Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 250, Jahrgang 1883, Miszellen, S. 281 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Das elektriche Boot auf der Elektrischen Ausstellung zu
Wien.
In dem von der Electrical Power Storage Company in
London bei Gelegenheit der internationalen elektrischen Ausstellung in Wien 1883
vorgeführten elektrischen Boote wird die im Boote befindliche secundäre
Dynamomaschine durch Accumulatoren gespeist. Das Boot, ein aus galvanisirtem
Stahlbleche hergestelltes 12m,50 langes und 1m,85 breites Kielboot mit scharfem Buge, ist von
Yarrow und Comp. in LondonAus derselben Werkstätte stammt auch die Elektricity, das erste in England gebaute Schiff dieser Art,
welches am 28. September 1882 unter Prof. Sy.
Thompson's Leitung seine erste Probefahrt auf der Themse machte
(vgl. 1883 247 184). Die Schraube dieses Bootes
wurde durch zwei Siemens'sche Dynamomaschinen
getrieben, welche zusammen oder auch einzeln arbeiten konnten und die ihren
Strom (fast constant 24 Ampère) aus 45 unter den Sitzen aufgestellten Faure-Sellon-Volckmar'schen Accumulatoren
erhielten. gebaut, hat einen Tiefgang von 0m,6 und bietet bequem für 30, erforderlichen
Falles auch für 40 Personen Sitzraum. Der Propeller ist zweiflügelig, hat einen
Radius von 22cm und soll 700 Umläufe in der Minute
machen, was jedenfalls nur eine geringe Steigung der Schraubenfläche zulassen würde;
andererseits liegt diese Umdrehungszahl für die Dynamomaschine an der untersten Grenze der Zulässigkeit. Im rückwärtigen
Theile des Bootes, unter dem Fuſsboden, liegt eine Dynamomaschine (Typus D2) von Gebrüder Siemens
in London, deren Inductortrommel mit dem Propeller auf der gleichen Welle sitzt;
diese Maschine wirkt als secundäre Dynamomaschine und empfängt ihren Strom aus 78
Accumulatoren, welche im Boote unter den Sitzbänken und theilweise auch im Kielräume
des Bootes untergebracht sind.
Die hier verwendeten Faure-Sellon-Volckmar'schen
Accumulatoren (vgl. S. 262 d. Bd.), mit denen z.B. auch die 80 Swan-Lampen im
Kaiserpavillon der Wiener Ausstellung gespeist und seit mehreren Monaten ein Theil
der Bühnen-Beleuchtung des Hof-Opernhauses besorgt wird, sind würfelförmige
Glasgefäſse, welche im Betriebszustande je 27k
wiegen und einen wohlberechneten Theil des Schiffsballastes ausmachen. Jeder dieser
Accumulatoren besteht aus 18 Paar durchlöcherten, 3mm starken Bleiplatten von 180mm Länge
und 130mm Höhe. Volckmar, der Vertreter der Power Storage
Company in Wien, gibt an, daſs jeder Accumulator im Stande sei, 300
Stunden-Ampere elektromotorischer Kraft aufzuspeichern, was bei einer Spannung von
2,15 Volt eine Arbeitsleistung von 65mk,7 in der
Stunde ergeben würde.
Da alle 78 Accumulatoren hinter einander geschaltet sind, so ergibt sich an den
Polklemmen der secundären Dynamomaschine eine Potentialdifferenz von 165 Volt; wenn
somit alle Zellen eingeschaltet sind, empfängt die Siemens-Maschine 45 bis 48 Ampère, also etwa 10e,7, wovon 7e an
die Propellerachse übergehen. Die Messung der dem Motor zuflieſsenden Stromstärke
vollzieht sich durch ein vor dem Steuerrade, welches unmittelbar hinter der
Dynamomaschine steht, angebrachtes Ayrton und
Perry'schen Ammeter.
Selbstverständlich lassen sich durch Schaltvorrichtungen entweder alle Accumulatoren,
oder nur eine gewisse Anzahl derselben in den Stromkreis einbeziehen, oder endlich
der Strom ganz unterbrechen. Diesen Apparat bedient der Steuermann in bequemster
Weise gleichzeitig mit dem Steuer, so daſs in der That nur ein Mann zur
Fahrtbedienung des Bootes erforderlich ist.
