Titel: | Neuerungen an Fahrrädern. |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 185 |
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Neuerungen an Fahrrädern.
(Schluss des Berichtes S. 170 d. Bd.)
Neuerungen an Fahrrädern.
VI. Zubehörteile.
Textabbildung Bd. 313, S. 185
Fig. 167.Lernapparat von Stukenbrok.
A. Stukenbrok in Einbeck bringt einen Apparat zum
Erlernen des Radfahrens in den Handel. Derselbe ist, wie Fig. 167 zeigt, bei jedem Rade, ob Herren- oder Damenmaschine, an der
Gabel des Hinterrades anzuschrauben und kann danach das Fahrrad sicher bestiegen
werden, da die zu beiden Seiten laufenden Räder dasselbe vor seitlichem Umfallen
schützen. Hieraus ergibt sich der Vorteil, dass der Lernende – weil durch keinerlei
ängstliches Gefühl beeinflusst – sofort einen ruhigen und sicheren Sitz hat und
deshalb das für Anfänger bekanntlich schwierige, ruhige Treten der Pedale, ferner
den Gebrauch der Lenkstange, der Bremse, der Glocke u.s.w. ohne besondere Hilfe in
selbständiger Weise in kürzester Zeit erlernt. Zum weiteren Fortschritt des
Lernenden werden die beiden kleinen Führungsräder etwas höher gestellt, was sich
mittels zwei Muttern ausführen lässt. Dadurch tritt ein geringes, abwechselndes
seitliches Schwanken ein, wobei aber die lernende Person immer noch vor einem
Umschlagen bewahrt bleibt, wohl aber wiederum selbständig die Herstellung des
Gleichgewichts erlernt. Die beiden seitlichen Führungsräder können dann allmählich
so hoch gestellt werden, dass die lernende Person vollständig frei dahinfährt,
während bei etwaigem Schwanken die beiden Führungsräder doch stets wieder in
Thätigkeit treten und ein Umschlagen der Maschine verhindern.
Unter Nr. 102213 wurde J. Th. Lübben und O. Sehrwald in Hamburg ein pneumatischer
Lenkstangengriff in Deutschland patentiert.
Zwar sind schon früher ähnliche Handgriffe vorgeschlagen worden (vgl. D. R. P. Nr.
55803), jedoch mussten alle diese Konstruktionen an der Lenkstange mit Klammern oder
durch ähnliche Hilfsmittel festgehalten werden, gerade wie die festen Handgriffe,
oder dieselben wiesen schwierig herzustellende Formen auf.
Textabbildung Bd. 313, S. 185
Fig. 168.Pneumatischer Handgriff von Lübben und Sehrwald.
Lübben und Sehrwald's
Handgriff wird nun, wie Fig. 168 zeigt, aus einem
einfachen glatten, an beiden Enden geschlossenen Schlauchstück b gebildet, welches in die Mündung des
Lenkstangenrohres a hineingesteckt wird.
Beim Aufpumpen nimmt dann der ausserhalb des Rohres liegende Teil die übliche Form
des Handgriffes an, während der Luftdruck gleichzeitig das andere Ende des
Schlauches im Rohr festpresst. Hierdurch wird einerseits eine sichere Befestigung
erzielt, während andererseits gleichzeitig infolge der elastischen Verbindung jede
Uebertragung der Erschütterungen auf die Hände und Arme verhindert wird.
Im Inneren des Handgriffes ist ein Rohrstück c
angebracht, dessen
Bund f dem inneren Boden die nötige Festigkeit
gibt.
In das äussere Ende desselben wird ein Ventil d
eingeführt, welches die Pressluft durch Oeffnung e in
den Schlauch einströmen lässt. Zur Sicherung und Spannung des Schlauches an der
Kante des Rohres a wird ein Ring g übergestreift, während an dem Ende des Rohres c eine Kappe g1 befestigt ist, welche dem äusseren Boden des
Schlauches mehr Halt gibt.
W. Kührt und Schilling in
Mehlis (Thüringen) bringen eine Vorrichtung in den Handel, welche ermöglicht, das
Fahrrad ohne Benutzung der Hände zu lenken. Zu diesem Zweck wird, wie Fig. 169 zeigt, die Vorderradgabel mittels zweier
Spiralfedern an dem schrägen Rahmenrohr festgestellt, ohne dass dieses die
Steuerfähigkeit beeinflussen würde.
