Titel: | Die günstigsten Kurbelwinkel für stationäre Mehrkurbelmaschinen. |
Autor: | Reinhold Rüdenberg |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 418 |
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Die günstigsten Kurbelwinkel für stationäre
Mehrkurbelmaschinen.
Von Reinhold Rüdenberg,
Hannover.
Die günstigsten Kurbelwinkel für stationäre
Mehrkurbelmaschinen.
Bei ortsfesten Dampfmaschinen, die zum Betriebe von Fabriken oder für
elektrischen Antrieb dienen, ist ein Schwungrad erforderlich, das die Schwankungen
im Drehmomente bis zu einem gewissen Grade ausgleicht und daher die
Winkelgeschwindigkeit der Antriebswelle ziemlich gleichförmig macht. Die Grösse
dieses Schwungrades richtet sich einerseits nach dem Arbeitszweck und dem für diesen
noch zulässigen Ungleichförmigkeitsgrade der Drehung, andererseits nach dem
Drehkraft-Diagramm der vorlegenden Maschine, das die tangentiale Kurbelkraft als
Punktion des Drehwinkels darstellt. Der zeitweilige Ueberschuss der Dampfarbeit über
die Widerstandsarbeit der antreibenden Maschine wird im Schwungrade aufgespeichert,
um während eines folgenden Zeitabschnittes den Mangel zu decken. Betrachten wir als
häufig vorliegenden Fall eine doppeltwirkende Einzylinder-Dampfmaschine, so stellt
uns das Drehkraft-Diagramm eine Wellenlinie dar, die während eines Umlaufes zwei
Minima in den Totpunkten, und zwei Maxima in zwei dazwischen liegenden
Kurbelstellungen besitzt. Die Kurve des Widerstandsdruckes ist in erster Annäherung
eine Gerade und gleich der mittleren Höhe der Wellenlinie, wenn der
Beharrungszustand eingetreten ist. Genau genommen ist die Kurve des Widerstandes
meist nicht unabhängig von der Drehkraftkurve, doch sind die Aenderungen nur klein,
jedenfalls ändert dies nichts am Prinzip der späteren Betrachtungen. Die Arbeit, die
im Schwungrade aufzuspeichern ist, ist bekanntlich gleich der Fläche, die zwischen
der Drehkraft- und der Widerstandskurve liegt, wenn diese im entsprechenden
Maasstabe gemessen wird. Dabei ist nicht eine beliebige Fläche zu nehmen, sondern
die grösste algebraische Summe mehrerer aufeinander folgender Flächen ist der
Berechnung zugrunde zu legen. Je kleiner diese Fläche ist, um so kleiner im
unmittelbaren Verhältnisse darf man das Schwungrad ausführen, um noch eine bestimmte
Gleichförmigkeit der Drehung zu erzielen. Man wird sich also stets bemühen, durch
passende Annahme der Geschwindigkeiten, der Füllungen usw. die Drehkraftkurve
möglichst geradlinig verrufen zu lassen, da dann die überschiessenden Flächen klein
werden. Hierauf hat wohl zuerst RadingerRadinger,
Dampfmaschinen mit hoher Kolbengeschwindigkeit, 1892. S. 91. in
seinem bahnbrechenden Werke hingewiesen, in dem er sogar eine „Geschwindigkeit
gleichmässigster Drehkraft“ berechnet.
Weit günstiger als bei Einzylindermaschinen liegen diese Verhältnisse bei Zwei- und
Mehrkurbelmaschinen, bei denen man es in der Hand hat, durch passende Ueberdeckung
der Diagramme eine ziemlich gleichmässige resultierende Drehkraft zu erzielen.