Die zur Ladung der Accumulatoren dienende Dynamomaschine befand sich sammt einer
10e-Locomobile zu ihrer Inbetriebsetzung in
einem wenige Schritte unterhalb der Sophienbrücke am Prater-Ufer des Donaukanales
erbauten Schuppen. Diese
Dynamomaschine (eine Schuckert'sche Flachring-Maschine,
vierpolig, mit Abänderung nach System Brush) arbeitet
mit einer Spannung von 170 Volt und liefert 25 Ampère Strom. Die geladenen
Accumulatoren sind im Stande, das Boot während 6stündiger Fahrt mit hinreichendem
Strome zu versorgen. Die Geschwindigkeit für die Fahrten stromab und stromauf wichen
sehr bedeutend von einander ab. Bei der am 7. September d. J. stattgehabten
Probefahrt, auf Grund deren dann Hr. Volckmar die
Erlaubniſs ertheilt wurde, unentgeltliche Fahrten im Kanäle veranstalten zu dürfen,
fuhren 20 Personen und ein Steuermann der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an
Bord, Punkt 3 Uhr von der Sophienbrücke ab und waren 3 Uhr 35 Minuten bei der 2km,75 stromaufwärts gelegenen Augartenbrücke
angelangt; die Geschwindigkeit war eine stetige, das Boot folgte genau und leicht
dem Steuer, so daſs die Fahrt eine sehr angenehme war; die Dynamomaschine machte
sich auſser durch ein gewisses Zittern des Schiffsbodens noch durch ein stetes
Brummen bemerkbar, was sicherlich weniger vernehmbar sein würde, wenn die Maschine
nicht in den gewissermaſsen als Resonanzboden dienenden Kielraum versenkt wäre.
Dieselbe Strecke wurde in der Thalfahrt in nicht ganz 11 Minuten zurückgelegt, was
die ansehnliche Geschwindigkeit von über 4m in der
Secunde ergibt. Bei einer am 24. September veranstalteten Fahrt nach Preſsburg nahm
die Thalfahrt 4 Stunden in Anspruch. (Nach der Wochenschrift
des Oesterreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1883 * S.
265.)
H. Dittmer's Funkenlöschapparat.
Um bei Locomotiven, Locomobilen u. dgl. das Ausstreuen noch glimmender
Kohlentheilchen aus dem Schornsteine zu verhindern, bezieh. um dieselben
abzulöschen, ordnet H. Dittmer in Buckau-Magdeburg (*
D. R. P. Kl. 20 Nr. 22978 vom 21. November 1882) im oberen, entsprechend erweiterten
Theile des Schornsteines einen siebförmig durchlöcherten Hohlkegel mit nach unten
gerichteter Spitze an, in welchen Ausblasedampf geleitet wird. Indem dieser aus den
erwähnten Löchern des Kegels den mitgerissenen Kohlentheilchen entgegenströmt,
sollen letztere nach Meinung des Erfinders völlig abgelöscht werden. Damit aber der
Zug im Schornsteine nicht zu sehr durch das Hineinblasen von Dampf beeinträchtigt wird, sollen die Löcher der oberen
Reihen nach oben gerichtet sein, um saugend zu wirken und so zur Beförderung des
Zuges beizutragen.
Wolfer's Mitnehmer für Drehbänke.
Der beistehend abgebildete Drehbank-Mitnehmer von O.
Wolfer in Zürich (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 23496 vom 13. December 1882)
besteht aus den beiden durch ein Gelenk mit einander verbundenen Schenkeln g, zwischen welchen das Werkstück durch den Bügel c und den Excenterhebel a
eingeklemmt wird. Die Schenkel g sind auf den
Auſsenseiten gerauht, so daſs der mit entsprechend aufgehauenen Einlegebacken e ausgestattete Bügel c
nicht abrutschen kann.
Textabbildung Bd. 250, S. 282
Der unter dem Excenterhebel liegende Einlegebacken ist natürlich im Bügel
verschiebbar, während der andere mit dem Bügel fest verbunden ist. Ein Stift
verhindert das völlige Herabgleiten des Bügels.
A. Keim's Verblend- und Isolirplatten für Wandflächen.
Textabbildung Bd. 250, S. 282
Zur Bekleidung feucht werdender Wände empfiehlt Adolf
Keim in München (* D. R. P. Kl. 80 Nr. 22666 vom 13. September 1882) auf
folgendem eigenthümlichem Wege verfertigte Platten. Zwei rechteckige Thonblätter
gleicher Gröſse A und B
werden auf je einer Seite mit Glasurmasse bestrichen, mit diesen Seiten
zusammengelegt, jedoch so, daſs je zwei einen Winkel bildende Kanten gegen gleich
liegende Kanten des anderen Blattes um etwas zurückliegen, so daſs Falze gebildet
werden; die Blätter
werden in dieser gegenseitigen Lage gebrannt und hierbei durch die Glasschicht mit
einander verbunden. Das Blatt A ist auf der vom
Beschauer abgewendeten Seite mit Nuthen a von
schwalbenschwanzförmigem Querschnitte versehen, um an dem Putze der Wand sich halten
zu können; die vordere Seite des Blattes B ist gerauht,
um dem aufzutragenden Putze Halt zu bieten. Die Fugen der über einander greifenden
Falze sollen mit bituminösem Kitte verstrichen werden.
