Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 405 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Die Berechnung einer Dampfturbine auf Grund des
Wärmeinhalt-Volumendiagramms. Für den Entwurf von Ueberdruck-Dampfturbinen
ist die Beziehung zwischen Wärmeinhalt und Volumen während des Durchgangs des
Dampfes durch die Turbine von besonderer Wichtigkeit, so daß der Gedanke naheliegt,
bei der Berechnung ein Wärmeinhalt-Volumendiagramm zu benutzen. Ein solches hat J.
Morrow seinem im Vorjahre bei Julius Springer
erschienenem Werk „Entwerfen und Berechnen von Dampfturbinen“ beigefügt. Beim
Aufzeichnen des Diagramms wurden die neuesten Dampftabellen Molliers sowie die auf Ermittlung der spezifischen Wärme des Dampfes
bezüglichen Arbeiten Knoblauchs benutzt.
Textabbildung Bd. 330, S. 405
Kurven der Wärmegefälle und
Dampfvolumina beim Durchgang durch die Turbine unter Zugrundelegung eines
thermodynamischen Wirkungsgrades η = 0,67 und trocken gesättigten
Eintrittsdampfes von 7-16 at absoluter Spannung.
Trägt man als Abszissen die spezifischen Volumina und als Ordinaten die Wärmeinhalte
ab, so teilt die annähernd wagerecht verlaufende obere Grenzkurve das Schaubild in
das unten liegende Sättigungsgebiet und das oben liegende Ueberhitzungsgebiet. Die
untere Grenzkurve fällt mit der Ordinatenachse zusammen. Die Drosselkurven verlaufen
wagerecht, die Linien gleichbleibenden spezifischen Volumens senkrecht. Die nahezu
geradlinigen Adiabaten erfahren eine Ablenkung an der Grenzkurve. Auch die Linien
konstanter Entropie und konstanten Druckes haben einen annähernd bzw. vollständig
geraden Verlauf. Das gilt innerhalb des Sättigungsgebietes für die Kurven gleichen
Druckes, die unterhalb der Grenzkurven auch nahezu Senkrechten entsprechen, oberhalb
davon indessen schwach gekrümmt sind. Für die Volumina wird mit Vorteil ein
logarithmischer Maßstab gewählt, so daß an allen Stellen des Diagramms ein Ablesen
mit derselben prozentualen Genauigkeit erfolgen kann. Für die Berechnung einer
Dampfturbine wären streng genommen zahlreiche Diagramme notwendig, entsprechend den
verschiedenen thermodynamischen Wirkungsgraden. Indessen zeigt sich, daß die für den
Entwurfunseres Schaubildes in Betracht kommenden Größen, Wärmeinhalt und
spezifisches Volumen, wenig durch Aenderung des Wirkungsgrades innerhalb gewissser
Grenzen beeinflußt werden. Es wird durch das Eintragen verschiedener
Expansionskurven in das Temperatur-Entropiediagramm ein anschaulicher Beweis hierfür
erbracht. Demgemäß ist es in den meisten Fällen für praktische Anforderungen
hinreichend, wenn dem Entwurf des zur Benutzung gelangenden Diagramms ein mittlerer
Wirkungsgrad zugrunde gelegt wird. Ein nicht zu unterschätzender Vorzug der
Darstellung bleibt es, daß die dem Dampf durch Reibungs-, Stoß- und Spaltverluste
zugeführte Wärme berücksichtigt wird. Die Abbildung zeigt ein unter Annahme eines
Wirkungsgrades von 0,67 entworfenes Schaubild. Es wurden Eintrittsdrücke von 7 bis
16 at in Betracht gezogen.
Mit Hilfe eines derartigen Diagramms könnte die Berechnung einer 1000 KW-Turbine mit
14 at abs. Druck am Absperrventil, 71 cm QS Kondensatordruck und 1500 Umdrehungen in
der Minute etwa in folgender Weise erfolgen. Man nimmt an, daß der Dampf zwischen
Absperrventil und Eintritt in die Schaufeln einen Druckabfall bis auf 11 at
erleidet, da hierdurch eine Ueberlastung der Turbine ermöglicht wird. Der Dampf
befinde sich vor Eintritt in die erste Schaufelreihe in trocken gesättigtem
Zustande. Bei der weiteren Voraussetzung einer absoluten Spannung von 0,1 at am
Auspuffende stände ein gesamtes Wärmegefälle von 180 WE zur Verfügung. Es möge
weiter die Turbine in Hochdruck-, Mitteldruck- und Niederdruckteil zerfallen. Die
beiden ersteren erhalten je drei, der letztere fünf Expansionsstufen. Es komme
ferner auf den Niederdruckteil die Hälfte, auf Hoch- und Mitteldruckteil je ein
Viertel der Leistung. Zur Feststellung der mittleren Durchmesser der einzelnen Teile
wählt man das Verhältnis der Schaufelgeschwindigkeit u
zur Dampfgeschwindigkeit c1 gleich 0,5 und nimmt für u rund 34 m/Sek.
an. Man erhält dadurch mit der oben genannten Drehzahl n = 1500 den Durchmesser des Hochdruckteiles
=\frac{60\,u}{\pi\,n}=\frac{60\,.\,34}{1500\,\pi}=0,43\mbox{
m}. Ist das Verhältnis der Durchmesser zueinander gleich
\sqrt{2}, so sind die Werte für den Mittel- und
Niederdruckteil gleich 0,61 bzw. 0,86 m. Die einzelnen Expansionsstufen mit
konstanter Schaufelhöhe werden nunmehr in Unterstufen eingeteilt, deren Anzahl Z gleich
\frac{\mbox{Gesamtwärmegefälle für eine Expansionsstufe}}{\mbox{mittleres
Wärmegefälle für die Stufe}}
ist und am einfachsten aus dem leicht zu entwickelnden
Ausdruck Z=\frac{\eta\,h\,g}{A\,(2\,k\,\cos\,\alpha_1-1)\,u^2}
ermittelt wird, wo η den Wirkungsgrad der
Energieumsetzung, h das Wärmegefälle der
Expansionsstufe, g die Fallbeschleunigung, A das mechanische Wärmeäquivalent,
k=\frac{c_1}{u} und α1 der Austrittswinkel der Leitschaufel (etwa 20°)
sind. Ist η = 0,6, so wird Z in den drei einzelnen
Teilen = 36,2 bzw. 18,1 und wiederum 18,1. Nunmehr teilt man durch Ziehen
wagerechter Linien in Abständen, die den Wärmegefällen in den Unterstufen
entsprechen, das Diagramm in einzelne Abschnitte ein. Die spezifischen Volumina v zu Anfang oder in der Witte jeder Expansionsstufe
können sofort abgelesen werden, und die Ermittlung der Schaufellänge l erfolgt nach der Formel
l=\frac{G\,v}{\pi\,D\,c_1\,\sin\,\alpha_1}, wo D der mittlere Rotordurchmesser und G das sekundliche Dampfgewicht ist. Dieses würde etwa
zu 2,28 kg anzunehmen sein. Es ergibt sich für die verschiedenen Turbinenteile eine
Schaufelhöhe von 74,5 v, 37,3 v und 18,6 v. Vergrößert sich der
Wirkungsgrad von 0,6 auf 0,7, so muß die Anzahl der Stufen im Verhältnis 7 : 6
vergrößert werden. Hat man anstatt des der obigen Angabe des sekundlichen
Dampfgewichts zugrunde liegenden Dampfverbrauchs von 8,2 kg/KW-Std. nur einen
solchen von 7,7 kg, so verringern sich alle Schaufelhöhen im Verhältnis 7,7 :
8,2.
Schmolke.
Wotan-Halbwattlampen. Die Siemens-Schuckertwerke haben ein neues
Preisblatt über ihre Wotan-Halbwattlampen herausgebracht, in welchem nun auch zum
ersten Male die Neueinteilung nach Wattverbrauch berücksichtigt wurde. Die
Bezeichnung „Halbwattlampen“ wurde für diese Lampengattung beibehalten, weil
ihr Leistungsbedarf, auf ihre mittlere wagerechte Lichtstärke ausgerechnet,
tatsächlich annähernd nur ½ Watt für dieKerze beträgt.Vgl. D. p. J. S. 310 d. Bd. Mit
geeigneten Armaturen, deren Auswahl dem Verbraucher überlassen bleibt, kann der
Energieverbrauch für die untere Halbkugel meist noch weit unter ½ Watt für die Kerze
herabgemindert werden. Die Wotan-Halbwattlampen sind, wie alle anderen
Wotan-Lampentypen, das Erzeugnis der Siemens & Halske A.-G. und sind mit einem an Festigkeit
unübertroffenen, nach patentiertem Verfahren hergestellten gezogenen Leuchtdraht
ausgestattet. Der gezogene, zu einer engen Spirale verarbeitete Leuchtdraht verleiht
der Wotan-Halbwattlampe eine hohe Unempfindlichkeit gegen Erschütterungen. Das
Preisblatt bietet noch mancherlei Belehrung über die Art und Verwendung der
Wotan-Halbwattlampen.
R.