Gewöhnlich nimmt man an, dass dieser Ausgleich am besten sei. wenn mandie
Kurbeln um 90° bezw. 120° gegeneinander versetzt, da dann der Mangel an der einen
Kurbel mit dem Ueberschusse an der anderen zeitlich zusammenfiele. Schon Radinger betont, dass dies nicht unter allen Umständen
zutrifft, auch findet man hier und da wenige Zweikurbelmaschinen mit anderen
Kurbelwinkeln als 90° ausgeführt. Dass das resultierende Drehkraft-Diagramm bei
verschiedenen Kurbelwinkeln verschieden gut ausfallen wird, ist ja einleuchtend, da
aber die Diagramme im allgemeinen unregelmässige Kurven darstellen, die keinerlei
Symmetrie zeigen, so wird meist eine Kurbelversetzung von 90° noch nicht die
günstigste sein. Um nun diesen „günstigsten Kurbelwinkel“, wie wir ihn nennen
wollen, zu bestimmen, verfährt man gewöhnlich so, dass man sich die resultierenden
Drehkraftlinien für eine grössere Anzahl von Winkeln aufzeichnet, dieselben
planimetriert und den günstigsten Fall heraussucht. Vorausgesetzt wird natürlich,
dass der Kurbelwinkel nicht schon durch andere Rücksichten, als die hier erörterten,
festliegt, was aber selten der Fall ist. Schon bei Zweikurbelmaschinen ist dies
Verfahren sehr mühsam und nimmt viel Zeit in Anspruch, bei Dreikurbelmaschinen aber
ist eine solche Menge von Kombinationen möglich, dass man sich nur schwer durch sie
hindurchwinden wird, obgleich gerade hier der Mühe reicher Lohn winkt. Noch
schlimmer ist es bei Vierkurbelmaschinen, die aber als ortsfeste Maschinen kaum
vorkommen.
Um diese umständliche Bestimmung der günstigsten Kurbelwinkel auf graphischem Wege zu
vermeiden, habe ich versucht, sie rechnerisch festzulegen. Der erste Schritt hierfür
ist natürlich, die graphisch gegebene Grösse, hier das Tangentialdruck-Diagramm, in
eine für die Rechnung brauchbare Formel zu bringen. Bei dem rein periodischen
Charakter des Vorganges – denn andere Veränderungen können garnicht vorher bestimmt
werden und sind zu starkem Wechsel unterworfen – wird man, wie es bereits von
verschiedenen Seiten geschehen, natürlich das Fouriersche Theorem anwenden, das besagt: Jede periodische Veränderung kann
aufgefasst werden als Resultat einer Summe von Sinusschwingungen, deren einzelne
Perioden in ganzzahligen Verhältnissen zu einander stehen, und deren Amplituden
konstante Grössen sind, die sich für einen bekannten Vorgang bestimmen lassen. Wir
können also den Tangentialdruck an einer Kurbel darstellen als Funktion des
Drehwinkels durch eine Reihe von der Form:
A0 +
A1 . cos φ + A2 cos 2 φ + A3 cos 3 φ +. . . + B1 sin φ + B2 sin 2 φ + B3 sin 3 φ + . . .
Wieviel Glieder der Reihe, die streng genommen unendlich ist, man nehmen will,
richtet sich nach dem Grade der gewünschten Annäherung an die vorliegende Drehkraftkurve, Das
grösste Glied wird ausser der Konstanten offenbar die Schwingung zweiter Ordnung
sein, aber auch die von vierter Ordnung kann, wenn starker Massendruck vorhanden
ist, recht beträchtlich werden. Die Glieder von ungerader Ordnungszahl werden, wie
mathematische Erörterungen zeigen, lediglich durch die Verschiedenheit der beiden
Diagrammhälften hervorgerufen, sind also auf die endliche Länge der Schubstange, das
Kolbengewicht bei stehenden Maschinen usw., zurückzuführen. Sie dürfen keinesfalls
vernachlässigt werden, will man einigermassen genau rechnen. In den späteren
Rechnungen benutze ich die Reihe bis zum fünften Gliede einschliesslich; das
letztere fällt schon ziemlich klein aus und könnte allenfalls gestrichen werden. Von
hier ab konvergiert die Reihe sehr schnell. Noch weiter zu gehen, hat aus dem Grunde
keinen Zweck, weil das gegebene Drehkraft-Diagramm doch nur für eine ganz bestimmte
Belastung gilt, für jedes andere Diagramm ändern sich aber die harmonischen Glieder
höherer Ordnung ungleich stärker als die von niedriger. Ueberhaupt gelten die zu
ermittelnden günstigsten Kurbelwinkel, der Annahme entsprechend, genau nur für diese
bestimmte Belastung der Maschine, unter der weiteren Voraussetzung, dass das
entworfene Drehkraft-Diagramm den tatsächlichen Verhältnissen genau entspricht. Mit
demselben Rechte aber, mit dem man das Diagramm der üblichen Schwungradberechnung
zugrunde legt, darf man aus demselben auch die Kurbelwinkel berechnen, nur muss man
sich von vornherein darüber klar sein, dass die Resultate keine mathematisch exakten
sind.