Textabbildung Bd. 313, S. 186
Fig. 169.Feststellvorrichtung von Kührt und Schilling.
Eine leicht abnehmbare Kleiderschutzvorrichtung für Damenfahrräder ist A. Wagner in Magdeburg durch D. R. P. Nr. 101635 vor
Nachahmung geschützt.
Textabbildung Bd. 313, S. 186
Kleiderschutz von Wagner.
Wie Fig. 170 zeigt,
sind die einzelnen Schnüre a des Kleiderschutzes an
ihren äusseren Enden mit Oesen b ausgestattet; letztere
lassen sich in einem entsprechend geformten Blechstreifen c hin und her schieben. Auf der anderen Seite endigen die Schnüre a in einen oder mehrere Ringe d. Damit nun beim Auseinanderziehen des Kleiderschutzes die einzelnen
Schnüre die richtige Entfernung voneinander erhalten, sind dieselben noch durch eine
Schnur e gegenseitig miteinander verbunden. Die Enden
dieser Schnur e dienen, zum Festhalten des
auseinander gezogenen Kleiderschutzes. Die Blechstreifen c werden, wie Fig.
171 zeigt, an der Innenfläche des Schutzbleches zu beiden Seiten des Rades
befestigt.
In Fig. 172 ist der auf
je einer Seite des Rades liegende Kleiderschutz an einer gemeinschaftlichen Oese f befestigt, welch letztere zwischen dem an der
Innenfläche des Schutzbleches angeordneten Blechstreifen g und Schutzblech hin und her gleiten kann.
Dieser Kleiderschutz kann mittels dieser neuen Anordnung mit Leichtigkeit auseinander
gezogen und zusammengelegt werden; durch einfaches Loshaken des oder der Ringe d kann er sogar vollständig entfernt werden.
Eine an jedem Fahrrade leicht anzubringende Sicherheitsvorrichtung gegen Diebstahl
desselben ist diejenige System Jos. Herrmann in Singen,
Baden (D. R. G. M. Nr. 100572). Wie Fig. 173 zeigt, besitzt
dieselbe eine mit einem leicht ein- und ausschaltbaren Hammer versehene Pistole,
welche, wenn der Hammer eingeschaltet ist, schon bei der geringsten Bewegung des
Rades einen Schuss abgibt. Dies hat den Zweck, dass selbst bei lebhafter
Unterhaltung oder in geräuschvollen Lokalen u.s.w. der Eigentümer des Rades
aufmerksam wird, sobald dasselbe von unberufener Seite fortbewegt wird.
Die Handhabung ist eine einfache und ein besonderer Vorzug ist, dass der Apparat fast
unsichtbar unter dem Tretkurbellager befestigt sitzt und durch ein leichtes
Umhüllungskästchen gegen Staub und Schmutz gesichert ist (Fig. 174). Ein Versagen
des Apparates ist ebenso ausgeschlossen, wie das Abstellen desselben durch
Unbefugte.
Textabbildung Bd. 313, S. 186
Sicherheitsvorrichtung gegen Diebstahl von Herrmann.
Das Fahrradschloss (D. R. P. Nr. 101897) von C.
Stallmann in Neumünster gehört zu der Gattung von Schlössern, durch welche
das Lenkstangenrohr am Steuerrohr angeschlossen werden kann.
Zu diesem Zweck besitzt dasselbe, wie Fig. 175 bis 178 zeigen, zwischen
zwei Führungsringen cc einen drehbaren Ring d, welcher einen Schliessriegel e mit Schliessfeder e1 und einem Schieber f
trägt.
In der Schliesslage steckt der Riegel e in den beiden
Oeffnungen der Rohre a und b. Der Schieber f wird durch eine Feder f1, welche sich hinter
einen Ansatz d1 des
Ringes d legt, von dem Riegel zurückgehalten, und das
Schloss kann von einem Unbefugten nicht geöffnet werden.