Gasmesser.„Die Messung des Steinkohlengases am Verbrauchsort“ behandelt ausführlich
eine der Technischen Hochschule Berlin vorgelegte Dissertation von Dr.-Ing. George Schneider (München, R. Oldenbourg, 1915, 106
Seiten). Zu unterscheiden sind nasse und trockene Gasmesser. Der altbekannte
„nasse“ Gasmesser (Abb. 1) wurde in seiner
Urform 1815 von Clegg erfunden, von Malam (1819) und Crosley (bis 1859) verbessert.
Das Grundsätzliche der nassen „Gasuhr“ darf als bekannt vorausgesetzt werden:
die in einem mit Wasser gefüllten Gefäß gelagerte Trommel dreht sich, vom Gasdruck
getrieben, um eine wagerechte Achse. Die Größe wird so bemessen, daß sich beim
Betrieb etwa 100 bis 120 Umdrehungen in der Stunde ergeben, diese Zahlen haben sich
als günstig erwiesen. Zur Bezeichnung der Größe dient dabei ein heute durchaus
veraltetes Maß: Man rechnete früher für eine Gasflamme 5 Kubikfuß Gas = 142 l/Std.;
diese Zahl wurde auf 1501/Std. abgerundet und man nennt daher einen Gasmesser für
beispielsweise 750 l/Std. „fünfflammig“. Trotzdem der heutige Auerbrenner
einen bedeutend geringeren Verbrauch hat, ist die Bezeichnung 1902 und 1911 vom
Deutschen Verein von Gas- und Wasserfachmännern beibehalten worden. Vorübergehende
Ueberlastungen durch Mehrförderung können allenfalls bis zum 1,5-fachen Volumen
zugelassen werden.
Textabbildung Bd. 330, S. 406
Abb. 1.
Für die Genauigkeit ist natürlich in erster Linie eine genaue Kenntnis des Meßraums
erforderlich, die Berechnung dieses wird in der genannten Arbeit mit großer
Ausführlichkeit angegeben. Von weiterem Einfluß auf die Meßgenauigkeit ist ferner
die Veränderlichkeit des Flüssigkeitsspiegels, die namentlich durch Schiefstellung
und durch Verdunstung hervorgerufen wird. „Plus-Zählen“ zugunsten des
Erzeugers, „Minus-Zahlen“
zugunsten des
Verbrauchers sind die Folge. Um diese Einflüsse auszuschalten, sind sogenannte
Ausgleichsgasmesser hergestellt worden, die grundsätzlich entweder die
Flüssigkeitshöhe beständig gleich zu halten beabsichtigen (Wasserdurchfluß mit
Ueberlauf, Großwasserraummesser, nicht verdunstende Sperrflüssigkeiten) oder die
Fehler der wechselnden Höhe durch besondere Trommelbauarten unschädlich machen
(Rückmeßtrommel, z.B. in Berlin eingeführt).
Trockene Gasmesser, zunächst nach dem Grundsatz des Blasebalgs, dann ähnlich der
Dampfmaschine mit Schiebersteuerung, wurden nach älteren Ansätzen (Bogardus 1833) von Croll und
Richards 1835 hergestellt.
Textabbildung Bd. 330, S. 407
Abb. 2.
Textabbildung Bd. 330, S. 407
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 330, S. 407
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 330, S. 407
Abb. 5.
In den beiden Kammern eines Gehäuses (Abb. 2) bewegen
sich, durch besondere Lenkstangen geführt, flache Kolben, die durch Membranen
abgedichtet sind. Die Bewegung erfolgt unter dem Druck des Gases, der nach der
Verbraucherseite hin natürlich kleiner ist, die hin- und hergehende Bewegung wird
durch Muschelschieber gesteuert, die ihren Antrieb von den Kolben erhalten. Auch der
Antrieb des Zählwerks wird mittelbar von den Kolben abgeleitet. Der Arbeitsvorgang
des Messers wird an den Abb. 2 bis 5 deutlich, die seine einzelnen Phasen darstellen.
Während sich in Abb. 2 der linke Kolben unter dem
Druck des Gases in Raum 3 nach rechts bewegt und das
Gas aus Raum 1 in den Auslaß drückt, bewegen sich beide
Schieber nach links. Schieber A schließt ab, B öffnet den Auslaß für Raum 2 (Abb. 3). Während sich A noch weiter nach links bewegt und den Auslaß für Raum
3 öffnet (Abb. 4),
kehrt B um und schließt wieder ab, um alsdann den
Auslaß für Raum 4 zu öffnen, wenn A seine Bewegung umgekehrt hat und abschließt (Abb. 5).
Die Größe eines solchen Gasmessers ist gegeben durch das zu messende Gasvolumen und
die aus der Erfahrung bekannte zulässsige Zahl von Füllungen und Entleerungen des
Meßraumes, der Inhalt des Meßraumes für einen „fünfflammigen“ Gasmesser
beträgt 5 bis 10 l. Den Vorteilen des trockenen Gasmessers, billige Herstellung,
Betriebssicherheit bei Frost und bei Hitze undgeringe Wartung stehen als
Nachteile gegenüber die geringere Meßgenauigkeit und die kürzere Lebensdauer
gegenüber dem nassen Gasmesser.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Zur Untersuchung des Graphits. Vor einiger Zeit wurde an
dieser Stelle über eine Arbeit von E d. Donath und A. Lang über die Untersuchung und Wertbestimmung des
Graphits berichtet (D. p. J. S. 174 d. Bd.). Die Verfasser bringen jetzt hierzu
einige nachträgliche Mitteilungen, die sich auf die Untersuchung gewisser Graphite
von Obersteiermark beziehen (Stahl und Eisen 1915 S. 870). Es handelt sich um
Graphite, die in ihrem Aeußeren dem Graphit derartig ähneln, daß selbst dem Geübten
eine Unterscheidung unmöglich erscheint. Erst durch Schmelzen der feingepulverten
Substanz mit Natriumsulfat und Prüfen der wässerigen Lösung mit Bleiazetat, wobei
sich das Fehlen der Sulfidreaktion ergibt, liefert den Nachweis, daß es sich
tatsächlich um Graphit, und zwar praktisch anthrazitfreien Graphit, handelt. Denn
schon bei einem Gehalt von 1 v. H. Anthrazit würde bei dieser Prüfung schwarzes
Schwefelblei ausfallen.
Die obersteiermärkischen Graphite gehören zu der Gruppe der nicht aufblähbaren
Graphite. Die Verfasser fanden folgende chemische Zusammensetzung:
Flüchtigkeit
2,82
Gebundenes Wasser
1,44
Kohlenstoff
78,08
Gebundener Wasserstoff
0,10
Schwefel
0,09
Stickstoff
0,08
Kieselsäure
11,28
Eisenoxyd
0,27
Tonerde
4,68
Manganoxyd
0,02
Kalk
0,09
Magnesia
0,07
Gesamt-Alkali
0,21
Die Asche enthielt:
Kieselsäure
67,40
Tonerde
28,34
Eisenoxyd
1,63
Manganoxyd
0,09
Kalk
0,55
Magnesia
0,42
Gesamt-Alkali
1,28
Für den Glühverlust wurden bei verschiedenen Temperaturen folgende Zahlen
gefunden:
bei
600
° C
6
v. H.
=
7
v. H.
des
Gesamtglühverlustes
„
700
„
9
„
=
11
„
„
„
„
800
„
12
„
=
14
„
„
„
„
900
„
49
„
=
59
„
„
„
„
1000
„
56
„
=
60
„
„
„
„
1100
„
80
„
=
96
„
„
„
„
1200
„
83
„
=
100
„
„
„
Mit Rücksicht auf den verhältnismäßig hohen Kohlenstoffgehalt, die geringe Menge
Schwefel und Eisenoxyd, auf die Zusammensetzung der Asche, die zudem erst bei 1550°
zu sintern anfängt, mit Rücksicht endlich auf die Schwerverbrennlichkeit des
Graphits im Vergleich mit anderen guten Graphiten und seine Tiegelglühbeständigkeit,
die sich derjenigen der besten Graphitarten nähert, ist das Material als ein
hochwertiger Graphit anzusprechen.
In einem Schlußwort wiederholen die Verfasser, daß ihrer Meinung nach das Ausbleiben
der Sulfidreaktion das einzig sichere Kennzeichen des künstlichen Graphits dem
natürlichen gegenüber ist.
Loebe.
Lizenzgebühr wegen Patentverletzung. Die Patentverletzung
verpflichtet nach § 35 Pat.-Ges., falls die Verletzung grob fahrlässig oder gar
wissentlich geschieht, zum vollen Schadensersatz. In welcher Weise dieser
Schadensersatz zu leisten ist, wird vom Gesetz nicht näher bestimmt, auch das
Bürgerliche Recht, das hier ergänzend eingreift, enthält nur die allgemeine
Bestimmung, daß der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen hat,
der bestehen würde, wenn die schädigende Handlung nicht erfolgt wäre; damit ist
gleichzeitig gesagt, daß die Herstellung des Zustandes in einem Wertausgleich zu
erfolgen hat.
