Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 31 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Deutschland auf der Pariser Weltausstellung.
Dem Bericht von Charles Bonnefon im Figaro entnehmen wir Angaben darüber, was überhaupt von
Deutschland zur Ausstellung in Paris angemeldet ist.
Deutschland soll in allen Gruppen mit Ausnahme der Gruppe I (Erziehung und
Unterricht) und der Gruppe XVII (Kolonisierung) vertreten sein; angesichts des
Raummangels schien es erforderlich, die Ausstellung zu Gunsten der industriellen
Interessen zu beschränken. Uebrigens hat Deutschland auf der Ausstellung von Chicago
im Jahre 1893 einen hinreichenden Ueberblick über das Lehrwesen in Deutschland
geboten, um ohne Gefahr für seinen Ruf in dieser Hinsicht 1900 von diesem Gebiete
absehen zu können. Die Ausstellung der deutschen Kunst soll von der Allgemeinen
deutschen Kunstgenossenschaft organisiert werden; die beiden künstlerischen
Richtungen werden in ihr vertreten sein. Bekanntlich ist Anton v. Werner mit dem Verwaltungsteile betraut worden, während das
Komitee der Allgemeinen deutschen Genossenschaft über die Wahl und die Unterbringung
der Kunstwerke zu entscheiden hat. Die Münchener Künstler Seidel und Lenbach sind zusammen ausersehen
worden, die innere Ausschmückung der Sektion der deutschen Kunst zu überwachen und
zu leiten.
In Gruppe III soll eine Kollektivausstellung von optischen und Präzisionsinstrumenten
zu sehen sein. Sie wird nach wissenschaftlichen Prinzipien geordnet, und man wird
ihr eine Sammlung chirurgischer Instrumente beigeben. Musikinstrumente werden wegen
Raummangels nur durch einige hervorragende Muster vertreten sein. Die Druck- und
Buchindustrie wird mit der photographischen eine Kollektivgruppe im deutschen Hause
am Quai d'Orsay bilden.
Die Maschinen werden je nach ihrer Art auf die verschiedenen Gruppen verteilt und
natürlich einen besonders wichtigen Teil der deutschen Ausstellung bilden. Vier der
grössten Elektrizitätsgesellschaften werden für einen grossen Teil der
Weltausstellung Licht und Kraft liefern. Das sind die Häuser Siemens und Halske aus Berlin, Schlickert aus
Nürnberg, jedes mit einer Dynamomaschine von 2000 . Helios aus Köln mit einer Maschine von 1900 und Lahmeyer aus Frankfurt a. M. mit einer solchen von 1400 . Die zu
den Dynamo gehörigen Dampfmaschinen werden für Siemens und
Halske von Borsig aus Berlin, für Helios von der Maschinenfabrik
Augsburg u.s.w. geliefert. Ein Kran des Berliner Hauses Flohr, der 25 t Gewicht 12,50 m hoch mit einem Radius
von 26 m zu heben vermag, wird zur Aufstellung der Maschinen in der Zentralgalerie
der Avenue de Suffren dienen.
Das Eisenbahnmaterial, Waggons, Lokomotiven u.s.w., soll in Gruppe VI in der
Spezialausstellung von Vincennes figurieren. Die Schiffahrtsgesellschaften dagegen
werden ihre Erzeugnisse in einem von dem Hamburger Baumeister Thielen an dem Ufer der Seine erbauten Pavillon
ausstellen. Die deutsche Landwirtschaft wird in Paris zunächst durch Maschinen, dann
aber auch durch Bodenerzeugnisse vertreten sein. Aus den Gestüten
Schleswig-Holsteins, Hannovers, Oldenburgs und Rheinpreussens werden 100 Pferde nach
Paris gesandt werden. Ferner werden einige Mastochsen und Schweine in der deutschen
Abteilung figurieren.
Die Wohnungsmittel bilden eine Kollektivausstellung. Die Weinindustrie wird im
Erdgeschoss des deutschen Hauses vertreten sein. Von der deutschen industriellen
Kunst sind zahlreiche Muster ihrer Erzeugnisse aller Branchen angesagt. Die
Goldschmiede von Hanau, Pforzheim und Schwäbisch-Gmünd organisieren eine
Kollektivausstellung. Auch die beiden königlichen Porzellanmanufakturen Berlin und
Meissen, sowie die der thüringischen Staaten werden vertreten sein. In derselben
Sektion werden Möbelausstellungen von Berliner und Kölner Häusern, sowie eine
interessante Ausstellung von Nürnberger und Sonneberger Spielwaren untergebracht
werden.