Wird dagegen durch einen Schlüssel g, der für jedes
Schloss verschieden ist, die Feder f1 hinter dem Ansatz d1 vorgeschoben und der Schieber f mittels der äusseren Handhabe f2 gegen den Riegel gedreht (Fig. 177), so drängt
letzterer, indem er eine Schulter des Riegels mittels seines gabelförmigen Endes
(Fig. 179)
unterfasst, den Riegel aus den beiden Oeffnungen der Rohre zurück, so dass sich die
Lenkstange wieder frei drehen kann. Damit der Riegel e
nicht wieder in die Rohröffnungen zurücktritt, wenn der Schieber f wieder freigegeben und durch eine Feder h in seine Ursprungsstellung zurückgeführt ist, wird
der Ring d vor dieser Freigabe etwas gedreht, so dass
der Riegel e nicht mehr der Oeffnung des Steuerrohres
b gegenüber steht (Fig. 178).
Textabbildung Bd. 313, S. 187
Steuersperre von Stallmann.
Die Firma G. Hagendorf in Trebbin bringt eine
Kettenbürste einfachster Konstruktion in den Handel. Wie Fig. 180 zeigt, besitzt der längere Teil einer am Gabelrohr, der
Kettenseite zu, befestigenden Rohrschelle einen runden Ausschnitt, in dem die in
einem stumpfen Winkel zu einander stehenden Bürstenarme mittels Nuten und
Flügelmuttern enden. Der halbrunde Schlitz ermöglicht es, nicht nur die schlaffe
Kette anzuspannen, sondern auch zeitweilig die Bürste ausser Betrieb zu setzen, um
eine schmirgelnde Wirkung des Schmutzes auf die Ketten zu verhüten. In der
Festigkeit der Bürste glaubte man ein Uebriges zu thun, indem man sie nicht in Holz
einlegte, sondern zwischen Metallplatten presste.
Textabbildung Bd. 313, S. 187
Fig. 180.Kettenbürste von Hagendorf.
Die „Vorwärts“ benannte und durch D. R. G. M. geschützte Kettenbürste wird
auch einarmig in derselben Ausführung gefertigt.
Während diese Bürste nur eine praktischere Ausführungsform der üblichen rollenden
Kettenbürsten sein will, verfolgt die zum Patent angenommene Neuheit (Fig. 181) der Metallwarenfabrik E. Spiegel in Löbtau bei Dresden ein neues Prinzip der
Kettenreinigung. Der Erfinder dieser neuartigen Form geht davon aus, dass durch
mitgleitende Borsten nur der grosse Schmutz entfernt wird, dass dagegen die kleinen
Staubpartikelchen nur tiefer in die Kettenglieder eingerieben werden und dadurch
mehr eine abschleifende, als reinigende Wirkung erreicht wird.
Textabbildung Bd. 313, S. 187
Fig. 181.Kettenbürste von Spiegel.
Um eine möglichst tiefgehende Reinigung der Kette auf der inneren Seite zu erzielen,
lässt er die Bürste nicht in der Kettenlinie, sondern quer zu derselben arbeiten. Zu
diesem Zwecke ist dieselbe auf einer Welle aufgesteckt, die in den Ansatzstücken der
Bandfederklauen geführt ist. An dem anderen Ende der Welle ist ein Kork aufgesteckt,
der sich an dem Kettenrad reibt und auf diese Weise die rotierende Bewegung
hervorbringt. Der Lauf der Kette wird durch die ununterbrochene Entfernung des
eindringenden Staubes und Strassenkotes dauernd leicht erhalten.
Textabbildung Bd. 313, S. 187
Fig. 182.Gepäckträger von Minks und Dörstling.
Textabbildung Bd. 313, S. 187
Fig. 183.Gepäckträger von Minks und Dörstling.
Ein leicht zusammenschiebbarer Gepäckträger, der sich vornehmlich zur Verwendung für
grössere Gepäckstücke eignet, ohne das Gewicht des unbepackten Rades erheblich zu
erhöhen, ist von der Firma Minks und Dörstling in
Dresden aus Bandstahl hergestellt und durch D. R. G. M. und englisches und
österreichisches Patent geschützt. Wie Fig. 182
zeigt, nimmt derselbe ausser Gebrauch einen verhältnismässig geringen Raum ein.