Dieser Grundgedanke ist für das Patentrecht von besonderer Bedeutung, weil eine
unmittelbare Herstellung des früheren Zustandes meist gar nicht möglich ist. Die
nächstliegende Art des Schadensersatzes ist die, daß dem Verletzten der entgangene
Gewinn, und die unmittelbaren Kosten der Rechtsverfolgung ersetzt werden, und
außerdem der Gewinn herauszugeben ist. Diese Art von Schadensersatzansprüchen führt
aber leicht zu sehr verwickelten Prozessen, die z.B. bei Bestimmung des entgangenen
und bei Bestimmung des herauszugebenden Gewinnes, bei dem Ausgleich beider Gewinne,
die sich zum Teil zu decken pflegen, usw. usw. oft schwierige Rechnungen ergeben,
und von den Gerichten in solchen Fällen häufig zuungunsten des Verletzten
entschieden werden, weil diesem der Nachweis seines Anspruchs nicht in ausreichender
Weise geglückt ist.
Der Patentverletzte tut in solchen Fällen gut, überhaupt von einer direkten
Schadensersatzberechnung abzusehen und von dem Verletzten den Schaden in Form einer
Lizenzgebühr zu verlangen. Das Recht zu einer solchen Art von Schadenberechnung
folgt aus dem V/esen des Patentrechtes, ohne daß es einer besonderen gesetzlichen
Bestimmung bedarf.
Bei der Patentverletzung wird der Patentberechtigte in zweifacher Weise verletzt,
einmal durch den Eingriff in das Patent selbst, sodann durch die Verwertung des
Patentes; oder richtiger: Der Schaden, der durch den Eingriff in das Recht noch in
imaginärer Weise entsteht, wird durch die Patentverwertung in einen konkreten
Schaden umgesetzt.
Das Patentrecht gibt nun – im Gegensatz zu den meisten übrigen Rechtsverhältnissen –
die Möglichkeit, auch diesen imaginären Schaden in berechenbarer Weisein die
Erscheinung treten zu lassen. Die Möglichkeit, ein Patent zu verwerten, ist nicht
eine ungreifbare Hoffnung auf Gewinn, sondern hat in der Form der Lizenz ihre
greifbare Existenz, als wäre das Patent eine körperliche Sache mit bestimmtem
Preise. Es genügt, daß die Lizenz verkäuflich war, was man bei jedem Patent als
einem Gegenstand des Geschäftsverkehrs als selbstverständlich unterstellen kann.
Man braucht das sich nur an einem anderen Beispiel klar zu machen: Wird jemandem ein
Gegenstand gestohlen, so kann er von dem Diebe den Schaden ersetzt verlangen,
entweder in der Herausgabe des Gegenstandes und im Ersatz des Abnutzungswertes, oder
aber er kann, wenn er an dem Gegenstande kein Interesse mehr hat, einfach den Wert
verlangen. Das eine ist so gut Schadensersatz wie das andere, es ist derselbe
Schaden aus verschiedenen Gesichtspunkten angesehen, und der Verletzte allein hat
das Recht zu wählen, in welcher Weise er den Schaden ersetzt haben will. Nur darf er
nicht beides verlangen, sonst hätte er den Schaden zweimal, wenn auch in
verschiedener Form, liquidiert.
Ebenso bei der Patentverletzung: Der Verletzte hat die Wahl, entweder den konkreten,
oft allerdings schwer zu berechnenden Schaden in Geld zu verlangen, oder aber den
„Abnutzungswert“ des Patentes, das heißt, den Wert, der aus einem Patent
herauszuziehen wäre, wenn der Inhaber das Patent verwertet hätte, und die Verletzung
nicht hinzugekommen wäre, und der in Form einer angemessenen Lizenzgebühr in die
Erscheinung, tritt.
Aus dieser Betrachtung folgt: Der Anspruch auf die Gebühr ist gegeben, ohne daß der
Verletzer einwenden kann, der Verletzte hätte das Patent gar nicht durch Lizenz
verwertet, oder er selbst hätte nicht die angemessene Gebühr dafür entrichtet.
Darauf kommt es nicht mehr an; es liegt die Tatsache vor, daß das Nutzungsrecht
verletzt worden ist, folglich ist der Wert dieses Rechts zu ersetzen; kann doch auch
der Dieb gegenüber dem bestohlenen Kaufmann nicht einwenden, daß er den Gegenstand
nicht für den wahren Wert gekauft hätte, oder daß der Eigentümer ihn nicht verkauft,
sondern vielleicht verarbeitet oder an jemand anders billiger verkauft hätte.
Diese Grundsätze sind in der Rechtsprechung wie in der Literatur längst anerkannt. Es
hat das Reichsgericht (Entscheidungen Bd. 50 S. 114/5) die Lizenzgebühr dem
Verletzten zugesprochen, auch für den Fall, daß dieser die Erfindung nicht
ausgenutzt hat, oder – damit geht das Reichsgericht allerdings bedenklich weit – zur
Ausnutzung überhaupt nicht befugt war. In einem anderen Falle ist die Gebühr sogar
zuerkannt worden, obwohl der Verletzte durch die Patentverwertung nicht nur keinen
unmittelbaren Vermögensschaden, sondern sogar einen Vorteil erlangt hat (vgl. Kent,
Patentgesetz § 35, Anm. 33). Fälle, in denen der Einwand, der Verletzer hätte die
Lizenz überhaupt nicht nachgesucht, unberücksichtigt geblieben ist, sind bei Kent §
35 Anm. 32 ausgeführt.
Bei der Bemessung der Lizenzgebühr ist der Verkehrswert entscheidend. Es kommt wie
gesagt nicht darauf
an, ob der Verletzte eine Lizenz vergeben hätte, und was der Verletzer dafür geboten
hätte, sondern, was unter normalen Umständen bei einer Lizenzvergebung erzielt
worden wäre.
Man wird, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen, dann den angemessenen Preis
der Lizenz als Schaden beanspruchen können (vgl. Reichsgericht Juristische
Wochenschrift 1895 S. 360 und aus neuerer Zeit Leipziger Zeitschrift 1912 S. 316).
Selbstverständlich sind dabei die Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen,
die Vorteile des einen, die Nachteile des anderen und, was dem Verletzten vielleicht
aus der Verletzung zu gute kommt, Reklamewirkung usw. mit in Ansatz zu bringen.
Dr. jur. Eckstein.
Motorschiff „Pacific“. Wie bereits ausgeführt (D.
p. J. S. 293 d. Bd.), hat die bekannte Maschinen- und Schiffbauanstalt Burmeister & Wain,
Kopenhagen, ein neues Motorschiff mit einer Ladefähigkeit von 6550 t und einer
Maschinenleistung von 2000 PSi fertiggestellt. Wie
Motorschiffe immer mehr Verbreitung finden, beweist der hohe Bestand an Aufträgen,
die sich zurzeit bei der genannten Firma in Ausführung befinden:
10
Schiffe
von
je
10000
t
3
„
„
„
9000
t
6
„
„
„
8000
t
1
„
„
„
7000
t
3
„
„
„
6500
t
Die Werft führt nur Dieselmaschinen aus, die nach dem
Viertaktverfahren arbeiten.
Das Motorschiff „Pacific“ hat im Dezember v. J. seine Probefahrten
abgeschlossen und wurde von der Reederei Nordstjernan in Stockholm übernommen. Das
Schiff ist für Fahrten auf dem La Plata und im Stillen Ozean bestimmt. Es ist 110 m
lang, im Hauptspant 15,5 m breit, der Tiefgang beträgt 7 m. Der Maschinenraum ist
möglichst weit nach rückwärts verlegt. Dadurch erhält man kurze Wellenleitungen, und
die Ladefähigkeit des Schiffes wird vergrößert (Abb.
1).
Zum Antrieb dienen zwei unmittelbar umsteuerbare Viertakt-Dieselmaschinen (Abb. 2) mit je sechs Zylindern von 540 mm ∅ und 730 mm
Hub. Die Maschinen sind eingekapselt und mit Druckschmierung versehen. Die Zylinder
sind zu je dreien in einem Stück gegossen. Die Arbeitskolben sind möglichst kurz
ausgeführt und besitzen, wie üblich, selbstspannende Ringe. In jedem Zylinderdeckel
sind ein Brennstoffventil, ein Saugventil, ein Auspuffventil, ein Anlaß- und ein
Sicherheitsventil eingebaut. Das Auslaßventilgehäuse wird durch Wasser besonders
gekühlt. Die Bewegung der Steuerwelle geschieht hier ausnahmsweise durch eine
Zahnradübersetzung von der Kurbelwelle aus, wie aus Abb.
3 zu ersehen ist. Die Steuerwelle kann in ihrer Längsrichtung verschoben
werden und trägt für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt besondere Steuernocken. Jeder
Zylinder hat, wie allgemein üblich, seine eigene Brennstoffpumpe. Die Pumpen saugen
den Brennstoff aus zwei Behältern für den täglichen Verbrauch, die im Maschinenraum
aufgestellt sind und Brennstoff
Textabbildung Bd. 330, S. 409
Abb. 1.
für einen zwölfstündigen Betrieb enthalten. Der
Brennstoff wird zur Reinigung hier durch einen doppelten Salzfilter geleitet.