Junge Künstler der neuen Schule haben Zeichnungen für Wandteppiche, Vorhänge etc.
etc., sowie für Möbel mit neuen Formen geliefert; ihre Arbeiten, die vielleicht
scharf kritisiert werden dürften, haben wenigstens den Vorzug, originell zu sein.
Die deutsche Regierung hat es ausserdem durchgesetzt, auf der Esplanade des
Invalides eine kleine Kapelle für die religiöse Kunst und die
Kirchenschmuckgegenstände erbauen zu lassen. Die Seidenfabriken von Krefeld und die
Spitzenmanufakturen von Plauen werden Kollektivausstellungen veranstalten.
Die chemische Industrie Deutschlands, die bekanntlich die Welt beherrscht, wird sich
auf sechs Gruppen verteilen und ein Laboratorium zur Verfügung haben. In der
Hygieinesektion werden die Arbeiten und Ergebnisse des Reichsgesundheitsamtes und
auch die des Arbeiterversicherungsamtes zur Ausstellung gelangen. In Vincennes
werden noch Spritzen, Rettungsapparate und Musterarbeitshäuser für deutschen
Gewerbefleiss Zeugnis ablegen. Auf besonderen, dem Marquis de Noailles gegenüber geäusserten Wunsch des deutschen Kaisers wird in
Gruppe XVIII eine historische Ausstellung preussischer und deutscher Uniformen von
der Regierungszeit des Grossen Kurfürsten bis auf unsere Epoche organisiert
werden.
–h.
Ein neues Acetylen-Laternen-System.
Man ist immer mehr und mehr bestrebt, die Konstruktion der Acetylenlaternen nach
Möglichkeit zu vereinfachen. Es sind nun auch wirklich gute Erfolge zu verzeichnen,
doch muss zugestanden werden, dass bis zur Vollkommenheit derselben noch manches zu
wünschen übrig bleibt.
Die Hauptübelstände, besonders bei Fahrrad- und Wagenlaternen, sind die jedesmalige
umständliche, übelriechende Einfüllung des Karbids, und die unreinliche und
langwierige Entleerung des Karbidbehälters, sowie die schlechte Ausnutzung des Gases, weshalb man
sich nicht wundern darf, dass die Acetylenfahrzeuglaternen in bisheriger Form eine
Menge Gegner besitzen.
Wie wir nun erfahren, haben die Süddeutschen Metallwerke,
Schad, Herbst und Co. in Mannheim einen Acetylenbeleuchtungsapparat
geschaffen, der diese Uebelstände beseitigt, und alle Eigenschaften in sich
vereinigt, die bei einem vollendeten Gebrauchsgegenstand vorhanden sein müssen.
Textabbildung, Bd. 314, S. 31
Fig. 1.
Textabbildung, Bd. 314, S. 31
Fig. 2.
Bei diesem neuen, im In- und Auslande geschützten System, welches für Laternen, sowie
auch für Lampen verwendet wird, und bei Fahrzeuglaternen bereits in Anwendung ist,
ging diese Firma von dem Gedanken aus, dass der Benutzende mit dem Karbid absolut
nichts zu thun haben dürfe, sondern es müsse ihm solches in Formen befindlichen
bestimmten Quanten zur Benutzung gegeben werden. Auch Reinlichkeit, Mühelosigkeit,
grösste Ausnutzung des Lichteffektes sind in Erwägung gezogen worden. Wir wollen
diese Laterne, „Patronen-Laterne“ genannt, kurz
beschreiben:
Die in gefälliger Form gearbeitete Laterne (Fig. 1 und
2), erstere für Fahrräder, letztere für
Motorwagen, besitzt keinen Karbidbehälter, wie andere
derartige Apparate, sondern einen vollständig freien Raum, in welchem eine
Karbidpatrone zur Benutzung angebracht wird. Diese Patrone (Fig. 3) steht von allen Seiten frei in der Laterne, sie ist also ohne
Behälter, absolut gasdicht und besitzt ein elegantes Aeussere. Ihr Inhalt ist genau
normiert; derselbe wird bei Fahrradlaternen z.B. für 2 Stunden Brenndauer voll
ausreichen; für Motorwagenlaternen ist er bis zu 6 Stunden vorgesehen.