Die Forderung nach einem möglichst starken Ausgleich der Schwankungen des
Drehmomentes ist nicht mehr neu. Bei Schiffsmaschinen kam man schon vor längerer
Zeit auf den Gedanken, die Erzitterungen des ganzen Schiffskörpers durch Erzielung
gleichförmiger Antriebskraft zu vermindern. Erneutes Interesse gewann das Problem
durch die Versuche Frahms, der das Rätsel der
Schiffswellenbrüche auf den ungleichförmigen Antrieb und die Resonanz mit
Eigenschwingungen zurückführte. Da bei Schiffsmaschinen die Kurbelwinkel meist durch
den Schlickschen Massenausgleich festgelegt sind, so
gibt Prof. LorenzLorenz, Dynamik der Kurbelgetriebe, S.
103. eine sehr einfache Formel für diejenige Verteilung der
Gesamtarbeit auf die einzelnen Zylinder, für die obige Forderung möglichst erfüllt
wird, die Arbeitsverteilung hängt dann von den gewählten Winkeln ab. Nun wird man
sich bei ortsfesten Maschinen nicht gern an eine bestimmte Arbeitsverteilung binden,
sondern lieber umgekehrt die Winkel berechnen, da hier ein Massenausgleich nur
selten in Frage kommt. Einer einfachen Uebertragung der Lorenzschen Theorie steht aber der Umstand im Wege, dass dieselbe auf
Grundlagen beruht, die bei Schiffsmaschinen sehr wohl, bei ortsfesten Maschinen aber
fast nie zutreffen. Voraussetzung der ganzen Rechnung ist nämlich, dass die
Kurbelwinkel bereits auf Massenausgleich berechnet sind, was bekanntlich nur für
Vierkurbelmaschinen möglich ist. In der Fourierschen
Reihe für die Drehkraft darf man dann dem zweiten Gliede gegenüber alle anderen
vernachlässigen, da diese bei Massenausgleich im Resultate nur sehr klein sind. Die
Schlüsse, die Lorenz auf Zwei- und Dreikurbelmaschinen
zieht, dass hier bei gleicher Arbeitsverteilung die günstigsten Winkel stets 90°
bezw. 120° betragen, sind dementsprechend nicht allgemein richtig. Lorenz setzt ferner voraus, dass sämtliche
Drehkraft-Diagramme einander ähnlich sind, ersetzt die Drehkraft = Tm (1 – cos 2
φ). Dies trifft allgemein auch nicht zu, sondern
oft liegt beim Hochdruck-Diagramm der Buckel nach hinten, beim Niederdruck-Diagramm
nach vorn verschoben.
Wir werden sehen, dass auch hierdurch gerade andere Winkel empfehlenswert sind.
Die Lorenzsche Formel, die auf vierkurbelige
Schiffsmaschinen zugeschnitten ist dürfen wir also auf zwei- und dreikurbelige
ortsfeste Maschinen nicht übertragen. Ich werde mich auf diese beiden Maschinenarten
beschränken, da sie die am meisten vorkommenden sind.