Es sind noch zwei Hilfs-Dieselmaschinen vorhanden, die ebenfalls im Viertakt
arbeiten, zum Antriebe je einer Dynamo und je eines Kompressors, mit 200 PSi Leistung bei 225 Uml./Min. Für den normalen
Schiffsbetrieb genügt eine dieser Maschinen, die zweite dient dann als Aushilfe.
Jeder Kompressor liefert Druckluft von 20 bis 25 at, die zum Anlassen der Maschine
dient. Von jeder Hauptmaschine wird unmittelbar ein Hochdruckkompressor angetrieben,
in dem die Luft von 20 bis 25 at auf 60 at verdichtet wird und dann in den Behälter
für Einblaseluft gedrückt wird. Jeder Hochdruckkompressor ist imstande, die
Einblaseluft für beide Hauptmaschinen zu liefern.
Textabbildung Bd. 330, S. 410
Abb. 2.
Textabbildung Bd. 330, S. 410
Abb. 3.
Beim Beladen und Ausladen des Schiffes werden die Kompressoren von den
Hilfs-Dieselmaschinen abgekuppelt, so daß sie nur zum Antriebe der Dynamos dienen.
Eine Dynamo genügt dann meistens, um Strom für die Ladewinden und sonstigen
Hilfsmaschinen sowie für Beleuchtungzwecke zu liefern. Wenn die Ladewinden nicht
arbeiten, liefert ein Zweitaktrohölmotor Strom für die Beleuchtung. Dieser Motor
liefert auch Strom zum Antrieb eines kleinen Hochdruck-Luftkompressors, der die
Anlaßdruckluft für die Hilfs-Dieselmaschinen erzeugt. Das Gesamtgewicht der
Maschinenanlage einschließlich sämtlichenZubehörs, Hilfsmaschinen,
Rohrleitungen und Ersatzteilen beträgt 440 t. Der Maschinenraum ist etwa 12 m lang
und ungefähr 8 m kürzer als der Maschinenraum für ähnliche Dampfschiffe.
Dampfschiffe dieser Art führen bei ihrer Fahrt nach Südamerika mit Berücksichtigung
der hohen Kohlenpreise etwa 1700 t in den Bunkern mit sich. Das Motorschiff kann
eine dreimonatliche Hin- und Rückreise nach Südamerika mit etwa 700 t Treiböl
ausführen. Dadurch wird die Ladefähigkeit des Motorschiffes gegenüber dem
Dampfschiff um 1000 t vergrößert.
Während der Probefahrten wurde eine Geschwindigkeit von 11,41 Knoten bei einer
Leistung von 2032 PSi erreicht, wobei die
Schraubenwellen mit 152,5 Uml./Min. arbeiteten. Der Brennstoffverbrauch
einschließlich der Hilfsmaschinen betrug 308,7 kg/Std. (Zeitschr. des Ver. deutsch.
Ing. 1915 S. 677 bis 681.)
W.
Einfuhr von Maschinen und Werkzeugen in Samarang (Java)
1914. Nach der Statistik stellten sich für die letzten vier Jahre die
Einfuhrwerte für Maschinen und Werkzeuge in Gulden wie folgt:
1911: 2233000, 1912: 1704500, 1913: 7210100, 1914: 3389300.
Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die technische Branche, die den Handel in
Maschinen, Werkzeugen, Eisenwaren, Fabrikeinrichtungen usw. betreibt, durch den
Kriegszustand sehr empfindlich zu leiden hatte. Sowohl die Regierung als auch
Privatunternehmungen, unter denen zunächst die zahlreichen Zuckerfabriken zu rechnen
sind, beschränkten sich infolge der abnormalen Zeitumstände auf die Ausführung der
allernötigsten Werke; Neuanlagen wurden so gut wie gar nicht vorgenommen. Ferner
wirkte das Ausfuhrverbot für eine Reihe sehr wichtiger Artikel, wie beispielsweise
Kupfer, Messing und andere Metalle in rohem und verarbeitetem Zustande,
Packungsmaterialien für Maschinenanlagen und viele andere mehr sehr hemmend auf den
Geschäftsbetrieb. Man suchte sich so weit wie möglich in Amerika zu decken, doch
lagen bis Ende des Jahres 1914 noch kaum nennenswerte Erfolge in dieser Richtung
vor. (Bericht des Kaiserl. Konsulats in Samarang.)
Das Iron and Steel Institute und seine deutschen
Mitglieder. Man vernehme: Das Iron and Steel Institute, die berühmte
metallurgische Gesellschaft Großbritanniens, dem auch zahlreiche ausländische
Gelehrte und Industrielle angehören, hat seine deutschen und österreichischen
Mitglieder ausgeschlossen! Es war auf der Frühjahrsversammlung am 13. und 14. Mai
1915. 80 deutsche Mitglieder waren auf der Liste verblieben, nachdem bereits 19
freiwillig auf ihre Mitgliedschaft verzichtet hatten. Mit der Frage ihres
Ausschlusses hatte sich der Vorstand bereits vor jener denkwürdigen Sitzung
beschäftigt, war aber zu dem Entschlusse gekommen, zur Entfernung ihrer Namen
„keine praktischen Schritte zu unternehmen“. Nach einem in „Stahl und
Eisen“ 1915 Nr. 32 wiedergegebenen Bericht des „Ironmonger“ brachte
M. Ritchie den Beschluß zur nochmaligen, und zwar
sofortigen Erwägung. Es sei ein innerer Widerspruch, meinte er, die Namen des
Belgischen Königs neben denen des Erzherzogs Friedrich von Oesterreich und des Herrn
Dr. Schrödter vom Verein deutscher Eisenhüttenleute auf der Liste der
Ehrenmitglieder beieinander zu finden. Das Institut müsse seine
„Disziplinargewalt“ über seine Mitglieder geltend machen. „Jede
Verzögerung sei ein Uebel.“ Es sei „eine Sache, die die Ehre des
Instituts berühre“. Sofortiges Handeln allein könne dem Institute „seine
Stellung in den Augen des Landes aufrechterhalten“. Ritchie fand tatsächlich einige Mitglieder, die ihn geschickt
unterstützten. So gern der Vorsitzende die Sache vertagt hätte, mußte er sich doch
schließlich bereit finden, die Sache zur sofortigen Entscheidung zu bringen. Die
Warnung des Prof. Turner, in solchem Augenblick, wo die
Stimmung so leidenschaftlich sei, einen Beschluß zu fassen, den man in zehn oder
zwanzig Jahren bereuen würde, verhallte ungehört, und die Versammlung, auf der von
2000 stimmberechtigten Mitgliedern nur 100 vertreten waren, nahm den Antrag
einstimmig an, daß „die Namen aller feindlicher Ausländer aus der Mitgliederliste
des Instituts gestrichen werden sollten“.
Sehr nett liest sich die Bemerkung Ritchies auf die
Anfrage des Vorsitzenden, ob ihn der Antrag befriedige: „. . . Zunächst habe er
persönlich keinerlei Voreingenommenheit gegen die Feinde
nichtdeutscherNationalität, insbesondere nicht gegen die Ungarn, zwischen
denen und diesem Lande sehr alte und starke Freundschaftsbande bestehen. Er
hoffe und glaube, die Zeit werde kommen, daß diese Nationalitäten, auf welche er
hingewiesen habe, von denen Angehörige Mitglieder des Instituts gewesen seien,
wieder willkommen sein würden, aber die Deutschen betrachte er als eine völlig
verschiedene Klasse. Sie hätten sich außerhalb der Grenzen der Zivilisation
gestellt und seien herabgestiegen zu solchen Tiefen der Wildheit (savagery), wie
sie wenige Monate vorher kein menschliches Wesen sich habe ausdenken können. Er
sei wohl sicher, daß nicht eine einzige Person im Saale sei, welche ihm nicht
zustimme, wenn er sage, es sei einfach unmöglich, Worte zu finden, welche
ausreichen, die Haltung und den Charakter jenes Landes zu beschreiben, und daher
rege er an, wenn für den Vorstand die Zeit kommt, die Frage der Satzungsänderung
zu beraten, dem Fall der Deutschen besondere Beachtung zu widmen. Dies würde
sehr sorgfältige Erwägungen erfordern, denn aller Wahrscheinlichkeit nach würde
das deutsche Kaiserreich nach dem Kriege nicht sein, was es gewesen ist, und
welche Gefühle wir auch hinsichtlich der naturalisierten Deutschen immer haben
mögen, so sei es nicht wünschenswert, eine feindliche Haltung denen gegenüber
einzunehmen, die in gegenwärtiger Zeit nur unsere Kriegsfeinde seien. Ferner
gehörten gewisse Staaten des Deutschen Reiches in diese Klasse, z.B.