Textabbildung, Bd. 314, S. 31
Fig. 3.
Nach einmaliger Ausnutzung der Patrone, und das ist von grösster Wichtigkeit, kann
solche fortgeworfen und an ihre Stelle sofort eine neue gebracht werden. Trotz
alledem kann die Patrone für Wagenlaternen, vermöge ihrer Stärke fortlaufend benutzt
werden, selbst die billige Patrone für Fahrradlaternen kann sogar einigemal
verwendet werden, sobald man besonders sparsam sein will. Die frei stehende Patrone
wird von der Luft ständig abgekühlt, die Hitze wird demgemäss auf das kleinste Mass
beschränkt, was dem guten Brennen der Laterne während der Fahrt sehr förderlich ist,
ein Vorzug, den bis jetzt wohl keine Laterne besitzt.
Noch besonders hervorzuheben ist, dass der Karbidschlamm die fest verschlossene
Patrone nicht übersteigen kann und überhaupt nicht sichtbar ist; sie ist selbst nach
Benutzung noch vollständig rein.
Das hochstehende Wasserbassin ist mit Präzisions-Tropfapparat versehen, wodurch, ohne
Anwendung eines Drahtes zur Wasserzufuhr, ein sicherer feiner Tropfenfall erzielt
wird. Der Gasweg ist hier von anderen Systemen vollständig abweichend, und so
eingerichtet, dass ein Ueberdruck nahezu unmöglich ist. Die Patrone ist derart
konstruiert, dass dieselbe rasch ein- und ausgeführt werden kann, was dadurch
geschieht, dass die beiden Deckel aus Pappe, mit denen die Patrone verschlossen ist,
entfernt werden. Die Patrone wird jetzt am Boden der Laterne eingeführt und mittels
Verschlussschraube gegen Gummidichtungen gepresst.
Die Karbidpatrone wird in verschiedenen Grössen für Fahrräder, Motordreiräder,
Motorwagen und Pferdegespanne angefertigt, dieselbe ist, wie schon erwähnt,
vollständig gasdicht und für bestimmte Zeit berechnet. Der Verbrauch des Gases ist
ein sparsamer, und die Patrone ist leicht mitzuführen, während bei
Kessellaternen das offene Karbid mitgenommen werden muss.
In dieser Hinsicht ging zwar R. O. Fischer in Barmen bei
seiner Loreley-Laterne (vgl. D. p. J. 1899 313 188 Fig. 187) schon einen Schritt vorwärts, indem er
das Karbid in Beutelpackung in den Karbidbehälter bringt, während M. Retemeyer in Berlin Patronen verwendet (vgl. D. p. J. 1899 313 188 Fig.
186), welche in die Lampe eingelegt werden.
Zu erwähnen ist noch, dass die Nachentwickelung durch die Art der Konstruktion dieser
Patronen-Laterne nur in geringem Masse erfolgen kann.
Die Regelung der Wasserzufuhr geschieht wie bei anderen Systemen mittels der Schraube
a, welche langsam nach links gedreht wird, wodurch
der Tropfapparat in Thätigkeit tritt und genau eingestellt werden kann, was von
grosser Bedeutung für eine gleichmässige Flamme ist.
–h.
Bücherschau.
Die Sicherungen von Schwach- und
Starkstromanlagen gegen die Gefahren der atmosphärischen Elektrizität. Von
Prof. Dr. Fr. Neesen. VIII und 120 S., 126 Abbildungen.
Braunschweig. Fr. Vieweg und Sohn. Preis 5 M.
Der Verfasser hat es sich zur Aufgabe gemacht, die zahlreichen für den Blitzschutz
elektrischer Anlagen benutzten, aber auch die nicht zu praktischer Verwendung
gelangten Konstruktionen zunächst zu beschreiben, sodann ihre Wirksamkeit auf Grund
von Versuchen und praktischen Erfahrungen, soweit solche vorliegen, zu beurteilen.
Der Wert des Buches liegt in der gründlichen Sammlung und systematischen Ordnung des
vielfach verstreuten Materials, sowie in der Anregung zu weiteren Versuchen und zur
Mitteilung von Betriebserfahrungen, welche hier die ausschlaggebende Rolle spielen
werden. Der im vorliegenden kaum gestreifte Schutz der Schwachstromanlagen gegen
technischen Starkstrom hätte sich zwanglos und mit um so mehr Berechtigung einreihen
lassen, als dabei neue Konstruktionen nicht in Betracht kommen und die Frage mit
Rücksicht auf die vielen Unfälle der letzten Jahre recht akut geworden ist.
