Titel: | Submarine Kraftübertragungen elektrischer Energie in der Ostsee. |
Autor: | L. B. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 248 |
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Submarine Kraftübertragungen elektrischer Energie
in der Ostsee.
(Schluß von S. 228 d. Bd.)
Submarine Kraftübertragungen elektrischer Energie in der
Ostsee.
Ueber die Verlegung der zwei kurzen Enden von je 335 m Länge zwischen dem
Stralsunder Ufer und der Insel Dänholm wäre etwa noch folgendes zu bemerken:
Die Trommeln wurden auf einem Prahm hintereinander auf besondere Böcke gebracht,
welche etwas versetzt angeordnet waren.
Zum Herüberziehen des Prahms befand sich auf dem vorderen Teil desselben eine Winde,
die mit dem am anderen Ufer verankerten Seil verbunden war.
Gegen Abtrieb wurde der Prahm durch vier verankerte und mit den Ecken des Prahms
verbundene Seile geschützt, welche entsprechend angezogen oder gelockert werden
konnten.
Textabbildung Bd. 328, S. 248
Abb. 7.Eine Fischerflotille dient als Stützpunkt für das zu verlegende
Kabel.
Die Tiefe der Baggerrinne für die Kabel betrug etwa 1 m.
B. Seekabelverlegung
Wittow-Rügen.
Im Anschluß an die Verlegung der Stralsund-Rügener Kabel wurden dann von den Siemens-Schuckertwerken im
November 1912 noch zwei Kabel derselben Konstruktion von je 430 m Länge bei der
Wittower Fähre nach der Halbinsel Wittow a. Rügen verlegt (s. Abb. 1 S. 225).
Die Durchquerung des Wassers wurde einer Leitungsführung auf dem bedeutend
längeren Landwege vorgezogen, da auf letzterem Stromabnehmer kaum in Frage kommen.
Die beiden Kabel waren auf Holztrommeln von etwa 2,8 m ⌀ und 1,5 m Breite
angeliefert und direkt am Rügener Ufer auf Holzböcken gelagert. Ein Dampfer aus
Stralsund nahm am entgegengesetzten Ufer (Halbinsel Wittow) mit dem Bug nach dem
Lande zu Aufstellung. Vom Dampfspill des Dampfers aus führte eine Stahltrosse über
die am Wittower Ufer verankerte Rolle und von da zurück durch die ganze Breite des
Wassers zu den Kabeltrommeln.
Die Trosse wurde an beiden Kabeln befestigt, so daß diese beim Arbeiten des Spills
gleichzeitig durch das Wasser nach Wittow hinübergezogen wurden. Von den beiden
Ufern aus waren kurze Rinnen für die Kabel unter Wasser gebaggert worden.
Um bei dem bedeutenden Gewicht der beiden Kabel von je 10 250 kg und dem teilweise
recht schlammigen Grunde dennoch ein sicheres Hinübergleiten zu erzielen, wurden die
Kabel an seetüchtigen Fischerbooten befestigt.
In Abständen von etwa je 25 m fuhr ein Boot nach dem anderen – jedes mit zwei
Mann Besatzung – dicht vor den Kabeltrommeln über die von dem Ufer in das Wasser
gleitenden Kabel. An jeder Längsseite der Boote wurde ein Kabel mittels Taues
befestigt. Das Dampfspill zog das Boot 25 m weiter, um den Platz für das nächste
Boot freizumachen usw. Die Schiffahrt war für den Verlegungstag gesperrt (Abb. 7).
Textabbildung Bd. 328, S. 249
Abb. 8.Seekabelverlegung Fehmarnsund.
Die Beleuchtung der Kabelstrecke mit den Booten erfolgte in der Nacht durch
Scheinwerfer vom Dampfer aus, um fremde Schiffe aufmerksam zu machen und zum Stoppen
zu veranlassen. Die Stahltrosse mußte nämlich, um ein Abtreiben der Boote zu
verhindern, während der Pause auf dem Wasserspiegel straff gespannt bleiben.
Es waren beim Wiederbeginn der Arbeiten am anderen Morgen noch etwa 200 m Kabel auf
den Trommeln. Das weitere Hinüberziehen der Kabel stieß auf bedeutende
Schwierigkeiten. Infolge eines Sturmes und des damit verbundenen heftigen Schwankens
der Boote hatten sich einige der Befestigungstaue gelöst und diese waren in dem
Grund bereits versandet.
Schließlich gelang es noch, die beiden Kabelenden soweit über das Ufer zu bringen,
als dies erforderlich war. Die Kabelenden wurden am Ufer verankert und dann erfolgte
das Losschneiden der Taue, mit denen die Kabel an den Booten angehängt waren. Die
Verlegung war hiermit beendet.
C. Seekabelverlegung
Fehmarnsund.
Ein drittes Beispiel von submariner Kraftübertragung bietet die Verlegung von
Seekabeln durch den Fehmarnsund.