Elsaß-Lothringen, Schleswig-Holstein und Preußisch-Polen. Er rate daher dem
Vorstand, ernstlich zu erwägen, daß es dem Institute als einem internationalen
obliege, zu unterscheiden auf der einen Seite zwischen denjenigen Feinden,
welche heute Feinde seien und morgen Freunde sein könnten, und auf der anderen
Seite jenen anderen Feinden, deren ganze Vergangenheit gezeigt habe, daß sie
lügen und betrügen, und von welchen er sich nicht vorstellen könne, daß in
Zukunft eine Verbindung irgend einer Art möglich sei.“
In Amerika hat, wie nicht anders zu erwarten, der Beschluß des „I. a. St. I.“
einen peinlichen Eindruck gemacht. Der dortige Metallurgie-Professor Richards beklagt tief „diesen übel beratenen,
kurzsichtigen und im ganzen bedauernswerten Beschluß“ des Instituts, dem
auch er als Mitglied angehört, und sagt: „Das Wappen ist befleckt worden.
Mitglieder des Iron and Steel Institute in Großbritannien: bereut Eure
Ueberstürzung, erklärt Euren Beschluß für ungültig, tilgt aus den
Schandfleck!“ Fürwahr, ein würdiges Zeugnis von dem geistigen Tiefstand
britischer Intelligenz!
Loebe.
Die Eisenindustrie im ersten Kriegsjahr. (Stahl und Eisen
1915 Heft 35, Dr.-Ing. P. Schrödter.) Wir waren vor dem
Kriege bezüglich des Eisenerzes, in viel höherem Maße aber hinsichtlich des Absatzes
des erzeugten Eisens und der daraus hergestellten Fabrikate vom Auslande abhängig.
40 v. H. des Metallgehaltes unseres Roheisens entstammte 1913 dem Auslande, und die
Eisenausfuhr einschließlich der Maschinen machte, auf Roheisen umgerechnet, nicht
weniger als 46 v. H. der Jahreserzeugung aus. Ueber die erfreuliche Wiederbelebung der
Eisenindustrie, die wenige Wochen nach Kriegsbeginn eingesetzt hatte, hat Schrödter bereits im Januar berichtet.Vgl. D. p. J. S. 105 d. Bd. Seitdem
ist die damalige Erzeugung weiter gesteigert worden, so daß die Tagesleistung von
18925 t Roheisen im August 1914 auf 31400 t im Durchschnitt der letzten Monate
gestiegen ist, während sich die Stahlerzeugung von 18310 t im August 1914 auf
täglich 33000 t erhöht hat. Entsprechend lebhafter war daher auch die Erzeugung der
Walzwerke und Eisenbauwerkstätten. In hohem Maße wird auch den Fernerstehenden die
Versicherung befriedigen, daß die Erzeugung unserer, jetzt auf heimische Rohstoffe
angewiesenen Eisenindustrie so groß ist, daß sie nicht nur alle Anforderungen von
Landheer und Flotte erfüllt, sondern auch nach dem Kriege die notwendigen laufenden
Mengen an Eisen in hohem Grade den Bedarf für unsere benachbarten neutralen Länder
zu liefern imstande sein wird.
Bezüglich der französischen Eisenerzversorgung liegen nicht weniger als 85 v. H. der
normalen Förderung in dem von uns besetzten Gebiete. Durch Zufuhr aus der Normandie,
den Pyrenäen, Spanien und Algier ist es aber dem Lande möglich, die übrigen Hochöfen
und Stahlwerke weiterzubetreiben. Schrödter hatte
zeinerzeit die Einschränkung der Kohlenförderung Frankreichs auf 65 v. H.
veranschlagt. Die Förderung wird jetzt amtlich auf 18 Mill. t gegen 40 Mill. t in
normalen Zeiten geschätzt, was mit jener Angabe übereinstimmt. Zudem steigt der
fehlende Betrag am normalen Jahresbedarf von 60 Mill. durch Wegfall der Einfuhr aus
Deutschland und Belgien auf 32 Mill. t, die also England liefern sollte, während es
in normalen Zeiten nur 10 Mill. t nach Frankreich einführt. Der Preis für
französische Nordkohle wird auf 28 fr. die Tonne gehalten, während für die englische
in allen Häfen über 52 fr. gezahlt werden. Die Eisenausfuhr Frankreichs betrug 1914
nur die Hälfte derjenigen des Vorjahres. Nur bei Alteisen hat sich, wohl infolge des
Bedarfs von Italien, die Ausfuhr verdoppelt.
In England ist die Kohlenförderung um 3 Mill. t im Monat hinter derjenigen in
normalen Zeiten zurückgeblieben. Die Ausfuhr an Eisen- und Stahlfabrikaten hat einen
ständigen Rückgang erfahren. Er betrug in der Zeit vom August 1914 bis Juni 1915
gegenüber der Ausfuhr in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres nicht weniger als 41,1
v. H. Ein Mitarbeiter des bekannten „Economist“ schreibt angesichts des
Rückganges im englischen Außenhandel über die Frage, ob die Blockadepolitik gegen
Deutschland nicht England mehr Schaden zufüge als dem Feinde:
„Es ist immer eine offene Frage geblieben, wer den wirtschaftlichen Druck am
stärksten fühlen würde, wir oder der Feind. Das praktische Resultat der
englischen Politik ist es gewesen, daß Deutschland genötigt wurde, all seine
wirtschaftliche Erfahrung und Kenntnis zu mobilisieren, um Mittel zu finden,
damit es sich selbst erhalten kann. Wir haben Deutschland geholfen, sein
Geldzu Hause zu behalten, anstatt es im Auslande zu verschleudern. Wir
haben ihm alle Sorge erspart, Geld zu finden, um seine Einfuhr zu bezahlen, ohne
die sich das Land jetzt dank unserer Lektion recht gut helfen kann. In der Tat,
Deutschland hat Grund, uns dafür dankbar zu sein. Silberne Kugeln sind jetzt ein
zweckloser Luxus gegen Deutschland. Die bleiernen Kugeln entsprechen viel besser
dessen Zwecken, und solange es genug davon hat, und genug Kartoffelmehlbrot, um
seine Soldaten zu ernähren, kann es, was die wirtschaftliche Seite des Krieges
angeht, den Kampf für unbeschränkte Zeit fortsetzen. Wenn dagegen die Einfuhr
nach Deutschland nicht verhindert worden wäre, dann wäre es viel
verschwenderischer gewesen als jetzt. Zum eigenen Schaden muß England jetzt
erfahren, daß die Einfuhr auf die eine oder andere Weise bezahlt werden muß, und
wenn die Ausfuhr nicht in gleichem Maße steigt, dann kommt der wirtschaftliche
Druck von selbst.“
In Amerika wirken die Massenaufträge in Kriegsmaterial anregend auf den allgemeinen
Geschäftsgang der Eisenindustrie. Man hat sogar Ursache, eine dauernde Stärkung der
amerikanischen Waffenindustrie auf billiger Grundlage zu erwarten, weil die bei
diesen Lieferungen erzielten Preise so hoch sind, daß sich die besonders hierfür
getroffenen Einrichtungen bezahlt machen. Die Bethlehemwerke haben allein für rund
150 Mill. Dollar Kanonen und Geschosse übernommen, während die direkten
Kriegslieferungsaufträge 350 bis 500 Mill. Dollar betragen. Vom J. Juli 1914 bis 30.
April 1915 wurden ausgeführt an Feuerwaffen für 7459000 Dollar (sonst 3200000
Dollar), an Explosivstoffen 21163099 Dollar (sonst 5,5 Mill. Dollar). Die
Gesamtausfuhr Amerikas hat sich auf derselben Hohe wie im Vorjahr gehalten. Doch
sind durch den Krieg gewaltige Verschiebungen dadurch entstanden, daß der Wert der
Ausfuhr an rohen Nahrungsmitteln und Schlachtvieh sich ungefähr vervierfacht hat und
allein der Wert der ausgeführten Körnerfrüchte um 358 Mill. Dollar gestiegen, die
Ausfuhr an Baumwolle aber um 237 Mill. Dollar, an Kupfer um 40 Mill. Dollar, an
Maschinen um 49 Mill. Dollar zurückgeblieben ist. Die Ausfuhr an Zinn ist von 327702
Dollar Wert im Jahre 1914 auf 15799867, diejenige von Aluminium von 968783 auf
2569403 Dollar gestiegen. Während also die Kriegsindustrie Amerikas riesige Gewinne
einheimst, leiden andere Teile seines Wirtschaftslebens ungemein unter dem
Kriege.
Loebe.
Die Förderung von Eisenerz in Kriwoi-Rog (Südrußland) im Jahre
1914. Das Gebiet von Kriwoi-Rog nimmt der Menge der Eisenerzausbeute nach
seit dem Jahre 1897 in Rußland die erste Stelle ein. Seine Ausbeute hat in dem
Jahrzehnt 1904 bis 1913 im Durchschnitt 249,08 Mill. Pud, d.h. etwa 66 v. H. der
gesamten Eisenerzausbeute im Russischen Reiche betragen. Im Laufe des Jahres 1914
sind nach den Angaben des Kongresses der Montanindustriellen Südrußlands 289,20
Mill. Pud Eisenerz in Kriwoi-Rog gewonnen worden, was gegen die im Jahre 1913
geförderte Menge eine Verminderung um 101,11 Mill. Pud oder um 25,84 v. H., im
Vergleich jedoch zu der oben angeführten Durchschnittsmenge im Jahrzehnt 1904 bis
1913 eine Zunahme um 40,12 Mill. Pud oder um 16,11 v. H. ausmacht. In der ersten
Hälfte 1914 sind 187,88 Mill. Pud gefördert worden, um 4,58 Mill. Pud oder um 2,38
v. H. weniger als in derselben Zeit des Jahres 1913; in der zweiten Jahreshälfte hat
die Ausbeute 101,32 Mill. Pud betragen, was im Vergleich zu der entsprechenden
Ziffer im Jahre 1913 einer Abnahme um 96,53 Mill Pud oder 48,79 v. H. gleichkommt.