Trotzdem er durch doppeltgekröpfte und gebogene Streben einen festen Halt am
Lenkstangenschaft bekommt, wird weder die Bremse in ihrer Wirkung gehindert, noch
die Möglichkeit, eine Laterne aufstecken zu können, beeinträchtigt. Er lässt sich
sowohl für runde als auch eckige Pakete in jeder Form und Grösse verwenden. Der
Zwischenraum zwischen dem Gepäckträger und den gebogenen Streben vor dem
Lenkstangenschaft eignet sich zur Aufnahme von Rollen. Das Gepäckstück befindet sich
sicher aufbewahrt immer vor den Augen des Fahrers, ein nicht zu unterschätzender
Vorteil. Hat man bezüglich des Gepäckstückes grosse Vorsicht nötig und ist
gezwungen, irgendwo Einkehr zu halten und das Rad auf der Strasse oder im Flur
stehen zu lassen, so braucht man das Gepäckstück nicht abzuschnallen, sondern man
hebt den Gepäckträger samt dem Gepäck dadurch ab, dass man denselben mittels zweier
Flügelschrauben vom Lenkstangenschaft löst.
Textabbildung Bd. 313, S. 187
Fig. 184.Gepäckträger von Minks und Dörstling.
Dadurch, dass die Streben scharnierartig durch Nieten verbunden sind, ist die
Einstellung des Gepäckträgers in jede für das Gepäck günstige Lage ermöglicht (Fig. 183 und 184).
Eine Neuerung in der Technik der Acetylenfahrradlaternen ist durch die Firma E. Markert in Berlin seit einiger Zeit auf den Markt
gebracht worden.
Man weiss, dass holperiges Pflaster und wellige Landstrassen einen sehr ungünstigen
Einfluss auf den Lichteffekt der Acetylenlaterne haben. Jeder Stoss hat ein
Aufzucken und plötzliches Kleinwerden der Flamme zur Folge, was bei unmittelbarer
Zuführung des Acetylens zum Brenner in den meisten Fällen noch ein öfteres
Verlöschen der Flamme bewirkt. Wenn auch viele neuere Systeme diesen Uebelstand
nicht mehr aufweisen, so haben sie doch mehr oder minder das lästige Zucken nicht
beseitigen können. Die neue, „Vulcano“ benannte Laterne dieser Firma besitzt
nun einen eigenartigen Gasdom. Dieser gänzlich vom Karbidbehälter isolierte Raum
empfängt das Gas durch ein haarfeines Reinigungssieb l
(Eig. 185), alle unreinen Substanzen werden hier schon abgesetzt, doch muss das Gas,
um zum Brenner zu gelangen, noch das Schlangenrohr m
durchlaufen, wobei die infolge der allgemein üblichen tropfenförmigen
Wasserzuführung entstandene ruckweise Entwickelung des Gases möglichst ausgeglichen
wird und das Acetylen gleichmässig dem Brenner zuströmt. Dadurch ist es nur möglich,
die ungünstige Wirkung plötzlicher Stösse auf holperigem Pflaster oder ähnlichen
Wegen aufzuheben. Es wird höchstens eine permanent etwas höhere Flamme die Folge
sein, doch kann es nie vorkommen, dass die Flamme plötzlich kleiner, dann wieder
grösser wird und zuletzt gar verlöscht. Dass auf Asphalt und völlig ebenen Strassen
die Flammen stets eine Wenigkeit kleiner brennen wie auf Pflaster und unebenen
Wegen, liegt daran, dass das Wasser langsamer und ruhiger in den Behälter tropft,
während es bei letzteren ruckweise hineingeschleudert wird. Die verschiedene Stärke
der Wasserzufuhr lässt sich nicht ändern und ist bei allen bisher existierenden
Systemen noch zu finden, jedoch ist die Wirkung der ruckweisen Entwickelung bei
dieser Lampe möglichst beseitigt. Der Gasdom i wird
mittels eines Flügels mit Bajonettverschluss, und der Karbidbehälter k mittels eines Einsteckscharniers ef und einer Flügelschraube a an den oberen Teil angepresst. Der Lichteffekt der gleichmässig
brennenden Flamme wird durch einen auswechselbaren Aluminiumreflektor erhöht. Die
Laterne ist sauber gearbeitet und fast sämtliche Teile derselben sind angenietet und
angelötet.
Textabbildung Bd. 313, S. 188
Fig. 185.Acetylenlaterne von Markert.
M. Retemeyer in Berlin bringt eine auf neuem System
basierende Acetylenlampe mit automatischer Zündvorrichtung auf den Markt. Wie Eig.