Härtbarer Stahlguſs von Gebrüder Glöckner in
Tschirndorf.
Bekanntlich wird nach mehreren Verfahrungsarten ein stahlartiges Eisen durch
Zusammenschmelzen von Roheisen mit Schmiedeisen oder an Kohlenstoff armem Stahle
gewonnen. Je nach dem Verhältnisse, in welchem diese Bestandtheile
zusammengeschmolzen werden, hat man es in der Hand, ein Eisen darzustellen, welches
in seinem Verhalten bald mehr dem Guſseisen, bald mehr dem Stahle ähnlich ist; in
jedem Falle ist es aber Sache der Erfahrung, die Rohmaterialien so auszuwählen, daſs
das gewonnene Product nicht Eigenschaften erhält, welche mit den Anforderungen an
ein in der Technik verwendbares Eisen unvereinbar sind.
Gebrüder Glöckner in Tschirndorf (Schlesien) stellen nun
durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit 20 bis 80 Proc. Stahl eine Eisensorte her,
welche sich härten läſst, daher zu Pflugschaaren und anderen landwirtschaftlichen
Werkzeugen brauchbar ist, sowie sie auch in ihren härteren Sorten, welche sich auch
im Feuer als sehr widerstandsfähig erweisen, zu Fettgasretorten, Ambossen u. dgl.
sowie, in Eisenformen gegossen, zu Eisenbahnglocken benutzt wird. Im letzteren Falle
wird das Eisen durch seine ganze Masse hindurch weiſs. Ganz besonders aber finden
Bremsklötze aus einer Legirung mit 20 Proc. Stahl und 20 Proc. altem Stahlgusse, in
Eisenformen gegossen, sowie anderes Eisenbahnmaterial eine ausgedehnte
Verwendung.
Von zwei verschiedenen Sorten dieses Eisens wurden nun auf der kgl.
mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu Berlin je 5 gegossene quadratische
Probestäbe von 31mm Dicke derart auf Biegungs-,
Zug- und Druckfestigkeit untersucht, daſs diese Stäbe zunächst auf 1000mm freiliegend durch eine in der Mitte angreifende
Belastung zerbrochen und alsdann aus den Bruchstücken Probestäbe für die
Untersuchung auf Zug- und Druckfestigkeit herausgearbeitet wurden. Auf diese Weise
läſst sich die in der äuſsersten Faserschicht des durchgebogenen Stabes im
Augenblicke des Bruches herrschende mittlere Spannung bestimmen: bei der einen Sorte
zu 39k,9, bei der anderen zu 33k,1, auf 1qmm
bezogen. Ferner ergab sich die mittlere Bruchbelastung für Zug zu 22k,3 bezieh. 23k,5, für Druck dagegen zu 107k,8 bezieh.
110k,1. Die Elasticitätsgrenze wurde bei
Beanspruchung auf Zug im Mittel überschritten bei einer Belastung von 4k,96 bezieh. 4k,6 auf 1qmm.
Verfahren zur Zerstörung und Verwerthung von
Thierkadavern.
An Milzbrand und sonstigen ansteckenden Krankheiten verendete Thiere werden nach A. Girard (Comptes rendus, 1883 Bd. 97 S. 74) dadurch
völlig unschädlich gemacht und gleichzeitig vortheilhaft verwerthet, daſs man sie in
Schwefelsäure legt und diese nach eingetretener Lösung zum Aufschlieſsen von
Phosphaten verwendet. In 321k Schwefelsäure von
60° wurden z.B. 9 Schafe bei gewöhnlicher Temperatur gelöst. Nachdem 25k Fett abgehoben waren, wurden die 500k Säure mit 440k
Coprolithen gemischt. Man erhielt 940k
Superphosphat mit 0,36 Proc. Stickstoff und 5,86 Proc. lösliche Phosphorsäure.
Ueber den Nachweis der freien Schwefelsäure neben
schwefelsaurer Thonerde.
