Titel: | Kalihaltige Lagerstätten im In- und Auslande. |
Autor: | Landgraeber |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 55 |
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Kalihaltige Lagerstätten im In- und
Auslande.
Kalihaltige Lagerstätten im In- und Auslande.
In der Landwirtschaft und Industrie ist die Bedeutung des bergmännisch
gewonnenen Kalis immer mehr erkannt worden. Für den pflanzlichen und tierischen
Organismus beruht der Wert in erster Linie auf der physiologischen Wirkung des in
diesen Naturschätzen enthaltenen Kaliums. In der Industrie wird Kali von
Seifensiedereien, Glashütten, Salpeteranlagen, Färbereien, Druckereien u.a. in
großen Mengen verwandt. Chemische Fabriken benötigen Kali zu vielen pharmazeutischen
und chemischen Präparaten sowie zu Arzneimitteln und sonstigen kalihaltigen Stoffen.
Einst kam als Kaliquelle für alle jene Verwendungsarten vorwiegend Holzasche in
Betracht, die als Feuerrückstände gesammelt und durch Verbrennen ganzer Wälder
beschafft wurde.
Der deutsche Kalibergbau kann am Barbaratage dieses Jahres sein 75jähriges
Jubiläum feiern. Im Jahre 1851 ging man dazu über, die ersten Kalischächte „Von
der Heydt“ und „Manteuffel“ niederzubringen. Diese beiden Schächte
sollten anfänglich nicht zur Ausbeutung von Kalilagern, sondern lediglich zur
Förderung von Stein- oder Kochsalz dienen. Von der Anwesenheit der Kalisalze im
tieferen Untergrunde wußte man damals noch nichts. Als das Salzgebirge angeschlagen
wurde, fand man anstatt Steinsalz buntgefärbte Schichten, die aus Kali- und
Magnesiumverbindungen bestanden. Man mußte sie zunächst abräumen, ehe man zu den
gesuchten Steinsalzen gelangen konnte. Unter dem Namen „Abraumsalze“ wurden
sie als lästiger Abfall mit anderem wertlosen Gestein auf
die Bergehalde geworfen. Erst als die sich ansammelnden Massen infolge
Zersetzung und Ausbreitung unangenehmer Dünste lästig wurden, besann man sich auf
ihre Verwertung. Es wurden Chemiker beauftragt, Arbeitsmethoden zu ihrer Verwertung
ausfindig zu machen. Nachdem dieses gelungen war, entwickelte sich alsbald ein
blühender Kalibergbau, der seine Rohprodukte mit glänzendem Erfolge losschlagen
konnte. Steinsalz wurde Nebensache. Der steigende Bedarf gab Veranlassung, auch in
anderen Gebieten Deutschlands nach Kali zu suchen. Im Laufe weniger Jahre wurden in
Thüringen, Hannover, Braunschweig, Hessen, Elsaß und Mecklenburg gewaltige
Lagerstätten entdeckt. In neuerer Zeit sind zu den klassischen Produktionsstätten
noch zwei weitere kalihöffige Gebiete in Baden und am unteren Niederrhein
hinzugekommen. Die geologische und mineralogische Ausbildung der alten Kalilager
darf als bekannt vorausgesetzt werden. Von den neuen Lagern im Badischen Kalizentrum
sei erwähnt, daß die Salze einen Gehalt von 26,7 v. H. Reinkali aufweisen. Die
Mächtigkeit beträgt 4 m. Die zu erwartenden Vorräte dürften noch nicht genau zu
schätzen sein. Am unteren Niederrhein wurden auf der Suche nach Steinkohlenlagern in
den nordwestlichen Randgebieten des Ruhrreviers ganz unerwartet Kalisalze angebohrt.
Durch weitere Bohrungen stellte sich heraus, daß hier mit einer Höffigkeit von
ungefähr 100 Millionen t Reinkali zu rechnen sei, bestehend aus Hartsalz mit bis zu
30 v. H. K2O und Karnallit mit 24 bis 27 v. H. K2O. Kürzlich wurde die erste Förderanlage zur
Ausbeutung des Bergsegens am Niederrhein erstellt.