186 zeigt, wird bei derselben das Karbid nicht lose in den Behälter E gelegt, sondern dasselbe befindet sich in einer
separaten Messinghülse, die in den Behälter E
eingebracht wird. Die Reinigung und Füllung geht dadurch, dass diese Hülse, wenn
dieselbe ausgebrannt ist, durch eine neue ersetzt wird, rasch und bequem vor sich.
Selbstredend können die Hülsen immer wieder verwendet werden. Einen weiteren
Vorteil besitzt diese Laterne durch ihre selbstthätige Anzündvorrichtung, welche
dadurch erfolgt, dass ein hinter dem Reflektor in einer Zündtrommel eingelegtes
Amorceband mittelst eines Knopfes gedreht und zur Explosion gebracht wird. Diese Art
der Zündung versagt selbst heftigstem Sturm und Regen nicht, und kann ohne
abzusteigen, vom Rade aus bethätigt werden. Zur Sicherung gegen Explosionsgefahr ist
ein Ventil S vorgesehen, durch welches das Gas bei zu
starker Entwickelung durch den Bügel ins Freie geleitet wird.
Textabbildung Bd. 313, S. 188
Fig. 186.Acetylenlaterne von Retemeyer.
Die Bedienung erfolgt in einfacher Weise durch Drehung des Wasserhahnes A um 1/4 oder ½, und durch Drehung des seitlichen
Knopfes nach links, wodurch die Entzündung des entwickelten Gases erfolgt. Sollten
sich am Brenner Unreinlichkeiten festgesetzt haben, so löst man die Schraube D, setzt die Luftpumpe an und bläst einmal mit leichtem
Druck durch.
Obwohl man annehmen könnte, es wären Verbesserungen an solchen Acetylenlaternen
unmöglich, bei denen noch das Wasser tropfenweise zugeführt wird, so treten immer
noch solche auf, die meist Beachtung erwecken können.
Trotz der Einfachheit mancher Lampen wird noch zu wenig darauf Rücksicht genommen,
dass das Karbid oft sehr schwer in kleinen Stücken beschaffbar ist, dass aber die
Zerkleinerung desselben nicht allemal in der ergiebigsten Weise vorgenommen werden
kann, dass Umstände auch sehr oft die Zerkleinerung am Kaufsorte verbieten. Viele
Acetylenlaternen haben einen Behälter, der nur für erbsengrosses oder kleineres
Karbid eingerichtet ist, und zu dem in der Mitte desselben sich noch ein Rohrsieb
zur besseren Verteilung des Wassers befindet. So einfach eine Laterne sonst sein
mag, wird sie durch diese Einrichtung nur noch komplizierter.
Die von O. R. Fischer in Barmen in den Handel gebrachte
Acetylenlaterne „Loreley“ ist höchst einfach und funktioniert absolut
zuverlässig. Wie Fig. 187 zeigt, weicht dieselbe in
der Form erheblich von dem Gros der Acetylenlaternen ab, sie ähnelt vielmehr einer
etwas grösseren Oellaterne. Der charakteristische Vorzug liegt in der eigenartigen
Wasserzufuhr und dem bequemen Karbidbehälter. Die Regulierung des Wasserzuflusses
erfolgt durch eine neben der Einfüllöffnung hinter dem Kamin sich befindliche, mit
Einkerbungen zur Regulierung versehene Schraube a.
Durch eine Feder b, welche sich in die Einkerbungen
presst, wird der auf eine bestimmte Tropfenzahl eingestellte Wasserzufluss permanent
beibehalten. Vom Wasserbehälter geht das Wasser nach dem Karbidbehälter durch einen
kleinen, leicht abnehmbaren Gummischlauch und verteilt sich im Karbidbehälter durch
eine im Inneren rings um denselben gehende mit Löchern versehene Rinne, so dass also
das Karbid nicht tropfenweise, sondern allmählich möglichst gleichmässig auf allen
Seiten befeuchtet wird.
