Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, Miszellen, S. 23 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Physikalisch technische Reichsanstalt.
Diese Anstalt umfasst eine physikalische und eine technische Abtheilung, die erstere
begann am 1. October, die zweite am 17. October 1887 ihre Arbeiten. Die Thätigkeit
der ersten Abtheilung umfasste insbesondere thermometrische und barometrische
Fundamentaluntersuchungen, Arbeiten über Normalgewichte und elektrische
Fundamentalarbeiten. Die Arbeiten der zweiten Abtheilung lassen sich in folgenden
Gruppen gliedern: 1) solche, welche sich auf Messung von Wärme und Druck beziehen,
2) elektrische, 3) optische, 4) präcisionsmechanische Untersuchungen, an welche sich
Prüfungen von Stimmgabeln, Materialien der Feinmechanik sowie von
Constructionstheilen anschliessen, 5) Werkstattarbeiten und 6) chemische
Untersuchungen.
Die Zahl der ärztlichen Thermometer, welche seit Bestehen der Anstalt geprüft wurden,
beträgt nahezu 25000. An Thermometern für wissenschaftliche und chemische Zwecke
sind bisher mehr als 2000 geprüft worden. Endlich bemühte man sich,
Quecksilberthermometer auch für Temperaturen über 360° – dem Siedepunkte des
Quecksilbers – brauchbar zu machen. Es gelang, durch Füllung der Capillare oberhalb
des Quecksilbers mit Stickstoff Quecksilberthermometer herzustellen, welche bis zu
460° hinreichend brauchbare Angaben liefern. Von Barometern wurden bisher etwa 50
Stück geprüft; vorzugsweise waren es Aneroïde für Forschungsreisende. Neuerdings hat
man auch Einrichtungen getroffen für Prüfung von Druckmessern für Maschinenbetrieb.
Das hierfür angefertigte Normal erlaubt die Prüfung von Manometern bis zu 20
Atmosphären. Es besteht die Absicht, solche Prüfungen auf die sogen.
Controlmanometer für Dampfkesselrevisionen und auf Normale der Verfertiger von
Druckmessern zu beschränken. Endlich ist noch von grösserem Interesse die Prüfung
von Schmelzringen für Schwartzkopff'sche
Dampfkessel-Sicherheitsapparate. Es wurden eingehende Untersuchungen über die
Veränderlichkeit der Schmelzpunkte der Ringe unter dem Einflüsse langandauernder
Erhitzung angestellt, und die Prüfung auf Ringe ausgedehnt, welche bei Temperaturen
bis über 200° schmelzen und für Kessel bestimmt sind, deren Druck bis zu 20
Atmosphären steigt. Bisher wurden mehr als 16000 Legirungsringe gestempelt.
Im Anschluss an die elektrischen Arbeiten – Prüfung elektrischer Messgeräthe – wurden
auch magnetische Untersuchungen ausgeführt. Diese Versuche, deren Abschluss nahe
bevorsteht, haben zu Ergebnissen geführt, welche sowohl für die Elektrotechnik als
für die Stahlfabrikation von Wichtigkeit sind.
Die optischen Untersuchungen bezogen sich vornehmlich auf photometrische Arbeiten und
im Anschluss daran auf Untersuchungen über Lichtmaasse und Lichteinheiten.
Die Einführung einheitlicher Schraubengewinde bildete einen weiteren Theil der
Thätigkeit in der Reichsanstalt, welcher der Pein- und Präcisionsmechanik zu gute
kommt (vgl. 1891 279 23 und 191). Von grösserer
Wichtigkeit sind auch die Versuche über die Formveränderung gehärteten und
angelassenen Stahls sowie über die Elasticität desselben.
In der Versuchswerkstatt wurden Untersuchungen über in der Feintechnik
gebräuchliche Materialien, ihre Bearbeitung und sonstige Behandlung angestellt.
Werthvolle Ergebnisse wurden über die Anlauffarben der Metalle erzielt. Es zeigte
sich, dass die üblichen Annahmen über die Temperatur, die zur Erzielung von
Anlauffarben bei Stahl erforderlich sind, nicht zutreffen, und dass der Eintritt der
Farben nicht bloss von dem Grade der Erwärmung, sondern auch von der Dauer derselben
abhängig ist. Ferner fand man, dass nicht nur die Härte, sondern in weit höherem
Grade noch die Zusammensetzung des Stahles auf den Eintritt der einzelnen Farben von
Einfluss ist.
