Titel: | Bücherschau. |
Autor: | W. Speiser |
Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 248 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Anleitung zur graphischen
Ermittelung: der Flugbahn eines Geschosses. Von Ernst A. Brauer. 15 Seiten mit acht
Abbildungen. Karlsruhe 1918. Friedrich Gutsch.
Der Gestaltung der Flugbahn (Höhe, Weite und Flugzeit) der Geschosse hat man
insbesondere nach Beschießungen auf vorher für unmöglich gehaltene Entfernung
besondere Beachtung gezeigt. Es ist schwer, sich eine Vorstellung von den
Schwierigkeiten einer genauen Berechnung zu machen für Jemand, der nicht genügend
mathematische Vorkenntnisse und die nötige Zeit besitzt, um sich in die
umfangreichen Lehrbücher der Ballistik zu vertiefen. Brauer gibt in gedrängter Ausführung Anleitung, nach der ohne schwierige
Rechnung die Flugbahn abseitsweise zeichnerisch ermittelt werden kann.
Die Abweichung der Flugbahn von der Parabelform wird bekanntlich hauptsächlich durch
den Luftwiderstand, wesentlich in der Richtung der Tangente der Flugbahn wirkend,
herbeigeführt. Es ergibt sich so eine ebene Kurve. Infolge der in den verschiedenen
Breitegraden der Erde verschiedenen Umfanggeschwindigkeiten tritt außerdem eine in
der nördlichen Halbkugel nach rechts gerichtete Abweichung bei nordsüdlicher oder
umgekehrter Schußrichtung ein, die aber nur bei großen Entfernungen ins Gewicht
fällt, ferner erfolgt eine bei Eindringen des Geschosses in große Höhen zu
beachtende Abweichung nach Westen, außerdem wird das Geschoß durch Winde aus der
Bahn getrieben, schließlich tritt noch eine Seitenabweichung infolge der
Kreiselwirkung des sich drehenden Geschosses auf. Die Flugbahn ist demnach in
Wirklichkeit eine Raumkurve. Brauer nimmt unter
Vernachlässigung der letzterwähnten Einflüsse eine ebene Kurve an.
Eine genaue für die ganze Flugbahn gültige, alle erwähnten Einflüsse
berücksichtigende Formel gibt es nicht. Brauer zerlegt
die als eben angenommene Kurve in kleine Teile für die Zeitdauer einiger oder
weniger Sekunden. Für jedes Zeitteil wird die durch die Wirkung der Schwere g und
den Luftwiderstand 1 sich ergebende Aenderung der Geschwindigkeit in. Größe und
Richtung vektoriell zusammengesetzt. So kann für die einzelnen Zeiten ein
Geschwindigkeitsriß gezeichnet werden. Der Einfluß des Luftwiderstandes wird nach
der Formel 1=g\,\frac{\pi\,\mbox{R}^2}{\mbox{G}}\,\mbox{i}\,\frac{\gamma}{\gamma_0}\,\mbox{m}\,\mbox{v}^{\mbox{n}} berechnet, wobei π R2
Geschoßquerschnitt, G Geschoßgewicht, i Formwert, das ist eine Konstante, ist, die
von der Gestaltung des Geschosses abhängt, γ
Luftgewicht in der Höhe des Geschosses bedeutet, wobei angenähert 8 = 1,25 0,9 z
Geschoßhöhe) ist und m und n Zahlenwerte sind, die für Geschoßgeschwindigkeiten bis
v = 1000m/sec angegeben werden.
Aus dem Geschwindigkeitsriß, dem Vektordiagramm der Geschwindigkeiten, können die
beiden Geschwindigkeitskomponenten in lotrechter und wagerechter Richtung (vx und vz) entnommen
und so kann ein Bild der Abhängigkeit dieser Komponenten von der Flugzeit
hergestellt werden.
Es ist \mbox{x}=\int_0^{\mbox{t}}\,\mbox{v}_{\mbox{x}}\,\mbox{d}\,\mbox{t} und \mbox{y}=\int_0^{\mbox{t}}\,\mbox{v}_{\mbox{z}}\,\mbox{d}\,\mbox{t}. Durch Planimetrieren können also die Komponenten
der Flugbahnpunkte in Abhängigkeit von der Zeit, das heißt die Flugbahn selbst
ermittelt werden.