Textabbildung Bd. 319, S. 418
Für Schwungradmaschinen hätte man nach dem oben Gesagten die Forderung des Ausgleichs
folgendermassen zu stellen, falls man ganz streng verfahren wollte: Die Kurbelwinkel
sollen so gewählt werden, dass im resultierenden Drehkraft-Diagramm die grösste
überschiessende Fläche (inbezug auf die gerade Widerstandslinie) f ein Minimum wird (Fig. 1c). Also, wenn
Δ T den jeweiligen Druckunterschied bedeutet, den
das Schwungrad aufnimmt bezw. abgibt, soll f=\int_{\varphi_1}^{\varphi_2}\,\Delta\,T\,\cdot\,d\varphi ein Minimum sein. Um die
Methoden der Differentialrechnung anwenden zu können, müsste man f als Funktion der Kurbelwinkel darstellen und nach
diesen differentiieren. Nun ist aber zu beachten, dass erstens die
Integrationsgrenzen φ1
und φ2 nicht
gleichbleibend sind, sondern selbst von den Kurbelwinkeln abhängen, und zweitens,
dass f gar keine stetige Funktion der Kurbelwinkel ist,
dass man also garnicht durch Differentiation das Minimum aufsuchen kann. In Fig. 2b ist
für einen später zu behandelnden Fall einer Zweikurbelmaschine die grösste Fläche
abhängig vom Kurbelwinkel α aufgetragen; man sieht, an
einer. Stelle ist ein analytisches Minimum vorhanden, das andere wird durch einen
Knick gebildet. Aber auch schon die veränderlichen Integrationsgrenzen würden das
Problem mathematisch zu einem unlösbaren machen.
Nun können wir unsere Forderung aber auch noch anders fassen, wodurch sie allerdings
einen etwas anderen Sinn erhält. Wir können sagen: die Drehkraftlinie soll sich
einer Geraden möglichst anschmiegen. Dann können unmöglich grosse Ueberschussflächen
entstehn.
Diese Gerade wird natürlich die Widerstandslinie sein,
mit der das Diagramm im idealen Falle gleichbedeutend würde, meist wird es sich
jedoch nur um dieselbe herumschlängeln. Nach dem Prinzipe der kleinsten Quadrate,
ist nun die mittlere Abweichung oder der mittlere Fehler des Diagrammes: die
Quadratwurzel aus dem Mittel der Quadrate aller einzelnen Abweichungen der
Drehkraftlinie von der Geraden, oder
m^2=\frac{1}{2\,\pi}\,\int_0^{2\,\pi}\,(\Delta\,T)^2\,\cdot\,d\varphi . . . . 1)
Danach müssen wir die Kurbelwinkel so wählen, dass dieser mittlere Fehler oder, was
dasselbe sagt, sein Quadrat möglichst klein wird.
Der Zusammenhang dieses Ausgleichgesetzes mit dem vorigen ergibt sich, wenn man nicht
wie dort setzt:
\int_{\varphi_1}^{\varphi_2}\,\Delta\,T\,\cdot\,d\varphi=\mbox{Minimum},
sondern
\int_{\varphi_1}^{\varphi_2}\,(\Delta\,T)^2\,\cdot\,d\varphi=\mbox{Minimum}.
Textabbildung Bd. 319, S. 419
Man hat dann den Vorteil, nur mit positiven Grössen zu operieren, und da man dies
Gesetz auch auf die übrigen Flächen anwenden muss – denn diese könnten Ja bei
Veränderung der Kurbelwinkel die grössten werden – so ergibt sich durch einfache
Summierung über die ganze Periode die Uebereinstimmung mit der letzten Formel, bis
auf den unwesentlichen Faktor 2π. Die veränderlichen
Integrationsgrenzen sind bei der Addition herausgefallen. Da wir die Quadratflächen
(f' in Fig. 1d) möglichst
klein machen wollen, so ist es klar, dass auch f klein
sein muss, obgleich das Minimum nicht notwendig übereinzustimmen braucht. In der
ganzen Periode von 0 bis 2π ist m2 eine stetige Funktion der
Kurbelwinkel, so- dass man differentiieren darf, um das Minimum zu bestimmen.