Die Untersuchungen über Anlauffarben haben ferner bewiesen, dass die gewöhnliche
Annahme, wonach bei gehärtetem Stahl die Anlauf färbe ein Kennzeichen der Härte ist,
nicht in aller Strenge zutrifft, und es sind demzufolge Vorbereitungen getroffen, um
die Veränderung der Härte sowie der Elasticität von Stahl durch Erwärmungen von
verschiedenem Grade und verschiedener Dauer zu untersuchen.
Dem chemischen Laboratorium liegt die Lösung derjenigen chemischen Fragen ob, welche
bei den Arbeiten beider Abtheilungen der Reichsanstalt auftauchen. Diese
Untersuchungen erstreckten sich bisher auf Glas und auf die Reindarstellung gewisser
Metalle. Das reinste käufliche Platin enthält noch etwa 0,02 Proc. Verunreinigungen,
besonders Silber und Rhodium. Unter Mitwirkung der Reichsanstalt ist es nunmehr
Herrn W. C. Heraeus in Hanau gelungen, die Reinigung
des Platins so weit zu treiben, dass die Verunreinigungen bis auf 0,01 Proc.
(vorzugsweise Iridium) verschwinden. Solches Metall ist für wissenschaftliche
Arbeiten so werthvoll, dass hier ein entschiedener Erfolg der deutschen
Gewerbthätigkeit vorliegt. (Zeitschrift des Verbandes der
Dampfkessel- Ueberwachungsvereine.)
Cox' elektrischer Wasserstandszeiger.
Der sehr einfache Wasserstandszeiger von Cox (1889)
reicht ganz gut für solche Fälle aus, wo man eine nicht zu grosse Genauigkeit
fordert. Auf der Achse des vom Schwimmer in Umdrehung versetzten Kettenrades sitzt
nach La Lumière électrique, 1891 Bd. 39 * S. 26, eine
Scheibe, welche von etwa vier Löchern durchbohrt ist. In einem der Löcher ist für
gewöhnlich ein elastischer Arm gefangen, welchen nach jeder Drehung mit der Scheibe
ein Gegengewicht von jeder Seite her in seine lothrechte Stellung zurückzuführen
vermag, sobald er frei wird. Hat nun die Scheibe sich in der einen oder der anderen
Richtung um 90° gedreht, so macht sie Contact und sendet einen elektrischen Strom
durch den einen oder durch den anderen von zwei, zu beiden Seiten der Achse
stehenden Elektromagneten; der betreffende Elektromagnet zieht dann seinen Anker an
und löst den Arm aus dem Loche, so dass dieser in seine lothrechte Lage zurückkehren
kann; dabei aber wird der locale Strom wieder unterbrochen und dafür nach dem den
Wasserstand markirenden Empfänger ein Strom entsendet; letzteres geschieht, indem
der Arm jetzt an der Vorderfläche eines Contactstückes hingeht, an deren
Hinterfläche er vorher vorübergegangen war. Der Zeiger des Wasserstandsmelders
springt also bei dieser Anordnung allemal einen Schritt weiter oder zurück, wenn die
Scheibe eine Viertelumdrehung gemacht hat.
H. Le Chatelier's Versuche über den elektrischen Widerstand
der Metalle.
Nachdem H. Le Chatelier früher schon gezeigt hat, wie
man aus den Bestimmungen der elektrischen Widerstände Schlüsse auf die
Molekularänderungen der Metalle in hohen Temperaturen ziehen kann, hat er jüngst in
Comptes rendus, Bd. III S. 454, gezeigt, dass bei
Metallen, welche vor dem Schmelzen keine Molekularänderung erleiden, der Widerstand
eine lineare Function der Temperatur t ist. So ist der Widerstand in Ohm für Drähte
von 1 mm Dicke
bei
Pt
0,140 + 0,000325 t
„
Pt + 10 Proc. Rh
0,335 + 0,000350 t
„
Cu
0,032 + 0,000101 t
„
Cu + 10 Proc. Sn
0,150 + 0,000109 t
„
Cu + 20 Proc. Ni
0,420 + 0,000110 t
„
Ag
0,023 + 0,000105 t
Bei den Metallen, welche – wie das Eisen – bei bestimmten Temperaturen plötzliche
Molekularänderungen erleiden, ändern sich bei diesen Temperaturen auch die
elektrischen Widerstände plötzlich, wie Chatelier a. a.