Die geringere Eisenerzausbeute im zweiten Halbjahr beruht hauptsächlich auf
zweierlei Gründen: Verminderung der Nachfrage nach Erz seitens der Werke und
sonstiger Verbraucher und Schwierigkeiten beim Transport des Erzes auf den
Eisenbahnen. Im ganzen sind im Laufe des Jahres 1914 auf den Eisenbahnen 280,53
Mill. Pud Eisenerze aus Kriwoi-Rog verladen worden, was im Vergleich zur Abfuhr im
Jahre 1913 eine Abnahme um 102,51 Mill. Pud oder um 26,76 v. H. ausmacht, wobei in
den ersten sechs Monaten der Abtransport von Kriwoi-Rog-Erz auf den Eisenbahnen
185,87 Mill. Pud betragen hatte, d.h. um 6,62 Mill. Pud gleich 3,44 v. H. weniger
als in der entsprechenden Zeit des Jahres 1913; im zweiten Halbjahr jedoch hat die
Abfuhr recht bedeutend abgenommen und im ganzen nur 94,66 Mill. Pud betragen, d.h.
um 95,89 Mill. Pud oder um mehr als das Doppelte weniger. Die Ausfuhr von Eisenerz
auf die inneren Märkte und ins Ausland gestaltete sich in nachfolgender Weise:
Ausgeführt wurden im ersten Halbjahr:
1914
Mehr (+) oder weniger (–)gegen
1913
Mill. Pud
Mill. Pud
v. H.
Auf die inneren MärkteIns Ausland
172,31 13,56
– 2,62– 4,00
1,5022,79
Im zweiten Halbjahr:
Auf die inneren MärkteIns Ausland
93,42 1,24
– 84,87– 11,02
47,6090,00
Im ganzen Jahre:
Auf die inneren MärkteIns Ausland
265,73 14,80
– 87,49– 15,02
24,6750,00
Die Preise für Eisenerz aus Kriwoi-Rog waren im Jahre 1914 niedriger als im Jahre
1913, und zwar zahlte man nach den Angaben der „Bulletins der Charkower
Steinkohlen- und Eisen-Börse“ im Januar 1914 8 bis 10 Kop. für das Pud (62
v. H. Fe); zum Schlusse des Jahres waren jedoch die Preise für dieses Erz auf 7,5
bis 8,0 Kop. für das Pud gegen 9 bis 10 Kop. im Vorjahr heruntergegangen. (Torg.
Brom. Gaz. vom 31. Mai. 13. Juni 1915.)
Berechnung von Sicherheitsventilen. Die Sicherheitsventile
von Landdampfkesseln müssen nach amtlicher Vorschrift in ihrem Querschnitt groß
genug bemessen sein, um im normalen Betriebe so viel Dampf abzuführen, daß die
festgesetzte Dampfspannung höchstens um ein Zehntel ihres Betrages überschritten
wird. Dies soll durchdie Berechnung des Querschnitts F in mm2 nach folgender Formel erreicht
werden: F=15\,H\,\sqrt{\frac{1000}{p\,\gamma}}. Hierbei bedeutet
H die Heizfläche des Kessels in m2, p den Ueberdruck
des Dampfes in kg/cm2 und γ das Gewicht von 1 m3 Dampf mit dem
Ueberdruck p in kg. Für Hochhubventile, wo der Hub
h=\frac{d}{4} ist mit d als
Ventildurchmesser, ist an Stelle der konstanten 15 die Zahl 5 zulässig.
Die allgemeine Formel für die erforderliche Querschnittfläche des Sicherheitsventils
lautet: F=\frac{D\,H}{5\,\mu}\,\sqrt{\frac{1}{p\,\gamma}}.
Hierbei bedeutet D die stündlich auf 1 m2 erzeugte Dampfmenge in kg und μ den Ausströmungskoeffizienten des Dampfes. Setzt man
D = 30 kg und μ = 0,4,
so erhält man aus der letzten Formel die erste.
Seit Einführung der Hochleistungskessel scheint es nicht mehr zulässig zu sein, die
obige Formel ohne Berücksichtigung der Heizflächenbeanspruchung unterschiedlos für
alle Kesselbauarten zu verwenden. Dies beweist folgendes Beispiel. In einem
Kraftwerk des „Rheinischwestfälischen Elektrizitätswerkes“ befindet sich ein
Hochleistungskessel von 973 m2 Heizfläche. Der
Kessel besitzt vier Hochhubsicherheitsventile von je 70 mm ∅. Versuchsweise wurde an
diesem Kessel die Dampfleitung durch selbsttätige Schnellschlußventile plötzlich
abgesperrt, so daß der gesamte Dampf durch die Sicherheitsventile strömen mußte.
Hierbei stieg die Dampfspannung rasch auf 17 at, so daß das Feuer von den Rosten
schnell entfernt werden mußte. Die Betriebsspannung des Kessels ist 14 at.
Dementsprechend hätte die größte Dampfspannung nur 15,4 at während des Abblasens der
Sicherheilsventile betragen dürfen. Die größte Dampferzeugung des Kessels beträgt 46
kg/m2 Heizfläche. Es wird angenommen, daß die
Heizflächenbeanspruchung im Augenblick der Absperrung der Dampfleitung nur 35
kg/m2 betrug. Der Versuch, einen vollkommen
belasteten Hochleistungskessel plötzlich von der Dampfleitung abzuschalten wird wohl
kaum ausgeführt werden.
Die nach der ersten Formel F=5\,H\,\sqrt{\frac{1000}{p\,\gamma}}
berechneten Hochhub-Sicherheitsventile erhalten zu kleinen Querschnitt, wenn die
Dampferzeugung für 1 m2 Heizfläche größer als 35
kg in der Stunde wird. Bei der Berechnung der Sicherheitsventile müßte dann die
stündliche höchste Gesamtleistung Q zugrunde gelegt
werden. Dann erhält man
F=\frac{Q}{2}\,\sqrt{\frac{1000}{p\,\gamma}} für normale,
F=\frac{Q}{6}\,\sqrt{\frac{1000}{p\,\gamma}} für
Hochhubventile. Für den erwähnten Hochleistungskessel beträgt nach der amtlichen
Formel die Querschnittfläche
4\,\times\,\frac{70^2\,\pi}{4}=\,\sim\,15000\mbox{ mm}^2.
Nach der neuen Formel müßte die Querschnittfläche der Hochhubsicherheitsventile
zusammen 22500 mm2 betragen. An Stelle der
vorhandenen vier Sicherheitsventile von je 70 mm ∅ müßten sechs Ventile von 70 mm ∅ treten.
(Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb 1915 S. 183.)
W.
Patententwendung und Patentanmeldung. Nach zwei Richtungen
hin ist der Patentschutz gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Einmal gegenüber
demjenigen, der vor der Anmeldung des Patentes bereits die Idee gewerblich
ausbeutete, oder die Ausbeutung in Angriff genommen hat, und gegenüber der
Oeffentlichkeit, wenn die Idee bereits offenkundig benutzt oder durch literarische
Publikation öffentlich bekannt war.
Der § 5 des Patentgesetzes bestimmt: Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen
nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung die Erfindung im Inlande bereits in Benutzung
genommen, oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat, er
ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes, in eigenen
oder fremden Werkstätten auszunutzen, und es kann diese Befugnis nur zusammen mit
dem Betriebe vererbt oder veräußert werden.
Hat der Vorbenutzer die Erfindung selbst entwendet, so kann er sich auf den Schutz
des § 5 nicht berufen. Der Patentinhaber kann gegen den Entwender, wenn dieser im
Wege der Klage das Patent angreift, die Einrede der Arglist erheben, und die Klage
muß abgewiesen werden. Außerdem kann er jederzeit auf Unterlassung der Benutzung
klagen, sowie auf Schadensersatz.
Es ist dabei gleichgültig, ob der Entwender die Idee von dem Patentinhaber selbst
oder von einem Dritten entwendet hat. Die gelegentlich vertretene Meinung, es handle
sich dann um den Einwand aus dem Recht eines Dritten, ist unrichtig, es kommt nur
auf die Tatsache an, daß der Anspruch des Entwenders gegen den Patentinhaber
arglistig ist. (So mit Recht Alexander Katz Technisches
Zentralblatt 57 S. 212 gegen eine Reichsgerichtsentscheidung, Juristische
Wochenschrift 08 S. 247.)
Wer also eine Idee entwendet hat, erwirbt gegenüber dem Erfinder kein
Vorbenutzungsrecht. Hat er aber die Idee seinerseits wieder weiter veräußert an
einen gutgläubigen Erwerber, so kann gegen dessen Vorbenutzungsanspruch nicht die
Einrede der Arglist geltend gemacht werden; der Patentinhaber ist dann auf seinen
Schadensanspruch gegen den Entwender beschränkt.
