessen andere Kathete gleich der
Differenz der Ordinaten y-y1 der Curve a ist, so werden die Parallelen
zur letzteren Kathete gleich der Differenz zwischen den zugehörigen Ordinaten der
Originalcurve a und der wahren Ungleichförmigkeitscurve
a1 sein, welche man
erhält, indem man Punkt für Punkt diese Ordinatendifferenzen absteckt.
Die Curve a1 zeigt
nunmehr die wahren, innerhalb jeder Umdrehung vorkommenden Schwankungen der
Geschwindigkeit so, als ob ein Vor- oder Nacheilen des Schwungkörpers bezieh. eine
Aenderung der Tourenzahl der Maschine nicht stattgefunden hätte.
Das Diagramm Fig. 7 wurde
am 24. Juli 1896 von der gleichen Maschine genommen, und zwar bei Leergang, nachdem
kein Wasserschlag mehr in der Maschine zu hören war. b
ist die Originalcurve, b1 die wahre Curve der Ungleichförmigkeiten.
Die Schwingungsweite der Curve kann passend als Maass für die Ungleichförmigkeit
dienen, wenn auch nicht in dem Sinne, in welchem man bisher die Grösse der
Ungleichförmigkeit bestimmt dachte. Die bisherige Formel
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}, d.h. die
Differenz zwischen der grössten und kleinsten Geschwindigkeit eines mit der Welle
rotirenden Punktes, dividirt durch dessen mittlere Geschwindigkeit, lässt sich
gleichfalls aus der Curve ableiten. Die Werthe indessen, welche man früher aus
dieser Formel erhielt, waren bedingt durch die Unempfindlichkeit der verwendeten
Apparate, so dass Vmax und Vmin Durchschnittswerthe der Geschwindigkeit für relativ grosse
Zeitabschnitte waren. Verwendet man aber wie in vorliegendem Falle einen Apparat,
der auch kurze Stösse, also Schwankungen der Geschwindigkeit innerhalb sehr kleiner
Zeiträume genau aufzeichnet, so erhält man für Vmax und Vmin viel weiter aus einander liegende
Werthe, also anscheinend sehr ungünstige Gössen für δ.
Es zeigt dieses, dass die bisherige Bestimmung der Ungleichförmigkeit eine
unvollkommene war.
Nun kann man zwei Arten von Ungleichförmigkeit unterscheiden, erstens solche, die
eine grosse Schwingungsweite der Curve erzeugt bei abgerundetem Verlauf derselben
(kleineren Werthen der Tangente), und zweitens solche Ungleichförmigkeiten, welche
von kurzen heftigen Stössen im Motor herrühren bei kleiner Schwingungsweite der
Curve, aber grossen Werthen der Tangente.
Erstere Art von Ungleichförmigkeit beeinflusst im Wesentlichen den Gang der
angehängten Arbeitsmaschinen, während die letztgenannten Ungleichförmigkeiten mehr
für die Dauerhaftigkeit des Motors selbst in Betracht kommen; denn bei kleiner
Schwingungsweite der Curve werden sich kurze heftige Stösse innerhalb des Motors
wegen der Elasticität der Transmission kaum auf die Arbeitsmaschinen übertragen. Man
könnte also die alte Formel
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}
mit den genaueren Werthen für Vmax und Vmin als Maass für die Sanftheit des Ganges weiter benutzen, also als Maasstab zur
Beurtheilung der Haltbarkeit der mit der Welle der Maschine unmittelbar verbundenen
Maschinentheile, und es könnte eine neue Formel mit dem Factor der Schwingungsweite
der Ungleichförmigkeitscurve aufgestellt werden, nach der man die Gleichmässigkeit
der etwa durch eine Transmission übertragenen Bewegung besser beurtheilen kann als
durch obige Formel. Diese neue Formel würde folgendermaassen zu finden sein:
Die Curve entsteht durch Abwickelung der Schnur c von
einem Kreisbogen, welcher der Differenz zwischen den Wegen von Schwungkörper und
Trommel entspricht. Die Grösse des zugehörigen Kreises ist zu finden, wenn man bei
feststehender Trommel den Schwungkörper dreht und die Bewegung des Schlittens a abmisst. Zu diesem Behufe sind an der Trommel und am
Schwungkörper Marken angebracht, welche gestatten, ¼ Drehung des Schwungkörpers
genau abzulesen. Es ergab sich ein Weg von 86,5 mm für den Schlitten. Der Kreis, auf
welchen sich die vom Schreibstift verzeichnete Differenz der Winkelgeschwindigkeiten
bezieht, hat also U = 4 . 86,5 = 346 mm Umfang.