Um einen Vergleich zu ermöglichen, ist in Fig. 2sowohl m2 als auch
die grösste Ueberschussfläche f als Funktion des
Kurbelwinkels für die erwähnte Maschine aufgetragen. In diesem Falle tritt ein
Minimum für f und m2 zweimal ein und zwar für beide Grössen
bei denselben Kurbelwinkeln, was als Prüfstein für die
Zulässigkeit des Ansatzes gelten mag. Im allgemeinen wird der errechnete Winkel
nicht so genau mit dem durch Probieren zu findenden übereinstimmen, jedoch ist bei
den unsicheren Grundlagen der ganzen Rechnung, dem Drehkraft-Diagramme, nach dem
oben Gesagten übergrosse Genauigkeit nicht notwendig.
Unser resultierendes Drehkraft-Diagramm können wir, genau so wie seine Komponenten
oben, als periodische Reihe darstellen. T (φ)
bezeichnet die Drehkraft der gesamten Maschine vor der Einleitung in das Schwungrad,
die bei dem jeweiligen Drehwinkel φ der Kurbel
vorhanden ist
T (φ) = T0+ T'1 cos
φ + T'2
cos 2 φ + T'3 cos 3 φ + . . . + T''1 sin φ + T''2 sin 2 φ+ T''3 sin 3 φ . . .
Der einfacheren Rechnung wegen wollen wir dies schreiben in der Form:
T (φ) = T0+ T1 sin (φ + ψ1) + T2 sin (2 φ + ψ2) + T3 sin (3 φ + ψ3) +. . .
oder allgemein:
T (φ) =T0+ ΣnTn sin (n φ + ψn) . . 2)
Dann bedeutet bekanntlich:
T_n=\sqrt{{T_n}'^2+{T_n}''^2}
die Amplitude der nten
Harmonischen,
\psi_n=\mbox{arctg }\frac{T'_n}{T''_n}
ihre Phasenverschiebung gegen den Nullpunkt. Beide, Tn und ψn sind natürlich
abhängig von den „Kurbelwinkeln“, d.h. von den Versetzungswinkeln zweier
Kurbeln, unabhängig dagegen von dem zeitlich veränderlichen „Drehwinkel“ der
Kurbel, Diese beiden Ausdrücke mögen streng unterschieden werden, da sie gänzlich
verschiedene Dinge darstellen. Durch Integration von T
(φ) über die ganze Periode ergibt sich, da
\int_0^{2\,\pi}\,T_n\,\mbox{sin}\,n\,\varphi\,\cdot\,d\varphi-0,
T_0=\frac{1}{2}\,\pi\,\int_0^{2\,\pi}\,T(\varphi)\,\cdot\,d\varphi . . . . 3)
d.h. T0 ist gleich der mittleren Höhe des Diagrammes oder gleich dem konstanten
Widerstandsdrucke der getriebenen Maschine. Man erhält also, wie leicht zu
ersehen:
T (φ) – T0= ΔT = ΣnTn . sin (n φ + ψn).