O. durch Beispiele eingehender belegt.
J. Stephen's Baro-Thermo-Telemeter.
Die vorjährige Edinburgher Ausstellung hatte Johnston
Stephen in Edinburgh mit seinem Baro-Thermo-Telemeter beschickt. Dies ist ein Apparat,
welcher mit Hilfe eines einzigen Leitungsdrahtes den Quecksilberstand in einem
Thermometer und in einem Barometer, welche an einem entfernten oder hoch gelegenen
Orte stehen, aus der Ferne abzulesen gestattet. Mittels eines Umschalters kann man
nämlich den elektrischen Strom nach Belieben durch das eine oder durch das andere
der beiden Instrumente senden. Nach dem Londoner Electrical
Engineer, 1890 Bd. 5 * S. 503, besteht der Umschalter aus einer flachen
Drahtrolle, welche die Pole eines Stahlmagnetes umgibt; die Rolle ist auf einer
Ebonitscheibe befestigt, welche sich um eine wagerechte Achse drehen kann. Am
unteren Theile der Scheibe ist eine gebogene Glasröhre festgemacht, in deren Innerem
unten eine Metallplatte liegt, während auf der oberen Seite drei Metalldrähte
eingeführt sind, einer in der Mitte und je einer nahe an den beiden Enden; eine
gewisse Menge Quecksilber vermag die Platte je nach der Stellung der Scheibe in
leitende Verbindung mit jedem der drei Drähte zu setzen.
Drückt nun der Beobachter die eine von drei Tasten, so sendet er einen schwachen
Strom, welcher die Scheibe nicht zu bewegen vermag und daher bloss durch die Leitung
und sofort zur Erde geht; diese Taste ermöglicht die Messung des Widerstandes der
Leitung. Drückt der Beobachter die zweite oder die dritte Taste, so sendet er einen
starken Strom – einen positiven oder einen negativen – in die Leitung, welcher die
Scheibe – nach links oder nach rechts – dreht und das Barometer oder das Thermometer
einschaltet. Jede der drei Tasten wirkt bei ihrem vollständigen Niederdrücken noch
auf eine vierte Taste und schliesst durch diese einen Nebenschluss durch Widerstände
zwischen Leitung und Erde behufs der Widerstandsmessung. Im Quecksilber des
Barometers ruht ein isolirender mit einem Draht von hohem Widerstand spiralförmig
bewickelter Stab, im Quecksilber des Thermometers zwei Kohlenfäden; Draht oder Fäden
werden durch den starken Strom eingeschaltet, bieten aber um so weniger Widerstand,
je höher das Quecksilber steht. Aus dem bei Einschaltung des Drahtes bezieh. der
Fäden gefundenen Widerstände und dem vorher schon gemessenen Widerstände der Leitung
allein kann man also den Quecksilberstand bestimmen.
Telephoniren zwischen Paris und London.
Im Anschluss an die 1891 279 120 enthaltenen Mittheilungen
über die Ausführung einer Telephonlinie zwischen London und Paris ist zu berichten,
dass am 14. März die Kabellegung durch den Kanal vollendet und das Küstenende am
Abend des genannten Tages in St. Margarets Bai gelandet worden ist. Da gleich die
ersten Sprechversuche von vollständigem Erfolge waren, so ist am 17. März von den
Beamten zuerst auf dem Kabel telegraphiert und am 18. März der Telephonverkehr
zwischen Paris und London dienstlich eröffnet worden. Die Sprechgebühr beträgt 10
Frcs. für 3 Minuten.
Andrews und Guy's Eisenbahnsignale bei Nebel.
Die auch bei Nebel wirksam bleibenden Eisenbahnsignale, welche W. Andrews unter Mitwirkung von Arthur Guy erfunden hat und welche bei Kings Cross einer Probe unterzogen
worden sind, scheinen die volle Beachtung seitens der Bahnverwaltungen zu verdienen.
Nach dem Londoner Electrical Engineer, 1890 S. 480,
liegt in einer gewissen Entfernung von dem Signal an der Bahn eine metallene
Contactschiene und an ihr schliesst ein an der Maschine befindlicher Gleitcontact
beim Darüberhingehen den Stromkreis; je nach der Richtung
des Stromes nun wird auf der Maschine ein kleines Signal auf
„Gefahr“ oder auf „Linie frei“ gestellt. Die hierbei beschaffte
Zuverlässigkeit beruht nun darauf, dass stets ein Strom
die Leitung durchläuft und dass seine Richtung von der jeweiligen Stellung des
Bahnsignales abhängt. Der Board of Trade hat die Anlage
besichtigt, hält sie für das Beste, was in Nebelsignalen erfunden worden ist und
empfiehlt ihre Anwendung ernstlich den Eisenbahngesellschaften.
Nutzen elektrischer Feuerwehrtelegraphen.