Da es für Papierfabriken sehr wichtig ist, die Gegenwart freier Schwefelsäure im
Thonerdesulfate festzustellen, so hat O. Miller (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1992) im Anschlüsse an die
Untersuchungen von J. Wieland (vgl. S. 183 d. Bd.)
versucht, zu diesem Nachweise Azofarbstoffe zu verwenden. Danach kann
man mit Methylorange noch 0g,01 freie Säure im
Liter neben 0g,645 schwefelsaurer Thonerde und
sogar die Dissociirung der schwefelsauren Thonerde beim Kochen ihrer wässerigen
Lösung nachweisen.
Zur Bestimmung der freien Säure zog Miller die zu
untersuchende schwefelsaure Thonerde kalt mit Alkohol aus, verdampfte den Auszug auf
dem Wasserbade bis fast zur Trockne, nahm mit kaltem Wasser auf und titrirte auf
Rosa. Tropäolin wird durch neutrale schwefelsaure Thonerde nicht verändert, ist
dagegen gegen freie Säure zu unempfindlich. Aethylorange ist gegen freie Säure am
empfindlichsten, wird aber auch schon durch neutrale schwefelsaure Thonerde rosa
gefärbt, so daſs die weitere Veränderung durch freie Säure nicht mehr deutlich
erkennbar ist. Methylorange ist desgleichen auſserordentlich empfindlich gegen freie
Säure, wird aber durch reine neutrale schwefelsaure Thonerde nicht rosa, sondern nur
orange gefärbt, so daſs die Veränderung in Rosa durch freie Säure leicht zu erkennen
ist.
Die Reaction von C. Giseke (vgl. 1867 183 43) mit Blauholzabkochung hat den Fehler, daſs sie
nicht augenblicklich, sondern erst nach 2 bis 3 Minuten eintritt (vgl. Feichtinger 1883 247 218).
Die Stein'sche Probe mit Ultramarinpapier ist zu
unempfindlich. Der Nachweis durch Abdampfen mit Zuckerlösung auf dem Wasserbade ist
wegen der wenn auch in sehr geringem Maſse auftretenden Dissociirung ein
unsicherer.
Verfahren zur Untersuchung des Methylenblau.
Um dem sonst ins Grünliche stechenden reinen Methylenblau einen angenehmeren Ton zu
geben, wird dasselbe oft mit Methylviolett u. dgl. versetzt, welches jedoch seine
Lichtechtheit beeinträchtigt. Setzt man nun nach F.
Storck und C. Benade (Berichte der österreichischen
chemischen Gesellschaft, 1883 S. 38) reines Methylenblau zu einer sauren
Lösung von Zinnchlorür (1 Th. Salzsäure auf 1 Th. Salz), so wird dasselbe so zu
sagen gänzlich entfärbt, während Methylviolett seine Farbe auffallend ins Gelbe
ändert. Ebenso verhalten sich Fuchsin, Methylgrün, Neugrün, Malachitgrün; Alkaliblau
behält seine Farbe. Setzt man zu der Flüssigkeit krystallisirtes essigsaures
Natrium, damit die Salzsäure vollständig gebunden wird, so tritt die ursprüngliche
Farbe der Beimengung – sei es Violett, Fuchsin oder eines der oben angeführten Grün
– hervor, welche sogar beim Erwärmen beständig ist, während das Methylenblau farblos
bleibt. Behandelt man das fragliche Methylenblau statt mit Salzsäure mit Essigsäure
und setzt nun einige Tropfen Chloroform hinzu, so erhält man beim Absetzen eine
leicht erkennbare Lösung des beigemengten Farbstoffes, falls dieser Violett oder
eines der genannten Grün ist. Der nämliche Versuch, mit Aether angestellt, läſst das
Fuchsin erkennen, welches von Chloroform nicht angezeigt wird.
Verfahren zur Darstellung von
Paranitrobenzylidenchlorid.
Nach Angabe der Farbwerke vormals Meister, Lucius und
Brüning in Höchst a. M. (D. R. P. Kl. 22 Nr. 24152 vom 5. Januar 1883) ist
es möglich, vom Paranitrotoluole ausgehend unter den folgenden Bedingungen ein
Product zu erhalten, welches nach erfolgter Reinigung bei der Behandlung mit
concentrirter Schwefelsäure unter Salzsäure-Entwickelung Paranitrobenzaldehyd
liefert, also aus Paranitrobenzylidenchlorid bestehen muſs.
Reines, gut krystallisirtes Paranitrotoluol, welches im Oelbade auf 130° erhitzt ist,
wird unter allmählicher Steigerung der Temperatur bis auf 160° so lange mit
trockenem Chlorgase behandelt, bis die berechnete Zunahme erfolgt ist. Die
Reactionsmasse wird nach einander mit Wasser, verdünnter Sodalösung und wiederum mit
Wasser ausgewaschen und zum Schlüsse aus Alkohol umkrystallisirt.