Um das oben definierte mittlere Fehlerquadrat zu bestimmen, haben wir zu bilden:
m^2=\frac{1}{2\,\pi}\,\int_0^{2\,\pi}\,\left\{\Sigma_n\,T_n\,\mbox{sin}\,(n\,\varphi+\varphi_n)\right\}^2\,\cdot\,d\varphi
=\frac{1}{2\,\pi}\,\int_0^{2\,\pi}\,\left\{T_1\,\mbox{sin}\,(\varphi+\psi_1)+T_2\,\mbox{sin}\,(2\,\varphi+\psi_2)+...\right\}^2\,\cdot\,d\,\varphi
Da das Integral über die ganze Periode, genommen von einem Produkt zweier Sinus mit
verschiedener Periode, verschwindet, also:
\int^{2\,\pi}\,\mbox{sin}\,(p\,\varphi+\varphi_p)\,\cdot\,\mbox{sin}\,(q\,\varphi+\psi_q)\,d\varphi=0
ist, so bleiben nur die Quadrate auf der rechten Seite
stehen
m^2=\frac{1}{2\,\pi}\,\int_0^{2\,\pi}\,\left\{{T_1}^2\,\cdot\,\mbox{sin}^2\,(\varphi+\psi_1)+{T_2}^2\,\cdot\,\mbox{sin}^2\,(2\,\varphi+\psi_2)+...\right\}\,d\varphi
Ferner ist:
\int_0^{2\,\pi}\,\mbox{sin}^2\,(m\,\varphi+\psi_m)=\pi,
also
m^2=\frac{1}{2}\,({T_1}^2+{T_2}^2+{T_3}^2+...)=\frac{1}{2}\,\Sigma_n\,{T_n}^2 . 4)
Die mittlere Abweichung hängt also nur von den Amplituden der Harmonischen ab, nicht
von ihren Phasenverschiebungen, ein Resultat, das den
Wechselstrom-Elektrotechnikern, die sich mit periodischen Reihen beschäftigen,
längst bekannt sein wird. Die Integrationen hätten auch ohne weiteres aus der
Theorie der harmonischen Funktionen übernommen werden können, sie sind nur im
Interesse der Vollständigkeit kurz angeführt. Die Forderung des Ausgleichs schreibt
uns also vor, die einzelnen Drehkraft-Diagramme so gegeneinander zu versetzen, dass
die Summe der Quadrate der Amplituden aller einzelnen Harmonischen möglichst klein
wird. Wir hätten also die Amplituden als Funktion der Kurbelwinkel darzustellen, um
darauf die Ausdrücke
\frac{d}{d\,\alpha}\,\Sigma_a\,{T_n}^2;\ \frac{d}{d\,\beta}\,\Sigma_n\,{T_n}^2
bilden zu können, wenn α, β die
Kurbelwinkel bezeichnen.
Die Rechnung möge zuerst für eine Zweikurbelmaschine durchgeführt werden. Das
Drehkraft-Diagramm der Kurbel I (z.B. der Hochdruckkurbel) Fig. la sei dargestellt
durch die Reihe:
F (φ) = A0 + ΣnAn cos n φ + ΣnBn sin nφ . 5)
das der Kurbel II (der Niederdruckkurbel) Fig. 1b durch:
G (φ) = C0 + ΣnCn
cos n φ + ΣnDn sin n φ . . 6)
Diese beiden Funktionen F (φ) und G (φ) sind völlig unabhängig voneinander und sagen über
die spezielle Form der Diagramme garnichts aus, solange man mit den unbestimmten
Amplituden rechnet. Durch Einsetzen von Zahlenwerten für dieselben schmiegen sich
die Funktionen jedoch jeder gegebenen Drehkraftkurve beliebig genau an. Die
resultierende Drehkraft setzt sich nun zusammen aus der Summe der einzelnen, Fig. 1c,
jedoch so, dass die Kurbel I den Winkel φ erreicht hat,
wenn Kurbel II erst beim Winkel φ – α steht, α ist dann der Versetzungswinkel der beiden Kurbeln, I