Damm, Paul Friedrich
(Rechnungsrat), Die Technischen Hochschulen in Preussen.
Eine Darstellung ihrer Geschichte und Organisation. Nach amtlichen Quellen. Berlin
1899. E. S. Mittler und Sohn. 3,75 M., geb. 5 M.
Angesichts der Jahrhundertfeier, zu der die Technische Hochschule zu Berlin sich für
den 19. Oktober d. J. richtet, wird eine Darstellung der Geschichte und Organisation
der drei technischen Hochschulen in Preussen eine erwünschte Festgabe sein. Sie
lässt erkennen, aus wie bescheidenen Anfängen diese Institute sich zu mächtiger
Kraftentfaltung durchgerungen haben, und welche Wandlungen ihr innerer Organismus
bis heute erfahren hat. In vier Abschnitten werden die geschichtliche Entwickelung –
die Verfassung und Organisation der technischen Hochschulen, die
Habilitationsordnung, die Vorschriften für die Studierenden und Hospitanten – die
Prämien und Stipendien und schliesslich die Prüfungen eingehend besprochen. Aus dem
Anhange, der statistische Angaben über den Besuch der technischen Hochschulen in den
Wintersemestern von 1821/22 bis 1898/99 enthält, ist so recht offensichtlich, welch
eine Zeit der Erhebung und Blüte namentlich die letzten 10 Jahre in der jetzt
100jährigen Entwickelung der technischen Hochschulen in Preussen bilden. Der Grund
hierfür liegt nicht zum wenigsten in dem gegenseitigen Verständnis, dass die
technischen Hochschulen und die deutsche Technik und Industrie einander
wechselseitig entgegenbringen. Mit dem Aufschwünge der Industrie mehrten sich auch
die Disziplinen an den Hochschulen und stieg die Zahl ihrer Besucher. Während im
Wintersemester 1888/89 nur 1925 Besucher zu zählen waren, sind deren heute mehr als
5000 zu verzeichnen. Durch die Errichtung einer vierten Hochschule in Danzig soll
dem stetig wachsenden Andränge genügt werden.
Lehrbuch der analytischen
Mechanik von August Ritter. Dr. phil., Geh.
Regierungsrat und Professor an der königl. Technischen Hochschule zu Aachen. Dritte
Auflage. Mit 224 Textfiguren. Leipzig 1899. Baumgärtner's Buchhandlung. 314 S. Preis
8 M.
Neu hinzugekommen sind in dieser Auflage: die Theorie des „Hodographen“,
Bewegung auf schiefer Ebene mit Luftwiderstand, relative Bewegung eines geradlinig
schwingenden Punktes in Bezug auf eine rotierende Scheibe, Theorie der
Verfolgungskurve, Stoss einer Masse gegen eine ruhende Kette, ausserdem vielfache
Einschaltungen und eine Anzahl neuer Figuren.
Vorlesungen über Theorie der
Turbinen. Mit vorbereitenden Untersuchungen aus der technischen Hydraulik.
Von Dr. Gustav Zeuner, königl. sächsischer Geheimer Rat
und Professor a. D. Leipzig. Verlag von Arthur Felix 1899. 372 S. Preis 10 M.
Wie der Titel besagt, umfasst das Buch den Hauptinhalt der Vorträge des verdienten
Verfassers, die derselbe während seiner langjährigen und erfolgreichen
Lehrthätigkeit am Polytechnikum in Zürich und an der Technischen Hochschule in
Dresden gehalten hat. Da das zeitgemässe Buch das Gebiet der Theorie und
Neuberechnung der Turbinen vollständig und erschöpfend behandelt, so wird das Werk
den Fachgenossen gewiss ein praktisch brauchbares Hilfsmittel sein.
Eingesandt.
Reihenfolge der Festlichkeiten für die Hundertjahrfeier der
königl. Technischen Hochschule zu Berlin (Charlottenburg, Berlinerstrasse
151) in der Zeit vom 18. bis 21. Oktober 1899.
Mittwoch, den 18. Oktober abends 7½ Uhr: Begrüssungsabend im neuen königl.
Operntheater (Kroll), Berlin, Königsplatz.