In Glasgow sind nach dem Londoner Electrical
Engineering, 1891 Bd. 7 S. 107, im verflossenen Jahre durch Brände, bei
denen die Feuerwehr zugegen war, für nur 870800 M. Schäden angerichtet worden, 1889
dagegen 3000000 M. (bezieh. 4120000 M.) Der Grund dieses raschen Rückganges liegt
darin, dass, obgleich mehrere wichtige Gebäude im Laufe des Jahres durch
Feuergefährdet wurden, dennoch in keinem Falle ernstlicher Schaden angerichtet
worden ist, weil die ausbrechenden Brände bald bemerkt wurden und schleunigst der
Feuerwehr durch die elektrischen Strassen-Feuerwehrtelegraphen gemeldet werden
konnten; von 425 Bränden, bei denen die Feuerwehr zugegen war, waren es 200, zu
denen sie telegraphisch gerufen wurde. Böswillige Rufe der Feuerwehr, die sonst
als eine Schattenseite der Feuertelegraphen hingestellt werden, sind in Glasgow nur
verhältnissmässig wenig vorgekommen, nämlich 29 unter 500 Rufen; dagegen sind der
Stadt etwa 4000000 M. gerettet worden.
Mechanische selbsthätige Blocksignale auf den Hochbahnen in
New York.
Auf den New Yorker Hochbahnen sollen nach den im Centralblatt
der Bauverwaltung, 1890 S. 206, abgedruckten Mittheilungen des technischen
Beigeordneten in Washington, Regierungsbaumeister Petri, mit gutem Erfolge mechanische selbsthätige Blocksignale verwendet
werden. Die Signale stehen in 335 m Abstand, so dass bei 26 bis 27,5 km
Stundengeschwindigkeit eine Zugfolge in ¾ Minuten möglich ist. Jeder Zug stellt das
zunächst rückliegende Signal durch Taster auf mechanischem Wege auf Halt und kurz
darauf das zweite rückliegende Signal auf dieselbe Art auf freie Fahrt. Dabei sollen
Stangenleitungen von 825 m in der Geraden noch gut wirksam sein.
Ausserdem werden neben den sichtbaren Armsignalen noch sogen. Torpedo-, also
Knall-Signale angewendet, um bei dichtem Nebel dem. Zuge auch ein hörbares Zeichen
zu geben. Auch diese Signale werden vom fahrenden Zuge in Thätigkeit gesetzt und
auch wieder geladen.
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Die Universitäten und technischen
Hochschulen. Ihre geschichtliche Entwickelung und ihre Bedeutung in der
Cultur, ihre gegenseitige Stellung und weitere Ausbildung von Egon Zöller, Landesbauinspector. Berlin. W. Ernst und
Sohn. 212 S. 5 Mk.
Nähere Inhaltsangabe: 1. Kapitel. Die Universitäten und technischen Hochschulen in
ihrer geschichtlichen Entwickelung. 2. Kapitel. Die Bedeutung der Wissenschaften und
ihrer Lehr- und Pflegestätten in der Cultur. 3. Kapitel. Sind die Universitäten und
die technischen Hochschulen einander ebenbürtig? 4. Kapitel. Der Ausbau der
Hochschulen.
Bei den weit aus einander gehenden Ansichten über die Vorbereitung zum Besuch der
höheren Schulen und den noch vielfach ganz falschen Ansichten von der Einrichtung
und den Bestrebungen der technischen Hochschulen wird die Schrift in weiteren
Kreisen klärend wirken. Der Verfasser zeigt sich als warmer Verehrer der allgemeinen
Bildung, und können wir ihm nur beipflichten, wenn er Vorträge allgemein bildender
Art auf den technischen Hochschulen gepflegt wissen will. Der bisher oft erhobene
Vorwurf der Einseitigkeit des technischen Studiums wird dann seine Berechtigung
verlieren. Von den Vorschlägen des Verfassers für den weiteren Ausbau der
technischen Hochschulen, die ja in der kurzen Zeit ihrer Entwickelung noch nicht zum
Abschluss gelangen konnten, sind manche sehr beachtenswerth.
Zwei Materien mit drei
Fundamental-Gesetzen nebst einer Theorie der Atome. Erklärungen der
verschiedenen Zustände der Materie, nämlich der Atome, Aggregatformen und chemischen
Verbindungen, sowie der Wärme, Elektricität und des Magnetismus nebst einigen
Anwendungen der Atomtheorie auf die Himmelskörper. Wissenschaftlich behandelt von
W. Bühler, Ingenieur. Stuttgart. W. Kohlhammer. 62
S.
Chemisch-technische Bibliothek. Band 73.
Das Löthen und die Bearbeitung der
Metalle. Eine Darstellung aller Arten von Loth, Löthmitteln und
Löthapparaten, sowie der Behandlung der Metalle während der Bearbeitung. Handbuch
für Praktiker von Edmund Schlosser. 2. Aufl. Wien.
Hartleben's Verlag. 246 S. 3 Mk.