Bekanntlich versorgen die Siemens elektrischen Betriebe
durch die Ueberlandzentrale Lübeck unter anderem einen großen Teil von Holstein mit
elektrischer Kraft und Licht. Um an diese Anlage auch die Insel Fehmarn anschließen
zu können, war es nötig, zwei Hochspannungskabel von 3 × 25 qmm für 11000 Volt
Betriebsspannung durch den Fehmarnsund zu verlegen. Von der Hauptstation Göhl i.
Holstein führen zunächst Freileitungen bis zur Ueberführungsstation an der
Küste. Von hier reichen die Kabel durch den Sund bis zu einer gleichen Station auf
Fehmarn, welche wieder als Ausgangspunkt für das Leitungsnetz auf der Insel
dient.
Die Entfernung der beiden Ufer voneinander beträgt etwa 1 km.
Aus Fabrikations- und Transportrücksichten wurden auch hier, wie bei der
vorbeschriebenen Verlegung durch den Stralsunder Bodden, die beiden Kabel in je zwei
Teillängen geliefert. Die zwei größten Versandtrommeln erhielten einen Durchmesser
von etwa 3000 mm bei 1800 mm Breite. Das Gewicht einer Trommel mit Kabel betrug etwa
20000 kg.
Die Kabel wurden mit der Eisenbahn vom Kabelwerk der Siemens-Schuckertwerke, Berlin, nach Kiel
befördert, wo sie mit dem Kran der Kruppschen
Germaniawerft in die Kabelschiffe verladen und nach Fehmarn verschifft wurden.
Bei Ankunft an der Insel Fehmarn wurden am Ufer zwei Richtbaken aufgestellt sowie ein
Drahtseil durch den ganzen Sund gelegt und auf der Festlandseite fest verankert.
Dieses Seil lag in Richtung der Kabeltrace; an dem Seile sollten die Kabelschiffe
während der Verlegung gezogen werden.
Die Verlegung begann an dem Kabelhaus auf Fehmarn. Das Wasser war so tief, daß das
erste Schiff mit den zwei Kabeln bis auf 20 m an das Ufer fahren konnte. Die
Kabelenden wurden über das Schiffsheck in das Kabelhaus hineingezogen (Abb. 8 und 9).
Nachdem die beiden Kabelenden im Hause festgemacht waren, wurde ein Buganker
ausgelegt und das Schiff mittels Hiewen am Pumpspill so weiterbewegt, daß die Kabel
in das Wasser abliefen.
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Abb. 9.Anlandbringen des Kabelendes.
Nachdem auf diese Weise einige 100 m Kabel verlegt waren, kam ein Sturm auf, der es
nötig machte, die Arbeiten einzustellen. Die Schiffe wurden verankert und alle
Vorbereitungen getroffen, um nötigenfalls die Kabel kappen zu können, damit die
Schiffe von der Küste sich nach See retten konnten. Die Kabelenden wären dann mit wasserdichten
Verschlüssen versehen und im Wasser an Bojen befestigt worden. Glücklicherweise
legte sich das Wetter bald wieder, so daß am nächsten Tage die Arbeiten wieder
aufgenommen werden konnten. Der Dampfer nahm die Kabelschiffe ins Schlepptau und
steuerte in langsamer Fahrt dem Festlande zu. Die Kabel liefen mit einer
Geschwindigkeit von 30 bis 40 m i. d. Min. ab.
Textabbildung Bd. 328, S. 250
Abb. 10.Die Kabelenden werden auf dem Schiff durch Seekabelmuffen
verbunden.
Die beiden Enden der nun fertig verlegten Kabel wurden auf dem Schiffe mittels
Stoppern befestigt (Abb. 10) und unter einem Zelt
für die Verbindung mit den beiden anderen Kabeln vorbereitet. Das Schiff wurde fest
vor Anker gelegt, und das Ausladen der zweiten Längen von dem anderen Schiffe aus in
derselben Weise wie oben beschrieben bewirkt, nachdem die Enden der Kabel auf das
verankerte Schiff hinübergebracht waren.
Die Herstellung der beiden Verbindungen erforderte zwei Tage und zwei Nächte bei
fast ununterbrochener Arbeit, analog der Abb. 4 (S.
227).
Währenddessen waren die Kabel in das Ueberfüh-rungshaus auf dem Festlande eingeführt
worden. Die Verbindungsmuffen wurden dann unter Zuhilfenahme der beiden Schiffe und
den auf denselben befindlichen Mastwinden in einer Wassertiefe von etwa 10 m
versenkt (Abb. 11).
Textabbildung Bd. 328, S. 250
Abb. 11.Versenken der Kabelmuffe.
Während der gesamten Verlegungsarbeiten wurde die Lage der Kabel mittels Sextanten
bestimmt und in die Seekarte eingezeichnet. Die Verwendung der Sextanten empfiehlt
sich bei derartigen Verlegungen durchaus, da man damit die Länge der zurückgelegten
Strecke jederzeit bestimmen kann. Es ist dazu nur notwendig, vorher am Ufer eine
Bake aufzustellen, deren genaue Höhe bekannt ist.
L. B.