Donnerstag, den 19. Oktober vormittags pünktlich 10 Uhr: Enthüllung der von dem
Verein deutscher Ingenieure bezw. von dem Verein deutscher Eisenhüttenleute und der
nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller
dargebrachten Denkmäler von Werner v. Siemens und Alfred Krupp; mittags 12 Uhr (Versammlung bis
spätestens 11½ Uhr); Festakt in der grossen Halle des Hauptgebäudes der Technischen
Hochschule; nachmittags 5 Uhr: Festessen im neuen königl. Operntheater (Kroll),
Berlin, Königsplatz.
Freitag, den 20. Oktober vormittags 11 Uhr: Empfang der Abordnungen und Festsitzung
in der grossen Halle des Hauptgebäudes der Technischen Hochschule; nachmittags nach
Schluss der Festsitzung: Besichtigung der Institute der Hochschule; abends 8 Uhr:
Festkommers der Studentenschaft (Einladungen werden von dieser erlassen).
Sonnabend, den 21. Oktober: Fackelzug der Studentenschaft.
Diejenigen, welche an den Festlichkeiten teil nehmen wollen, werden gut thun,
umgehend bei dem Festausschuss ihre Anmeldung zu bewirken, da die Beteiligung eine
sehr lebhafte zu werden verspricht.
Zuschrift an die Redaktion.
(Unter Verantwortlichkeit des Einsenders.)
In The Electrical Engineer vom 8. September er. wird die
Schutzvorrichtung für Hochspannungsanlagen (Kraftübertragung), welche in D. p. J. 1899 313 * 119
beschrieben ist, kritisiert. Nachstehend sei der englische Originaltext
wiedergegeben:
Overhead Safety Wiring. – „We notice in Dinglers polytechnisches Journal a description of a
System of overhead wires, which it is claimed will give perfect safety to the
public in case the wires should be broken accidentally. The whole object of the
invention, which is owned by an important Company in Berlin, is to ensure that
immediately the tension is taken off the wire owing to fracture, the loose ends
shall be disconnected from the source of supply. From the description and
illustrations given in our contemporary this would most certainly happen, but
yet there are in the invention such grave faults electrically that we do not
anticipate the invention being used commercially. The insulator supporting the
wire is provided with several collars and rings, on which there are two
projecting hooks placed one in each direction along the line. These hooks are
placed with the projecting prong downwards, and are so designed that the shackle
on the end of the wire is only kept upon the hook by the wire being stretched
tight. In order that this may be the case, it is not rigidly connected to te
shackle, but is twisted round it with a bellhanger Joint. As soon then as the
wire is broken the shackle assumes a practically horizontal position and slips
from the hook, in this way disconnecting the broken wire. When however, one
comes to count up the number of contacts on each insulator, we find that there
are four loose contacts at each support maintained by the straining of the wire
and one fairly good contact between the rings round the insulator. We are
practically sure that in a few years these connections would be the cause of
very numerous breakdowns, as, owing to oxidation of the surfaces employed, great
local heating would be set up if any appreciable current be used. In fact, the
idea is an obvious one to any electrical engineer, who, however, would be bound
to reject it as soon as thought on account of these contact troubles.“
Die Unrichtigkeit dieser Kritik beweisen die günstigen praktischen Erfahrungen,
welche seit Jahren ausser mir noch viele andere mit diesen Schutzvorrichtungen
gemacht haben und welche im allgemeinen auch in der beschreibenden Abhandlung in Dinglers polytechnischem Journal angegeben waren, von
dem Schreiber der Kritik anscheinend aber nicht durchgelesen sind. Nach Inhalt der
kritischen Betrachtung erscheint die Kritik überhaupt nur auf Grund der beigefügten
Zeichnungen und nicht nach Studium der beigegebenen erläuternden Beschreibungen
erfolgt zu sein.
Ich will hier auf die Einzelnheiten weiter eingehen, da ich es für richtig halte,
wenn in Bezug auf solche, für die Elektrotechnik wichtige Apparate, welche bereits
Erfolge erzielten und noch mehr später eine Rolle spielen werden, vollkommene
Klarheit herrscht.
In der genannten Kritik wird in erster Linie die grosse Anzahl Kontaktstellen
misstrauisch betrachtet, welche die Eigentümlichkeit des Apparates mit sich bringt,
und behauptet, dass eine Oxydation eintreten und zu zahlreichen Störungen
Veranlassung geben würde.