Die Kalivorräte in dem salzigen Reich der mit dem Namen „deutsches
Zechsteinmeer“ belegten geologischen Formation sind nach neuzeitlichen
Untersuchungen auf etwa ½ Billion Tonnen nutzbarer Salzmineralien zu schätzen. Im
Laufe der Jahre ist es gelungen, 25 technisch wichtige Chloride und Sulfate der
Elemente Kalium, Natrium, Magnesium und Kalzium festzustellen. Hinzu kommen noch
Hunderte von Salzgesteinen.
Die Zahl der Kalischächte ist bis heute auf insgesamt 239 mit 87 Chlorkaliumfabriken
gestiegen. Mehr als 60000 Arbeiter und Beamte können in dieser hochentwickelten
Industrie ihr Brot finden. Insgesamt ist ein Kapital von 2000 Millionen Goldmark
investiert. Große und kleine Werke haben sich neuzeitlich zu Konzernen, Gruppen und
Großkonzernen zusammengeschlossen. In gewaltigen, modernen Fabrikneubauten werden
hochwertige Kaliprodukte und andere chemische Edelfabrikate nach ganz neuartigen
Gesichtspunkten hergestellt. Die Förderung an Kalirohsalz stieg von 23000 dz im
Jahre 1861 auf rund 2900000 dz im Jahre 1870. Um die Jahrhundertwende hatte sie
bereits die Menge von über 80000000 dz erreicht. Im Jahre 1920 betrug sie 113800000
dz (einschließlich der elsässischen Gruben.) Durch den Friedensvertrag sind uns 17
Kaliwerke im Elsaß verloren gegangen. Sie machen dem einstigen deutschen
Weltkalimonopol fühlbare Konkurrenz. Die Kalilager im Elsaß sind zudem keinesfalls
als gering zu betrachten. Die Gesamtausdehnung des oberen Lagers beträgt rund
95 qkm und die des unteren sogar 180 qkm. Die durchschnittliche Mächtigkeit im
oberen Lager ist 1 m und die im unteren 3,30 m. Der Gehalt an Reinkali beträgt 25
bezw. 20 v. H. K2O. Die Vorräte werden auf 270
Millionen t K2O geschätzt, wodurch dem deutschen
Volksvermögen obendrein ein Wert von etwa 50 Milliarden Mark entrissen worden
ist.
In den ersten Jahrzehnten der Entwicklung des deutschen Kalibergbaues überwog der
Auslandsverbrauch an Kali den Inlandskonsum. Mitte der 80er Jahre trat ein Umschwung
ein. Inland und Ausland hielten sich seitdem lange Zeit die Wage. In der Jetztzeit
überwiegt der Inlandsverbrauch. Der gesteigerte Bedarf an diesem wichtigen
Düngemittel veranlaßte mehrere Staaten an verschiedenen Stellen der Erde nach neuen
Kaliquellen zu suchen. Trotzdem von ersten deutschen wissenschaftlichen Fachleuten
durch ein Gutachten über die Kalilagerstätten der Welt der Monopolcharakter der
deutschen Kalisalze gewissermaßen dokumentiert war, und die Fachwelt an diesem
Urteil festhielt, zeigte sich, daß mancherorts im Auslande Kalilager auftreten, die
nach Menge, Qualität und Bauwürdigkeit als ernsthafte Konkurrenten des heimischen
Kalibergbaues in absehbarer Zeit in Frage kommen können.
Die Amerikaner haben trotz riesiger Aufwendungen in Santa Rita (Neumexiko) bei
Vornahme von Erdölbohrungen sowie in Texas kaliführende Salzschichten von nur
geringen Ausmaßen angetroffen. Der Gehalt an K2O
beträgt in Santa Rita etwa 14 Prozent. Noch größere Summen haben sie für die
künstliche Darstellung von Kali ausgeworfen. Wenn auch auf diesem Wege einige
100000 dz hergestellt werden können, so entspricht diese Menge nur etwa der
Produktion eines einzigen größeren deutschen Kaliwerkes. Aus der Tatsache, daß
an verschiedenen Orten Kali gefunden wurde, ist zu ersehen, daß auch die
ernsteste Wissenschaft sich irren kann, die einst behauptete, die allgemeinen
Bedingungen, die zur Entstehung von Kalisalzen führen, sind derart
exzeptioneller Natur, daß die Wahrscheinlichkeit, daß sie sich wiederholt haben,
gering ist.“
In Vorderindien sind in den Salzlagern zu Kheva und Nurpur ebenfalls kalihaltige
Streifen gefunden worden. Wenn es sich hierbei nach dem Stande heutiger Kenntnis nur
um isolierte Nester, handelt, so ist die Möglichkeit, bauwürdige. Lager in größerem
Ausmaße zu finden, nicht ausgeschlossen. Ueber die Bedeutung der Betriebe zur
Gewinnung von Kalisalpeter in den chinesischen Provinzen Honau, Schantung, Tschilli,
Tutcking läßt sich auch heute noch nichts genaueres sagen.