Die Schwingungsweite S der Curve eines Motors wird für
die Gleichmässigkeit des Betriebes einer Arbeitsmaschine um so weniger in Betracht
kommen, je schneller der Motor umläuft. Man erhält also einen Ausdruck für die
Brauchbarkeit eines Motors hinsichtlich der Gleichförmigkeit der an der
Arbeitsmaschine erzeugten Bewegung, wenn man die Schwingungsweite S der Curve durch den Weg dividirt, den ein Punkt des
erzeugenden Kreises in 1 Secunde zurücklegt:
\frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,S}{n\,.\,U}
(n = Tourenzahl).
Die Schwingungsweite der Curve a1 (Fig. 6) ist für die fünf
Umdrehungen, während deren die Curve a sich mit
gleichförmiger Geschwindigkeit verschob, bezieh. 6,6 6,5, 6,0, 6,0, 6,0, im Mittel
6,22 mm, mithin
\frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,6,22}{346\,.\,120}=\frac{1}{111,3}.
Die Schwingungsweite der Curve b1 (Fig. 7) bei Leergang der
Maschine ist dagegen während der vier Umdrehungen mit gleichmässiger Verschiebung
bezieh. 6,1, 6,0, 5,6, 5,9, im Mittel 5,9 mm, also
\frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,5,9}{346\,.\,120}=\frac{1}{117,3}.
Textabbildung Bd. 303, S. 211
Die Formel
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max-V_{min}}}{V_m}
lässt sich in folgender Weise aus der erhaltenen Curve
ableiten: Würde die Curve eine Gerade, parallel der Abscissenachse, sein, so wäre
die Geschwindigkeit jederzeit der mittleren Geschwindigkeit gleich. Hat die Curve
jedoch eine andere Gestalt, so wird sich dieselbe in einem unendlich kleinen
Zeittheilchen, während der Schreibstift den Weg dw
durchläuft, um die Strecke dr der Abscissenachse nähern
bezieh. sich von derselben entfernen, und es würde
\frac{d\,r}{d\,w}=tg\,\varphi sein. Würde die in diesem
Zeittheilchen vorhandene Geschwindigkeit für die Dauer einer Secunde beibehalten
werden, so würde der Schreibstift den Weg w\,.\,\frac{n}{60}
durchlaufen (w der Weg desselben während einer
Umdrehung) und die Abweichung würde betragen
r=w\,.\,\frac{n}{60}\,.\,tg\,\varphi.
Der Weg, den ein Punkt des erzeugenden Kreises mit der Geschwindigkeit Vmax in 1
Secunde zurücklegen würde, wäre also
\frac{U\,n}{60}+\frac{w\,n}{60}\,.\,tg\,\varphi_{max}
und es würde zu setzen sein:
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}
=\frac{\frac{U\,n}{60}+\frac{w\,n}{60}\,.\,tg\,\varphi_{max}-\left(\frac{U\,n}{60}+\frac{w\,n}{60}\,.\,tg\,\varphi_{min}\right)}{\frac{U\,n}{60}}
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}=\frac{w}{U}\,(tg\,\varphi_{max}-tg\,\varphi_{min}).
Für die Curve a1 ergibt
sich für tg φmax ein Werth von annähernd + 1,335, für tg
φmain dagegen – 1,267, w ist gleich 38 mm, also
\frac{1}{\delta}=\frac{38}{346}\,(1,335+1,267)=\frac{1}{3,499}.
Für die Curve b1 ist tg φmax
annähernd + 0,924, tg φmin = – 0,608, also
\frac{1}{\delta}=\frac{38}{346}\,(0,924+0,608)=\frac{1}{5,943}.
Die Formel für \frac{1}{\delta_1} zeigt, dass die Gleichförmigkeit
bei Leergang etwas grösser ist als bei Kraftleistung. Die Formel für
\frac{1}{\delta} dagegen weist nach, dass die Sanftheit des
Ganges bei grösserer Kraftleistung stark abnimmt.
Die zahlenmässigen Feststellungen können von gutem Nutzen sein bei Abnahmeversuchen
von Dampfmaschinen. Wichtiger aber erscheint die Curve als graphische
Darstellung.
Man erkennt z.B., dass bei Leergang die grösste Beschleunigung im dritten Viertel der
Drehung, vom unteren Hubwechsel des Niederdruckcylinders ab gerechnet, stattfindet,
was sich vielleicht aus der Einwirkung der Beschleunigungsdrucke im Verein mit dem
vorwiegenden Antrieb der Maschine durch das Vacuum der Centralcondensation erklären
lässt.