Dem entgegen sei erwidert, dass sich 1. an jedem Apparat nur zwei und nicht, wie der
Verfasser der Kritik sich ausdrückt, vier „lose“ Kontaktstellen befinden. Wie
in der Beschreibung in Dinglers polytechnisches Journal
genau erwähnt, sind nämlich die beiden anderen Kontakte dadurch vollständig
aufgehoben, dass das betreffende Drahtende, nachdem es um die Oese geschlungen ist,
an der Oese selbst festgelötet wird. Aber abgesehen davon ist die Anzahl der
Kontaktstellen deshalb ganz gleichgültig, da der praktische Betrieb seit genügend
langer Zeit bereits ergeben hat, dass die Leitungsfähigkeit dieser Kontaktstellen
zum mindesten gleich, meist aber grösser ist, als diejenige des Leitungsdrahtes
selbst.
Es erklärt sich dies sehr leicht dadurch, dass die Auflagefläche bei den Kontakten
ca. 15fach so gross ist, als der Querschnitt des Leitungsdrahtes.
Die Bezeichnung „lose Kontaktstellen“ kann ich nicht als zutreffend
bezeichnen, da der Kontakt infolge der natürlichen Spannung des Drahtes unter stetig
starkem Druck verbleibt. Es sei hier nochmals beiläufig hervorgehoben, dass, wie in
der Abhandlung in Dinglers polytechnisches Journal
bereits ausdrücklich gesagt war, der Kontakt selbst durch Einlegen von Stanniol
(elastischen Leiter) bei der Montage gesichert wird und der ganze aus Bronze
bestehende Apparat vollständig verzinnt ist.
In der Praxis ist es nun eine alte Erfahrung, dass Kontaktstellen, welche sich unter
einem ziemlichen Druck dauernd befinden, wie es hier der Fall ist, der Einwirkung
von Luft, Licht oder Wasser nicht zugänglich sind, daher auch keine Oxydation
eintreten lassen.
Ein Verschleiss resp. eine Zerstörung der Kontaktflächen genannter
Schutzvorrichtungen ist bisher in der Praxis nicht konstatiert worden, ebensowenig
konnte eine Erwärmung derselben, selbst bei Strömen, welche dem Drahtquerschnitt
entsprechen, wahrgenommen werden. Ich selbst habe die Apparate bei vielen Kilometern
Hochspannungsleitungen während 2 Jahren auch unter den ungünstigsten Verhältnissen
beobachten können, nachdem ich mich vorher durch eingehende Dauerversuche von der
Zweckmässigkeit und Betriebssicherheit der Schutzvorrichtungen überzeugt hatte.
Die Folge dieser jahrelangen praktischen Resultate war die, dass bedeutende
Elektrizitätsfirmen, unter welchen besonders die Union-Elektrizitätsgesellschaft Berlin genannt sei, bei vielen Anlagen und
in grosser Menge diese Schutzvorrichtungen angewendet wurden. Dies dürfte wohl der
beste Beweis für die Brauchbarkeit der Schutzvorrichtungen sein, denn es ist wohl
einleuchtend, dass solche Firmen sich ein Urteil zuvor verschaffen und die
Vorrichtungen zu beurteilen vermögen.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass sich im Betriebe ausser den bereits in der
Abhandlung in D. p. J. 1899 313 * 119 genannten Vorzüge noch eine ganze Reihe anderer gezeigt haben.
So kam z.B. bei den mit Schutzvorrichtungen ausgestatteten Hochspannungsleitungen
bei Drahtbrüchen noch nie ein Versagen vor, die Reparaturen konnten ausserordentlich
leicht bewirkt werden und selbst bei den inzwischen eingetretenen stärksten Stürmen
ist nie ein Missstand aufgetreten, während die in der Nähe befindlichen Schutznetze
sehr häufig zu Störungen Veranlassung gaben. Ferner wurden bei mit Schutznetzen
ausgestatteten Hochspannungsleitungen bei Drahtbruch stets sämtliche Leitungen durch
den auftretenden Erdschluss gestört, während bei den mit Schutzvorrichtungen der
beschriebenen Art ausgestatteten Leitungen ein Erdschluss überhaupt nicht eintreten
kann und die Leitungen bis zu der Stelle, an welcher der Drahtbruch erfolgt ist,
vollständig betriebsfähig bleiben.
Neusalza, den 19. September 1899.
Otto Böhm, Oberingenieur.