Erreicht wird dieses dadurch, dass das Wasser nicht in der Mitte des
Karbidbehälters eingeführt wird, sondern seitlich (ausserhalb), was noch den Vorteil
der vollständigen Zugänglichkeit der Wasser-Aus- und Eintrittsöffnungen hat,
speziell des Ventils, dessen Stange nach oben vollständig herausgeschraubt werden
kann. Ein fernerer Vorteil dieser Anordnung ist der, dass das Ventil, weil es sich
vollständig ausserhalb des Karbidbehälters befindet, nicht „verkalken“ kann,
also auch die bei anderen Laternen angebrachten Schutzvorrichtungen gegen das
Verkalken überflüssig sind. Sodann ist, infolge dieses Arrangements, das sonst in
der Mitte des Karbidbehälters übliche gelochte Wassersteigrohr überflüssig geworden,
da, wie schon erwähnt, das Wasser innerhalb des Karbidbehälters aussen herum
geleitet wird. Letzterer ist vollständig für das Karbid frei und kann, da er
ausserdem noch sehr flach ist, besonders leicht gereinigt werden. Auch das sonst zur
Erleichterung regelmässigen Tropfens notwendige, in der Ventilöffnung steckende
Drähtchen, ist hier überflüssig, weil das Wasser überhaupt nicht in den
Karbidbehälter hinein tropft, sondern, da es bis zum Boden Führung hat, fliesst.
Textabbildung Bd. 313, S. 189
Fig. 187.Acetylenlaterne von Fischer.
Um die bei der direkten Tropfvorrichtung so leicht herbeigeführte üble ruckweise
Entwickelung des Gases mit dem lästigen Zucken der Flamme im Gefolge zu vermeiden,
wird am besten bei dieser Lampe das Karbid in kleinen Beutelchen eingelegt, deren
Gewebe die Eigenschaft besitzt, das Wasser rasch aufzusaugen und dadurch jedenfalls
eine möglichst gleichmässige Entwickelung herbeizuführen. Die Benutzung der
Beutelpackung besitzt ausserdem noch den Vorzug, dass die Füllung des
Karbidbehälters rasch von statten geht, ohne besondere Vorsicht zu erfordern, ja
selbst im Dunkeln vorgenommen werden kann, und dass ferner die Reinigung des
Karbidbehälters nur sehr selten vorgenommen zu werden braucht, weil man einfach den
Beutel herauszunehmen und wegzuwerfen hat, wenn der darin befindliche Karbidvorrat
zu Ende gegangen ist. Die Füllung der Beutel erfolgt von der Fabrik, es ist darum
ausgeschlossen, dass in dem Behälter zu viel Karbid enthalten sein kann, wodurch das
Kalkhydrat selbst keinen Platz mehr hat, von dem ausströmenden Gase mit in den
Brenner gesogen wird und so die Ursache für eine rötliche, russende, unruhige Flamme
wird. Ist jedoch der Beutelvorrat ausgegangen, so schadet es nichts, wenn in den
Behälter direkt Karbid eingeschüttet wird; er ist so gross, dass auch grosse Stücke
darin bequem Platz finden können.
Da die neueren Acetylenlampen eine Schlauchverbindung nicht mehr kennen, so hat man
angefangen, überhaupt ein Vorurteil gegen dieselben zu fassen. Dieses mag berechtigt
sein, wenn es sich darum handelt, das Gas dem Brenner durch einen Gummischlauch
zuzuführen, nicht aber, wenn die Schlauchverbindung nur dazu dient, die Wirkung der
bei Stössen aus dem Ventil geschleuderten Tropfen zu mildern und das Wasser
möglichst gleichmässig dem Entwickelungsraum zuzuführen.
Bei der „Loreley“ soll ausserdem durch die Abnehmbarkeit des Schlauches die
Sauberhaltung der Lampe erleichtert werden, indem nämlich für den Fall, wenn Karbid
in das Wasserzuführungsrohr eingedrungen sein sollte, dieses leicht beseitigt werden
kann.
Der Karbidbehälter wird durch Hebelverschluss angepresst. Ein doppelter Siebeinsatz
vermeidet, dass Partikelchen in den Brenner gelangen, die Flamme bleibt also eine
gleichmässig ruhige, intensiv weisse. Ihr Lichtreflex wird durch den grossen
Reflektor kräftig unterstützt. Die sonst die Linse umgebenden Luftlöcher sind hier
nach der unteren Seite des Reflektors verlegt, so dass den Fahrer keine seitlichen
Lichtstrahlen blenden.