Von erheblicher Bedeutung sind dagegen die spanischen Kalifunde von Suria-Mauresa, wo
im Ebro-Becken 400 qkm kaliführende Sylvinite mit 7 m Mächtigkeit bei einem Gehalt
von 20 v. H. K2° gefunden worden sein sollen. Dieses
Gebiet liegt bezüglich Versorgung mit Brennstoffen und elektrischer Kraft sowie
frachtlich nicht ungünstig. Ferner sind in den Pyrenäen kürzlich bei
Petroleumbohrungen in Castagnède in 180 m Tiefe angeblich Kalilager entdeckt
worden.
Nicht zu unterschätzen ist die Kaliindustrie, die sich in Galizien und Polen
entwickelt. Im Gebiet von Kalusz-Stebnik treten bemerkenswerte Kalilager auf. Neuere
Nachrichten besagen sogar von Vorräten zwischen Kalusz und Stebnik in Höhe von 70
Millionen t. Ferner sollen in der Nähe von Kalusz neuerdings Kalivorkommen erschürft
worden sein, die 20 Millionen t enthalten. Das Salz von Stebnik enthält 44–52 v. H.
Kainit und 3–6 v. H. Karnallit. Das Sylvinit von Kalusz enthält 41 Prozent
verwertbarer Kalisalze. Demnach ist die Qualität dieser Vorkommen relativ gut und
macht sie den Staßfurter Salzen ebenbürtig. Die Förderziffer stieg in den Jahren
1913–1923 von 2350 t auf 61500 t. In der Jetztzeit dürfte die Förderung bereits auf
über 100000 t gestiegen sein. Außerdem werden noch gewaltige, bisher unerschlossene
Lager in Kujavi in der Wojewodschaft Posen vermutet. Man wird infolgedessen nicht
umhin können, derartigen ausländischen Kalifunden erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Vorderhand ist eine Gefahr, selbst wenn die polnischen Vorkommen noch schäfer
ausgebeutet werden, für die überragende Stellung der deutschen Kaliindustrie nicht
abzuleiten, da die polnische Landwirtschaft selbst in steigendem Maße Kali
verwendet. Die Nachfrage ist dort um 500 Prozent gegen früher gestiegen. Außerdem
ist die Welt für Kali immer noch derartig aufnahmefähig, daß der Absatz noch
eine gewaltige Ausdehnung erfahren kann.
Sonstige ausländische Kaliquellen sind kalihaltige Gesteine wie Feldspat, Leuzit,
Phonolit, Alaunit (Marysvale in Utah), Kalisalpeter (Bengalsalpeter) sowie
kalihaltige Binnenseen (Utah, Idaho, Kalifornien, Nebraska, Wycming u.a.). Wenn auch
durch geeignete Aufarbeitung oder m Gradierwerken und Salzgärten gewisse Mengen Kali
gewonnen werden können, so bedeuten diese doch nur einen gewissen Bruchteil der
Weltversorgung. Der geringe Kaligehalt des Seewassers, die Mannigfaltigkeit in der
Zusammensetzung u.a.m. machen die Herstellung reiner Düngesalze technisch schwierig
und teuer. Auch die Verarbeitung obengenannter Steine kommt vorerst, praktisch nicht
mehr in Frage. Die betreffenden Versuche, die sich im Kriege mehrten, als sich der
Mangel an deutschem Kali fühlbar machte, dürften als verfehlt zu betrachten sein.
Von anderen Bestrebungen, Kaliverbindungen zu bekommen, wie z.B. aus Zementkali,
Hochofenkali oder aus Melasse der Zuckerindustrie und Abwässern der Wollwäschereien,
hört man neuzeitlich nicht mehr. Die Ausbeutung des Toten Meeres, das ungefähr 30
Milliarden t gemischter Salze mit 1,5 Milliarden t Chlorkalium enthalten soll,
dürfte für die Weltversorgung noch in weiter Ferne liegen.
Landgraeber.