Bei Kraftleistung findet sich die grösste Beschleunigung kurz nach dem unteren
Hubwechsel des Niederdruckkolbens.
Probirt man mit dem Apparate bei einer Maschine nach einander den Einfluss
verschiedener Hubgewichte am Schwungrad, sowie die Einwirkung der Veränderung der
Compression, so wird es nicht schwer fallen, eine besonders sanft verlaufende Curve
zu erhalten. Ein Umconstruiren der Curve ist für diese Versuche unnöthig. Selbst für
die Auffindung der Schwingungsweite, welche doch am richtigsten als Maass für die
Ungleichförmigkeit dienen kann, genügt es, die Coordinatenebene der Curve um den
Winkel α bezieh. β (Fig. 6 und 7) zu drehen. Man erhält
dann die Schwingungsweite mit ausreichender Genauigkeit.
Genaue Resultate ergeben auch die von der physikalisch-technischen Reichsanstalt
eingeführten Stimmgabeldiagramme; aber aus den Aufzeichnungen der Stimmgabel ist die
Ungleichförmigkeitscurve nicht ohne weiteres erkenntlich, während der vorliegende
Apparat für den Fabrikanten die Bequemlichkeit bietet, die wahre bezieh. ganz
annähernde Gestalt der Ungleichförmigkeitscurve sogleich ablesen und innerhalb
weniger Minuten verschiedene solcher Curven von einer Maschine nehmen zu können.
Auch gibt der Apparat die Ungleichförmigkeit in der Weise an, dass man den Einfluss
der Tourenzahländerung leicht von dem Einflüsse der innerhalb je einer Umdrehung
sich zeigenden Massenwirkung u.s.w. schon bei blosser Betrachtung des Diagrammes
trennen kann, was die Wahl eines richtigen Schwungradgewichtes, der richtigen
Compression u.s.w. erleichtert.
Freilich kann aus dem Diagramm nicht auch auf den Einfluss des Centrifugalregulators
geschlossen werden; aber zur Beobachtung des letzteren genügt auch ein gutes
Centrifugaltachometer.
Man kann im Allgemeinen annehmen, dass diejenige Curve, welche nicht unmittelbar an
der Welle nahe dem Lager abgenommen wird, sondern nach Zwischenschaltung einer
Transmission von einiger Länge, sehr sanft verlaufen wird und eine Sinuslinie ist
oder doch einer Sinuslinie nahe kommt. Auch der starre Ring des Schwungrades macht
die Geschwindigkeitsänderungen nicht mehr in der Schärfe mit wie die Welle. Der
Werth von
\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}
kann für die Sinuslinie in einfacher Weise durch die
Formel
\frac{1}{\delta_0}=\frac{S\,.\,2\,\pi}{U}
ausgedrückt werden.
Für die Bezeichnung des Ungleichförmigkeitsgrades kommen also drei Formeln in
Betracht.
Erstens die Formel, welche die extremsten an der Welle eines Motors überhaupt
vorkommenden Geschwindigkeiten enthält:
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{max}-V_{min}}{V_m}=\frac{w}{U}\,(tg\,\varphi_{max}-tg\,\varphi_{min})
als Maass für die Sanftheit des Ganges; zweitens die Formel
für die zugehörige Sinuslinie:
\frac{1}{\delta_0}=\frac{S\,.\,2\,\pi}{U}
und drittens ein neuer Begriff, welcher die Brauchbarkeit
eines Motors zum Betriebe einer Arbeitsmaschine charakterisirt:
\frac{1}{\delta_1}=\frac{60\,.\,S}{n\,.\,U}.
Engel schlägt folgende neue Bezeichnungen für diese drei
Begriffe vor:
Für
\frac{1}{\delta}
Maximalgeschwindigkeitsdifferenz,
„
\frac{1}{\delta_0}
Sinusdifferenz,
„
\frac{1}{\delta_1}
secundliche Wegdifferenz.
Weitere Veröffentlichungen über diesen Gegenstand bleiben vorbehalten bis nach
Ausgabe eines Gutachtens seitens der physikalisch-technischen Reichsanstalt, welcher
der Apparat augenblicklich zur Prüfung vorliegt.
Dieser erste Apparat wurde durch die Firma Kroogsgaard und
Becker in Hamburg ausgeführt.
Hamburg, im Januar 1897.