Die in der erwähnten Weise gefundene Flugbahn weist aach den Mitteilungen von Brauer keine größeren Fehler nuf, als die nach dem
rechnerischen Verfahren ermittelte, zumal wenn in sorgsamer Weise die Hilfskurven in
größerem Maßstabe gezeichnet werden, während für das Zeichnen der endgültigen
Flugbahn der Maßstab verkürzt und in genauer Weise mit Mittelwerten in den einzelnen
Zeitteilen gerechnet wird. Erreicht das Geschoß große Höhen, für die der
Luftwiderstand vernachlässigt werden kann, in denen die Geschoßbahn eine Parabel
ist, so genügt es natürlich nach der Brauerschen Weise,
nur die Teile der Flugbahn zu ermitteln, in der die dichte Atmosphäre durch das
Geschoß durchstoßen wird. Brauer gibt auch Hinweise zur
Prüfung der zeichnerisch ermittelten Flugbahn durch Schießversuche.
Der mathematisch Geschulte wird sich gern in die Arbeit vertiefen, auch wenn er sich
nicht durch ein durchzurechnendes Beispiel von der Brauchbarkeit der Darstellungsart
überzeugen will. Wer sich der mühevollen Arbeit unterzieht, eine Flugbahn hiernach
zu zeichnen, wird vielleicht nur bedauern, die Konstanten für höhere
Geschoßgeschwindigkeiten, wie sie für sehr große Schußweiten nötig sind, nicht in
der Abhandlung zu finden.
Michalke.
Die Geisteskartothek. Ein
zweckmäßiges Hilfsmittel im Kampf um unsere wirtschaftliche Existenz. Von C. F. Roth-Seefrid. 48 Seiten 8°. München 1918. Herrn.
Lukaschik. Preis geh. 2,– M.
Die sachlichen Vorschläge des Verfassers sind nicht durchaus neu und in Einzelheiten
nicht unangreifbar; immerhin ist es gut, wenn dadurch die Kenntnis des Nutzens und
der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Karteien in weitere Kreise gebracht
wird. Der Verfasser will für alle Geistesarbeiten eine sachlich geordnete Kartei
herstellen, die dem Besitzer nicht allein auf Grund seiner Notizen Auskünfte geben
kann, sondern vor allem vermöge ihrer sachlichen Anordnung bei der Durchsicht das
Vergessen irgend welcher zur Sache gehörigen Teilgebiete verhindert. Die
Sachanordnung wird für jedes einzelne Bedürfnis verschieden sein, es werden sich
aber bestimmte Normalgruppen und dergleichen ausbilden lassen, die immer
wiederkehren und daher immer wieder verwendbar sind, so daß zugehörige Karten in
bestimmten Gebieten (zum Beispiel Buchhandel, Nachrichtenverkehr usw.) von
entsprechenden Instituten fertig geliefert werden können.
Für die Sachanordnung wird die Verwendung von 1200 Gruppennamen vorgeschlagen, die
nach Bedarf wieder durch 1200 Schlagworte unterteilt werden sollen. Die ähnlich
gerichteten, aber besser fundierten großen Arbeiten des Internationalen Instituts
für Bibliographie in Brüssel auf Grund des Dewey-Melvil'schen Dezimalsystems
scheint. der Verfasser nicht zu kennen, ebensowenig die in ganz gleichem Sinne
gelegenen Gedankengänge der „Brücke“.
Natürlich wird heute alles unter dem Gesichtswinkel der Kriegseindrücke betrachtet.
So bringt auch der Verfasser seine Vorschläge zur Erleichterung und Verbesserung der
Arbeitsweisen und der Arbeitsübersicht im täglichen und Geschäftsleben vor nicht nur
unter dauernden Hinweisen auf die Notwendigkeit, später unser Arbeitsleben möglichst
zweckmäßig und wettbewerbsfähig auszugestalten, sondern er verbreitet sich auch
ausführlich über das, was unsere nicht hinreichend durchorganisierte Arbeitsweise
und die angenommene bessere Organisation auf der anderen Seite zum Entstehen des
Krieges beigetragen hat. Auf diese Weise steht sehr viel Beiwerk in dem kleinen
Heft, was die Sache selbst nicht eben klarer erkennen läßt.
Dipl.-Ing. W. Speiser.