Nach § 2 des Patentgesetzes gilt eine Erfindung nicht als neu, wenn sie zur Zeit der
Patentanmeldung in öffentlichen Druckschriften bereits derart beschrieben, oder im
Inlande derartig offenkundig benutzt ist, daß danach die Benutzung durch andere
Sachverständige möglich erscheint. Es handelt sich hier um eine Bestimmung, die in
Hinsicht auf die industriellen Interessen gegeben ist; eine Idee, die bereits über
die bloße Kenntnis hinaus Gegenstand der Allgemeinheit geworden ist, soll auch der
gewerblichen Verwertung der Allgemeinheit unterliegen und der Patentschutz soll in
diesem Falle versagt werden.
Da es sich, wie gesagt, um das öffentliche Interesse handelt, darum muß es als völlig
gleichgültig bezeichnet werden, auf welche Weise eine Idee Gegenstand
deröffentlichen Kenntnis geworden ist. Auch wenn jemand eine Idee entwendet und
in einer öffentlichen Druckschrift beschreibt oder sie selbst unter den
Voraussetzungen des § 2 des Patentgesetzes offenkundig in Benutzung nimmt, hat die
Allgemeinheit bereits ein Recht an der Erfindung erlangt, und der Patentschutz ist
zu versagen, natürlich vorbehaltlich des Anspruchs auf Schadensersatz gegen den
Entwender.
Nicht immer ist der Entwender in der Lage, die Idee in einer Druckschrift zu
beschreiben, oder sie selbst offenkundig zu benutzen, häufig liegt das nicht in
seinem Interesse, er versucht vielmehr Interessenten für die Idee zu gewinnen, denen
er die Idee mitteilt, um sie später erst zu benutzen.
Hat der Erfinder selbst seine Idee noch nicht benutzt, so handelt es sich für den
Entwender um die bloße Verbreitung einer Idee, und diese hindert den Patentschutz
zugunsten des Urhebers, des Erfinders, nicht. Selbst wenn der Erfinder bereits ein
Modell hergestellt hat, liegt darin noch nicht notwendig eine Benutzung der Idee
selbst, so daß der Erfinder geschützt bleibt.
Das sind aber nicht die Fälle, die in der Praxis die größte Rolle spielen. Meist ist
eine Entwendung einer Idee nur dadurch möglich, daß der Erfinder selbst die Idee
bereits in Benutzung genommen, und seine Angestellten oder sonstigen Personen, die
mit der Erfindung in Berührung kommen, zur Verschwiegenheit verpfichtet hat, daß
dann aber ein Angestellter die Verschwiegenheitspflicht verletzt, und die Idee
veräußert.
In diesem Falle ist – eine bedauerliche Lücke des Gesetzes – dem Erfinder nur ein
geringer Schutz gegeben. Das Wesentliche ist, daß die Erfindung überhaupt benutzt,
also nicht bloße Idee geblieben ist, wenn auch ausschließlich benutzt im Betriebe
des Erfinders. Diese Benutzung an sich schließt natürlich den Patentschutz nicht
aus, nur darf die Benutzung nicht offenkundig sein. Sie wird aber offenkundig
dadurch, daß ein Angestellter die Kenntnis von der Erfindung mißbraucht, und sie
dritten, wenn auch unbefugten Personen, mitteilt. Die bloße Verbreitung der
Tatsache, daß und wie der Erfinder seine Idee benutzt, macht die Benutzung des
Erfinders zu einer offenkundigen, wenn die weitere Benutzung der Idee auf Grund
dieser Beschreibung durch andere Sachverständige möglich ist, und damit sind die
Voraussetzungen gegeben, unter denen das Gesetz das schutzwerte Interesse zum
Vorteil der Allgemeinheit opfern will und den Erfinder auf seinen praktisch oft
wertlosen Schadensanspruch beschränkt.
So hat auch die Rechtsprechung in einer Reihe von Fällen den Patentschutz versagt,
wenn der Erfinder selbst die Idee bereits benutzt hatte, und diese Tatsache durch
den Vertrauensbruch eines Angestellten offenkundig geworden ist (vgl. Blatt für
Patentmuster und Zeichenwesen Bd. 4 S. 153, Bd. 7 S. 12). Es sind allerdings auch
vereinzelte Entscheidungen zugunsten der Erfinder gefällt worden, die jedoch alle
der älteren Zeit angehören (Patentblatt 83 S. 125 und Seligsohn, Kommentar zum.
Patentgesetz § 2 Anm. 16).
Dr. jur. Eckstein.
Ist ein nachträglicher Eigentumsvorbehalt bei
Maschinenlieferungen möglich? Ein Eigentumsvorbehalt an Maschinen wird in
der Regel nur dann ausbedungen, wenn es wegen der wirtschaftlichen Lage des Käufers
für den Verkäufer besonders gefährlich ist, das Eigentum an der Maschine aufzugeben,
ohne den entsprechenden Gegenwert entweder in barer Zahlung oder in einer sicheren
Forderung in Händen zu haben. Hat ein Maschinenlieferant einen Verkauf ohne
Eigentumsvorbehalt abgeschlossen, weil er in dem Vertragsgegner einen genügend
sicheren Schuldner zu haben glaubte, und stellt sich nachträglich sein Irrtum
heraus, oder ändern sich die Verhältnisse des Käufers, so daß an eine baldige
Zahlung nicht zu denken ist, so hat der Lieferant das größte Interesse daran, sich
nachträglich durch einen Eigentumsvorbehalt an der bereits übereigneten Maschine zu
sichern, und der Besteller wird vielfach das gleiche Interesse an der nachträglichen
Bewilligung des Eigentumsvorbehalts haben, da er nur durch diese Bewilligung sich
den weiteren Kredit erhalten kann.
Es fragt sich nun, ob die nachträgliche Ausbedingung eines Eigentumsvorbehalts an
einer bereits übereigneten Maschine zulässig ist. Das rechtliche Bedenken, das man
hier aufwerfen kann, liegt in der gesetzlichen Gestaltung des Eigentumsrechts. Das
Bürgerliche Gesetzbuch verlangt zum Uebergange des Eigentums an einer beweglichen
Sache auch einen Besitzübergang; es ist aber zulässig, daß das Eigentum auch ohne
Besitzänderung übergeht, wenn der Eigentümer im Besitze der Sache ist, indem
zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen
der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt (§§ 929 bis 930 BGB).
Faßt man die nachträgliche Ausbedingung eines Eigentumsvorbehalts als einen
selbständigen Vertrag auf, der die bloße Rückübereignung des bereits übereigneten
Gegenstandes zum Inhalt hat, so muß man notwendig dazu kommen, die bloße
vertragliche Rückübereignung ohne Besitzwechsel für unzulässig zu halten; und das
Reichsgericht hat auch verschiedentlich in diesem Sinne entschieden (vgl. z.B.
Entscheidungen in Zivilsachen Bd. 54 S. 396) und hat einen nachträglichen
Eigentmusvorbehalt für unwirksam erklärt, weil es an einer Besitzübertragung gefehlt
hat. Die Parteien müssen vielmehr, wie es in diesen Entscheidungen ausgeführt wird,
den Besitz zurückübertragen und dann den Erwerber von neuem in den Besitz
setzen.
Es liegt auf der Hand, daß dieses Verfahren auf eine bloße Farce hinausläuft. Wozu
das überflüssige Hin und Her von Besitzübertragung, Rückübertragung und
Wiederzurückübertragung? Kein Laie wird die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens
begreifen.
Auch die Praxis hält neuerdings diesen überflüssigen mehrfachen Besitzwechsel für
nicht erforderlich. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer im Rheinischen
Archiv Bd. 108 S. 145 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, daß ein
nachträglicher Eigentumsvorbehalt nicht notwendig wirkungslos sei. Zwar hält auch
dieses Gericht den durch das Gesetz gebotenen Besitzwechsel fürnötig, aber es
legt den vertraglichen Vereinbarungen folgenden Vorgang zugrunde. Durch den
Eigentumsvorbehalt werde zunächst ein neuer selbständiger Rückkaufsvertrag
geschlossen. Dieser Rückkaufsvertrag werde wirksam in dem Augenblick, in dem er
abgeschlossen wird. Die Rückübereignung auf Grund dieses Kaufvertrages sei möglich
ohne Besitzwechsel, denn die Parteien beabsichtigen, daß der Käufer (und
gleichzeitig Rückverkäufer) die Sache nunmehr nur noch als Verwahrer für den
Verkäufer (Rückkäufer) besitzen solle, so daß also die Voraussetzungen des § 930 BGB
vorliegen. Nun liege in dem nachträglichen Eigentumsvorbehalt gleichzeitig noch ein
weiterer – also ein dritter – Rückkaufsvertrag. Der ursprüngliche Verkäufer und
Rückkäufer verkaufe nämlich dieselbe Sache, die ihm soeben zurückübereignet sei, nun
von neuem an den ersten Käufer, und zwar nunmehr mit Eigentumsvorbehalt; zu dieser
Uebereignung bedarf es keines Besitzwechsels, da der Erwerber bereits (als
Verwahrer) im Besitz der Sache ist. Auf diesem Wege kommt das Oberlandesgericht
Düsseldorf um die Bedenken des Reichsgerichts herum.