Die Anordnung des Brenners unmittelbar über dem Karbidbehälter – ohne Gasleitung –
und die unter dem Brenner befindliche, abschraubbare Schutzkappe bewirken, dass
diese Laterne frei von den unangenehmen Wirkungen ist, die das Ansammeln von
Kondenswasser in der Gasleitung sonst notwendig im Gefolge hat.
Eine Acetylenlaterne, welche ebenfalls von dem Tropfsystem abgeht, bringt die Firma
Acetylenwerk Augsburg -Oberhausen Keller und
Knappich unter dem Namen „Baldur“ auf den Markt. Das Wasser wird
hier ebenfalls von unten dem Karbid, welches sich in einer Patrone befindet,
zugeführt.
Die Gaserzeugung erfolgt nur successive je nach Verbrauch und der Gasdruck verhindert
das zu starke Herandrängen der Wassersäule.
Die Gasproduktion ist eine regelmässige, das Licht brennt vollständig gleichmässig
und ein Verlöschen der Flamme kommt selbst bei den grössten Stössen durch Fahren auf
unebenem Terrain nicht vor. Einen weiteren Fortschritt weist die Laterne insofern
auf, als kein gasdichter mechanischer Verschluss angebracht ist, sondern dass das
Gas direkt durch das Wasser abgeschlossen wird.
Die Handhabung ist eine einfache, bequeme und reinliche und der Umstand, dass das
etwa noch nicht verbrauchte Karbid völlig trocken bleibt, dürfte gleichzeitig einen
wirtschaftlichen Vorteil bedeuten.
Seit einiger Zeit bringt die Bicycle-Export-Company in
Hamburg eine neue Kerzenlaterne (System Asp) auf den
Markt. Bei derselben wird, wie Fig. 188 zeigt, der
Laternenhalter in üblicher Weise am Fahrrad festgeklemmt, und kann so sitzen
bleiben, während die Laterne anderswo sich befindet, z.B. zum Anzünden, zum
Kerzenwechsel oder in der Tasche.
Beim Erneuern der Kerze wird der Kerzenhalter vollständig aus der Laterne
herausgezogen, und kann nach Einsetzen der Kerze fernrohrartig in den Laternenraum
hinaufgeschoben werden und demgemäss zwei Stellungen, den beiden Rillen des
Kerzenhalters entsprechend, einnehmen (Fig. 189).
Textabbildung Bd. 313, S. 189
Kerzenlaterne von Asp.
Die Kerze wird durch den geöffneten Deckel oben im Laternenraum angezündet, worauf
derselbe geschlossen, und der Kerzenhalter nach unten gezogen wird, indem man
denselben gleichzeitig nach rechts dreht, bis der Halter in seine obere Rille fest
hineinschnappt. Wird der Kerzenhalter weiter hinuntergezogen, so erstickt die Flamme
schnell.
Durch die eigenartige innere Konstruktion dieser Laterne ist es dem Erfinder
gelungen, die Benutzung der Kerze in dem kleinen inneren Laternenraum zu
ermöglichen, und das Verlöschen derselben, selbst bei schneller Fahrt oder Wind,
unmöglich zu machen.
Fig. 190 zeigt eine
kleine, aber doch laut und helltönende Glocke von W.
Kührt und Schilling in Mehlis (Thüringen). Zur
Verwendung kommen hier Bronzeschalen, welche mit verschiedenen Verzierungen in
Hochrelief versehen sind. Fig. 191 zeigt den Mechanismus dieser Glocke, welcher auf dem Prinzipe
der Zentrifugalkraft beruht und dadurch bethätigt wird, dass mit dem Hebel a ein Zahnsegment verbunden ist, welches in ein Zahnrad eingreift.
Dieses Zahnrad greift wiederum in ein kleineres ein, das fest an der Brücke, auf
welcher die Klöppel sitzen, befestigt ist. Diese beiden Klöppel sind nun in Stifte
b gelagert, jedoch ist die Bohrung dieser
scheibenförmigen Klöppel grösser als die Dicke der Stifte b, wodurch bei der Drehung der Brücke die Klöppel mittels Zentrifugalkraft
gegen eine im Inneren der Glockenschale befindlichen Nase geschleudert werden.
Textabbildung Bd. 313, S. 190
Lenkstangenglocke von Kührt und Schilling.
Eine Radläuferglocke derselben Firma zeigt Fig. 192.