eilt vor, II eilt nach. Wir haben also zu schreiben:
T (φ) = F (φ) + G (φ – α)
oder nach Einsetzen der Reihenausdrücke:
\left\{\left{{+A_0+\Sigma_n\,A_n\,\mbox{cos}\,n\,\varphi+\Sigma_n\,B_n\,\mbox{sin}\,n\,\varphi}\atop{+C_0+\Sigma_n\,C_n\,\mbox{cos}\,n\,(\varphi-\alpha)+\Sigma_n\,D_n\,\mbox{sin}\,n\,(\varphi-\alpha)}}\right\right\}\
.\ 7)
Damit die weitere Rechnung durchsichtig bleibt, führe ich sie nur für das
allgemeine Glied mit dem Indexe n durch. Es ist also,
wenn die Funktionen der Winkeldifferenz aufgelöst werden und noch alle Glieder nach
sin φ und cos φ geordnet
werden:
+\Sigma_n\left\{\left{{+(A_n+C_n\,\mbox{cos}\,n\,\alpha-D_n\,\mbox{sin}\,n\,\alpha)\,\mbox{cos}\,n\,\varphi}\atop{+(B_n+C_n\,\mbox{sin}\,n\,\alpha+D_n\,\mbox{cos}\,n\,\alpha)\,\mbox{sin}\,n\,\varphi}}\right\right\}\
.\ 8)
Der Vergleich mit der früher angenommenen Formel für T
(φ):
T (φ) = T0 + ΣnTn' cos n φ + ΣnTn'' sin nφ
ergibt, da beide Formeln für jeden Drehwinkel φ gelten müssen, die Uebereinstimmung der konstanten
Koeffizienten, also:
T0 = A0 + C0
Tn' = An + Cncos n α – Dn sin
n α
9)
Tn'' = Bn + Cncos n α – Dn sin
n α
Die erste Gleichung wäre auch ohne mathematische Ableitung zu erkennen, sie zeigt,
dass die Arbeitsleistung der Maschine unabhängig von α ist; die beiden letzteren
lassen sich noch zusammenfassen zu:
Tn2= (An + Cn cos n α – Dn sin n α)2
+ (Bn + Cn sin n α + Dn cos n α)2
Die Ausquadrierung ergibt:
Tn2= An2+ Bn2+ Cn2 + Dn2
. . 10)
+ 2 (AnCn
+ BnDn) cos n α – 2 (An
Dn
– Bn
Cn) sin na
Diese Gleichung gibt uns den Zusammenhang der Amplituden der Harmonischen im
resultierenden Drehkraftdiagramm mit dem Kurbelwinkel. Um den günstigsten zu
bestimmen, differenzieren wir ΣnTn2
nach α, also:
\frac{d}{d\,\alpha}\,\Sigma_n\,{T_n}^2=\left\{\left{{-2\,\cdot\,\Sigma_n\,n\,(A_n\,C_n+B_n\,D_n)\,\mbox{sin}\,n\,\alpha}\atop{-2\,\cdot\,\Sigma_n\,n\,(A_n\,D_n-B_n\,C_n)\,\mbox{cos}\,n\,\alpha}}\right\right\}=0
oder, wenn man zur Abkürzung schreibt:
an= – n (AnDn– BnCn); bn= – n (AnCn+BnDn) . . . . 11)
\frac{d\,m^2}{d\,\alpha}=\frac{d}{d\,\alpha}\,\left(\frac{1}{2}\,\Sigma_n\,{T_n}^2\right)=\Sigma_n\,a_n\,\mbox{cos}\,n\,\alpha+\Sigma_n\,b_n\,\mbox{sin}\,n\,\alpha=0 . . . 12)
Durch diese Gleichung ist der günstigste Kurbelwinkel festgelegt. Wir finden ihn am
bequemsten, wenn wir uns die periodische Funktion von α, denn eine solche stellt die transzendente Gleichung ja wieder dar, als
Kurve aufzeichnen und den Schnittpunkt mit der Nullinie aufsuchen. Dann können wir
auch gleich entscheiden, für welchen Winkel ein Maximum oder Minimum der Abweichung
eintritt, die fallenden Teile der Kurve liefern Maxima, die steigenden Minima, wie
aus dem Zusammenhange mit dem zweiten Differentialquotienten hervorgeht.
(Fortsetzung folgt.)