Diese Entscheidung, die im Ergebnis weit mehr zu billigen ist, als die des
Reichsgerichts, ist ein Musterbeispiel von sogenannter Konstruktionsjurisprudenz.
Diese verschiedenen Eigentumsübergänge bestehen nur in der Vorstellung des Juristen,
dem praktischen Leben sind sie fremd, und keinem Laien wird es begreiflich sein, daß
er bei einem nachträglichen Eigentumsvorbehalt derartig komplizierte Rechtsgeschäfte
abgeschlossen haben soll. Und es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die
übrigen Gerichte von den Rechtsausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht
überzeugt werden, und an der Unzulänglichkeit des nachträglichen Eigentumsvorbehalts
ohne Besitzwechsel festhalten.
Aber die Möglichkeit eines nachträglichen Eigentumsvorbehalts ist ein dringendes
wirtschaftliches Bedürfnis, und das Gesetz, das diese Möglichkeit nicht offen ließe,
würde geradezu als eine Gefahr für den wirtschaftlichen Verkehr erscheinen.
Meiner Meinung nach taugt aber unser Gesetz mehr, als es nach manchen Entscheidungen
scheinen möchte. Man braucht nur den nachträglichen Eigentumsvorbehalt als das
anzusehen, was er nach dem Willen der Parteien tatsächlich ist.
Eine Willenserklärung ist nicht wie ein abgeschossener Pfeil, der einmal in seinem
Lauf unaufhaltsam seinem Ziel zustrebt. Es liegt vielmehr in der Hand der Parteien,
ihre einmal abgegebene Willenserklärung, soweit sie nicht etwa schon für Dritte
rechtliche Bedeutung erlangt haben, nachträglich abzuändern, soviel sie wollen.
Bestehen zwischen zwei Personen beispielsweise zwei Forderungen in gleichem Betrage,
und wird die eine Forderung bezahlt, so ist zunächst diese Forderung allerdings
erloschen. Es ist den Parteien aber unverwehrt, nachträglich auszumachen, daß die
Zahlung nicht für die eine, sondern für die andere Forderung gelten solle. Und die
Wirkung ist, daß nur scheinbar die eine Forderung erloschen war, in Wirklichkeit
aber nicht.
So ist es auch bei dem gewöhnlichen Kaufvertrag. Die Parteien haben den
Kaufvertrag abgeschlossen und erfüllt. Sollen sie nicht nachträglich die Möglichkeit
haben, die Willenserklärungen, die in der Erfüllung des Kaufvertrages liegen, nach
Belieben abzuändern? Ich finde kein Bedenken darin, daß eine Einigung über den
Eigentumsübergang nachträglich umgeändert wird zu einer bloßen Einigung über den
Besitzübergang, während dem Veräußerer das Eigentum an der veräußerten Sache
vorbehalten bleiben soll.
Die nachträgliche Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts erscheint demnach als
schlechthin zulässig.
Dr. jur. Eckstein.
Die Verwendung von Koks zur Dampferzeugung. Der
Feuerungsingenieur des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats H. Markgraf berichtet in „Stahl und Eisen“ 1915 S.
847 über die seit Kriegsbeginn unternommenen Versuche, Koks an Stelle von
Steinkohlen in Dampfkesselbetrieben zu verfeuern. Die Verheizung von weichem,
zerreiblichem Koks hat den Nachteil, daß infolge Versetzung des Rostes der
Verbrennungsvorgang verlangsamt wird und Schlackenbildung eintritt. Bei dichter
Brennstofflagerung steigen die Temperaturen wegen der Stauung der Verbrennungswärme,
die Aschenbestandteile werden flüssig und verstopfen den Rost, und das Feuer geht
aus. Auch kann die flüssige Schlacke mit dem Eisen der Roststäbe Verbindungen
eingehen und diese durchschmelzen. Von großer Bedeutung ist daher, daß der Koks eine
gewisse Festigkeit besitzt. Ein harter, stückig bleibender Koks kann auf dem Rost so
gelagert werden, daß die Luft zwischen den einzelnen Stücken leicht und in
genügender Menge hindurchziehen kann. Er setzt das Feuer nicht zu, weil er nicht
weich wird oder sich aufbläht, wie Steinkohle. Daher können mit hartem Koks
unbedingt dieselben Dampfleistungen erzielt werden wie mit Kohlen, und die
Aufstellung besonderer Einrichtungen für künstliche Luftzufuhr ist völlig
überflüssig. Da auch Störungen durch Schlackenbildung bei hartem Koks ausgeschlossen
sind, wird auch das Eisen der Roststäbe nicht über Gebühr angegriffen.
Die Verbrennungstemperatur des Kokses ist nicht höher als die der Steinkohle, wie man
leicht anzunehmen geneigt ist. Die Koksflamme sieht nur heller aus als die
Steinkohlenflamme, die durch die bei der Verbrennung sich zersetzenden
Kohlenwasserstoffe und durch ausscheidende Kohlenstoffteilchen ein trüberes Aussehen
erlangen. Stichflammen bilden sich nur bei stark verschlacktem Feuer, wenn
sogenannte Krater entstehen, durch welche Luft in großen Mengen hindurchgesaugt
wird, während andere Teile des Rostes verstopft sind. Da aber harter Koks nur sehr
wenig zu Verschlackungen neigt und sich bei locker liegendem Brennstoff nur schwer
Löcher im Feuer bilden können, ist auch die Gefahr der Bildung von Stichflammen
nicht vorhanden.
Die Eisenbahnverwaltung hat auf den Lokomotivenschon im September v. J. die
Koksheizung eingeführt, Sie bezieht jetzt im Monat 150000 t Hüttenkoks und verfeuert
ihn zusammen mit Steinkohlen, bei längere Zeit andauernder Dampfentnahme auch ohne
diesen Zusatz. Aenderungen an den Feuerungen haben sich hierbei nicht als nötig
erwiesen. Man verwendet Grobkoks, wie er beim Stoßen aus den Oefen fällt.
Versuche haben ferner erwiesen, daß der Koks auch in Schiffskesseln Verwendung finden
kann, doch meist nur in Mischung mit Steinkohle, je nachdem die Dampfentnahme mehr
oder weniger gleichmäßig stattfindet. Hier hat sich jedoch gezeigt, daß die Größe
der Rostfläche eine wichtige Rolle bei der Verfeuerung von Koks spielt.
Bei ortfesten Anlagen liegen die Verhältnisse ebenso. Bei gutem Willen des Heizers,
der wegen des geringeren Raumgewichts des Kokses öfter aufgeben muß, steht der
Einführung der Koksfeuerung nichts entgegen. Für die mechanische Brennstoffzufuhr
liegt eine Schwierigkeit darin, daß für Feuerungszwecke nur Grobkoks in der Körnung
von 0 bis 70 mm zur Verfügung steht, das Brechen auf ein kleineres Korn aber
technisch nicht ausführbar ist. Am schwierigsten liegen hier die Verhältnisse bei
Wanderrostkesseln. Doch ist es gelungen, an einigen Stellen den Betrieb mit ½ Koks +
½ Steinkohle voll aufrecht zu erhalten. Belani hat eine
Art Vorfeuerung erfunden, worin der Koks zur Entzündung gebracht wird, ehe er auf
den Wanderrost gelangt. Sie ersetzt den üblichen Kohlenzuführungstrichter, besteht
aus einem Schacht, der nach vorn zu einen Schrägrost besitzt und gegenüber durch
einen Kanal mit dem Kesselfeuerungsraum in Verbindung steht.
Bei einer Versuchsanlage mit dieser Vorrichtung wurden für 1 m2 Rostfläche und für die Stunde 125 kg Koks
verheizt und für 1 m2 Heizfläche und für die
Stunde 17 kg Wasser verdampft. Die Flammentemperatur direkt hinter dem
Entzündungsbogen betrug 1150 bis 1200°C, wie bei der Kohlenfeuerung. Es ergab sich
eine siebenfache Verdampfung, berechnet auf Dampf von 100°, aus Wasser von 0°.
Allgemein kann man sagen, daß alle Arten von Dampfkesselfeuerungen den Koks
verbrauchen können, und daß, solange Koks vorhanden ist, keine Brennstoffnot
existiert.
Loebe.
Die Hindenburgbrücke in Berlin wurde am 11. September dem
Verkehr übergeben. Es ist bemerkenswert, daß ihre Ausführung ebensowenig wie der Bau
der Nord-Südbahn, der Lindenuntertunnelung und des Westhafens durch den Krieg
verhindert worden ist. Diese dritte Millionenbrücke Berlins hat zwar nur eine Länge
von 138 m, dafür aber eine Breite von 27 m und besteht aus drei Oeffnungen, einer
Mittelöffnung von 87 m und zwei Seitenöffnungen von je 25,5 m Länge, die durch zwei
138 m lange Hauptträger überbrückt werden. Die Brücke kostete, von den Rampen
abgesehen, 1200000 M.