Dieselbe wird mit der Bremsstange so verbunden, dass bei leichtem Anziehen derselben
das Laufrädchen der Glocke mit dem Radreifen in Berührung kommt, und in rasche
Umdrehung versetzt wird.
An diesem Laufrädchen sind zwei Stifte vorgesehen, welche nach jeder halben Umdrehung
den Klöppel zum Anschlag bringen. Zu erwähnen ist noch, dass sich bei stärkerem
Anziehen der Bremse die Glocke selbstthätig ausschaltet. Als weitere Neuheit bringt
diese Firma unter dem Namen „Herkules“ eine durch Riemenzug zu bethätigende
Glocke (Fig. 193) in den Handel. Dieselbe ist
besonders für den Grossstadtverkekr geeignet, da durch zwei drehbare Klöppel b, welche durch Drehung des Rädchens a gegen die Glocke geschleudert werden, ein kräftiger
Schall erzeugt wird.
Textabbildung Bd. 313, S. 190
Fig. 192.Radlaufglocke von Kührt und Schilling.
Textabbildung Bd. 313, S. 190
Fig. 193.Radlaufglocke von Rührt und Schilling.
Dieselbe Firma bringt noch eine kleinere Radlaufglocke in den Handel, welche den
Hebelmechanismus sowie das allgemein übliche, seitlich angebrachte Laufrädchen,
welches die Klöppel trägt, entbehrt. Dagegen ist hier über den Glockenschalen ein
Ring drehbar; derselbe wird dadurch mit dem Radreifen in Berührung gebracht, dass
sich die Glocke senkt, was hier aber nicht durch Zug, sondern mittels eines
Drückers, welcher an der Lenkstange befestigt ist, geschieht. Mit diesem Drücker ist
die Glocke mittels eines Drahtseiles verbunden und wird durch eine am Drücker
befindliche Spiralfeder in der Ruhelage gehalten. Zur Bethätigung der Glocke genügt,
hier den Finger auf den Drücker zu setzen, welcher nach Freilassung sofort mittels
der Spiralfeder die Glocke hebt. Letztere hat den Vorteil, dass sie den ganzen
Mechanismus innerhalb der Schalen trägt und, da das Laufrädchen hier als ein über
dem Spalt der beiden Glockenschalen laufender Ring ausgebildet ist, wird ein
Eindringen von Schmutz vermieden, wodurch die Glocke stets funktioniert.
Textabbildung Bd. 313, S. 190
Fig. 194.Radlaufglocke von Thieme.
J. H. Thieme in Naumburg a. d. Saale ordnet nach seinem
D. R. G. M. Nr. 108673 die Glocke seitlich an der Gabelscheide an. Die Bethätigung
derselben geschieht auch hier, wie Fig. 194 zeigt,
mittels zweier auf der Achse des Laufrädchens drehbar befestigter Klöppel, welche
abwechselnd gegen die Glockenschale geschleudert werden. Das Laufrädchen befindet
sich hier im Gegensatz zu anderen Glocken hinter der Gabel, doch ist der Riemenzug,
wie üblich, vor derselben angeordnet.
Eine Signalglocke mit Schiessapparat (System König in
Erfurt, D. R. P. Nr. 95822) bringt L. Oberwegner in
München in den Handel. Dieselbe unterscheidet sich von derjenigen in D. p. J. 1899 311 204
beschriebenen dadurch, dass statt der Platzpatronen Amorcebänder Verwendung
finden.
Textabbildung Bd. 313, S. 190
Fig. 195.Glocke mit Schiessapparat (System König) von Oberwegner.
Wie Fig. 195 zeigt, findet die Bethätigung der Glocke
wie gewöhnlich durch den Hebel b statt, während der
Schiessapparat durch Hebel a in Thätigkeit gesetzt
wird, was folgendermassen geschieht: Durch Druck auf den Hebel a wird eine mit Zähnen versehene Scheibe in Umdrehung
versetzt. Dieselbe hebt einen Hammer, und während gleichzeitig das mit
Explosionsmasse versehene Band unter Vermittelung einer federnden Platte zwischen
Hammer und Amboss geschoben wird, schnellt ersterer gegen den Amboss, wodurch eine
Explosion und somit ein Knall stattfindet. Zum Erneuern des Amorcebandes lässt sich
die obere Glockenschale durch einen einfachen Fingerdruck abheben.